Tage Alter Musik – Almanach 2019

wegen teils überzogener Tempi, gefehlt hatte. Die Münchner, die mit diesem Bach-Pro- gramm für die kurzfristig ausgefallene Mat- thäus-Passion mit der französischen Akadê- mia eingesprungen waren, lieferten auch den Orchesterpart im Eröffnungskonzert. Zum 300. Geburtstag LeopoldMozarts erklang des- senMissa solemnis C-Dur, einmitunter recht ausladendes Werk, das aber imCredo mit ge- wagten harmonischen Rückungen und Klang- farben überrascht. Die Regensburger Dom- spatzen beschenkten ihren scheidenden Chef Roland Büchner bei einem seiner letzten Auf- tritte als Domkapellmeister nicht zuletzt in denmächtigen Fugenmit einer ausgezeichne- ten Leistung. Aus dem guten Solistenquartett ragte Sopranistin Katja Stuber heraus. Ein weiteres Barockorchesterprogramm be- stritt Höör Barock aus Schweden und über- zeugte vor allem mit den schönen Golovin- Musiken Johan Helmich Romans. Als Leiter war Flötist Dan Laurin die treibende Kraft dieses beachtlichen Deutschland-Debüts. Perfekte Freiluftmusik servierte die Zefiro Oboe Band an elf Doppelrohrblättern und sorgte mit demGroove von Schlagwerker Al- bertoMacchini für einen Hauch Jazzweekend im sonnenbeschienenen Thon-Dittmer-Hof. Vokalmusiken mit zeitgenössischen Einsprengseln In Sachen Vokalmusik verließ sich Le Cara- vansérail mit seinem englischen Programm (Locke, Purcell & Co.) ganz auf den glocken- reinen Sopran Rachel Redmonds, konnte mit seinen Instrumentalnummern aber nur bedingt eigene Akzente setzen. In ihrem von Luther inspirierten Programm, in demCho- ralmelodien zum Teil strophenweise in Sät- zen verschiedener Komponisten erklangen (Walter, Othmayer, Crüger…), hinterließen die fantastischen Bläser von InAlto einen stärkeren Eindruck als das Vokalsensemble Utopia. Während die Posaunen und der Zink des Leiters Lambert Colson wie auf ei- nem einzigen Atem zu spielen schienen, agierten die Sänger eher nebeneinanderher als miteinander. Mit gemeinsamem Hochdruck und teils ei- genwilligen Vokalfarben forcierten dagegen die Solisten von La Risonanza (Aldona Bart- nik, Francesca Cassinari, Nausicaa Nisati, Raffaele Giordani, Salvo Vitale) die expres- sive Qualität von Dietrich Buxtehudes „Membra Jesu nostri“ imAbschlusskonzert. Mit der sich anschließenden Bach-Kantate „Nach dir Herr, verlanget mich“ (BWV150) arbeitete das Ensemble unter Fabio Boniz- zoni durchaus überzeugend Buxtehudes Einfluss auf den frühen Bach heraus. Für den chorischen Höhepunkt hatten be- reits am ersten Abend die ORA Singers (Lei- tung Suzi Digby) gesorgt. Mit unwirklichen Spitzentönen und überragender Homogeni- tät zelebrierten die 18 Sänger im erhabenen Ambiente des Doms St. Peter Miserere-Ver- tonungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert (Allegri, Byrd, Tallis). Schön, dass mit Wol- fram Buchenberg und James MacMillan auch zwei Zeitgenossen zu Wort kamen; schade, dass ihre Werke in diesem Kontext eher abfielen: Buchenbergs „Reflektion über Tallis’ Miserere“ wirkte nach demmagischen Bezugswerk unpassend auftrumpfend, Mac- Millans längliches Miserere mündet in allzu kalkulierten Wohlklang. Eine erfreuliche Tendenz des Festivals sind die mittlerweile vorherrschenden pausenlo- sen Programme mit einer Länge von 70 bis 90 Minuten. Nicht alle Ensembles verstehen es freilich, diesen Zeitraum mit einem ent- sprechenden Spannungsbogen überzeugend auszufüllen. Konzertdramaturgie Alte Musik – ein neues Berufsfeld tut sich auf. Neue Musikzeitung 51 Blick auf die vollbesetzte Basilika St. Emmeram beim Konzert der Cappella Mediterranea und des Chœur de Chambre de Namur

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