Tage Alter Musik – Almanach 2021

wir zum Dom gegangen, verschlafen am Sonntagfrüh. Gudrun Petruschka: Sind Sie noch, oder sind Sie wieder Domspatzen? Oder sind Sie jetzt einfach Sänger? michael mogl: Ich empfinde, ich bin jetzt Sänger. Es ist schön zu sehen, wie sich das Ganze jetzt rückblickend entwickelt hat. Und das ist ein schöner Zeitpunkt, da jetzt mal ein bisschen zurückzuschauen und auch so selber nachzuspüren, was ist da alles passiert, weil es ist eine Menge hier passiert. Da kommt gerade viel rauf, und das ist schön. Joachim höchbauer: Das heißt ja nicht, dass man nicht gern zurückkommt. Aber ich sehe es auch eher so. Ich bin ehemaliger Domspatz, aber das ist nicht die erste Definition, sondern ich bin jetzt einfach Sänger. Aber ich bin gern hier, und es interessiert mich auch, wie es dem Laden so geht. Gudrun Petruschka: Wenn sie jetzt von weit her mal wieder in ihre alte Heimat Regensburg zurückkommen, gibt es da irgendwelche Rituale? Joachim höchbauer: Also jetzt zum Beispiel, wenn man bei den Domspatzen mal ist, dann geht man normalerweise schnell in den Supermarkt daneben und kauft sich, weil, die gibt es immer, noch die Leberkässemmeln vom Baumann. michael mogl: Hast Du das gemacht? Joachim höchbauer: Ja, ja. michael mogl: Ich war heute ein bisschen früher dran vor der Probe und war da ein bisschen da und habe das einfach so auf mich wirken lassen. Und das war jetzt auch nur mal eine schöne Zeit für mich, einfach, um so ein bisschen das nachwirken zu lassen. Und das hat mir gutgetan.“ Gudrun Petruschka: Jetzt machen sie dieses Konzert mit Christian Heiß. Das ist der neue Domspatzen-Leiter. michael mogl: Ich kenne den Christian auch schon aus seiner Zeit in Eichstätt. Ich habe da paarmal was mit ihm machen können/dürfen. Von daher ist es für mich nichts Neues. Ich habe mich sehr, sehr gefreut, mit ihm zusammenzuarbeiten, weil ich finde ihn als Mensch und als Musiker, so einen angenehmen, sensiblen Menschen, wo vieles möglich ist. Also ich habe ein sehr, sehr gutes Gefühl; finde ich ganz wunderbar. Gudrun Petruschka: Jetzt hier der Blick auf den Dom. Welche Erinnerungen werden da wach? michael mogl: Einfach viel Zeit dort zu verbringen, nicht nur jeden Sonntag, sondern auch zu den Feiertagen. Das heißt, das war eigentlich fast schon wie ein Wohnzimmer für uns. Joachim höchbauer: Also etwas profaner bei mir, war es natürlich imMännerchor, halb neun in der Früh am Sonntag antanzen, mit bisschen Kopfweh und ein bisschen wenig Schlaf. Das würde jetzt sagen, ist momentan die Assoziation, die ich hier an dieser Stelle habe. Joachim Höchbauer erinnert sich ans frühe Aufstehen am Sonntag. Er und Michael Mogl haben bei einem Spaziergang ihre Schulzeit bei den Regensburger Domspatzen Revue passieren lassen. Und hier sind sie zu hören, zusammen mit ihren Domspatzen. Mozart: Sanctus Die Regensburger Domspatzen sowie Katja Stuber, Anne Bierwirth, Michael Mogl, Joachim Höchbauer und die Hofkapelle München unter der Leitung von Christian Heiß mit Mozarts Kleiner Credomesse. Ein Konzert wie dieses vorgestern Abend bei den Tagen Alter Musik Regensburg mit all seinen uns so selbstverständlichen Ritualen – mit Musikern auf einem Podium, mit Hunderten von Zuschauern, mit Tickets, Programmheften, Applaus – das alles gab es im Mittelalter noch nicht, sagt der Alte-MusikExperte und Fidel-Spieler Baptiste Romain. ” O-Ton Romain: Ganz viel wurde privat gemacht. Die Leute haben bei sich musiziert am Hof, mit ein paar Zuhörern vielleicht oder auch einfach für sich. Das ist die wichtigste Musikpraxis der Zeit. Man macht Musik, wenn man selber musiziert. Mit seinem Ensemble Le Miroir de Musique hat Baptiste Romain eine der bedeutendsten Quellen mittelalterlicher Musik wieder zum Klingen gebracht: den Chansonnier de St Germain des Près, eine Handschrift aus dem frühen 13. Jahrhundert, das älteste Zeugnis überhaupt für die Musik der Troubadoure und der Trouvères. Wie kann man sich dieser fernen Kultur überhaupt annähern? ” O-Ton Romain: Es ist mir völlig klar, dass das, was wir machen, für ein heutiges Publikum ist. Jedoch möchte ich, dass die Prozesse irgendwie ähnlich sind. Wir haben natürlich ganz andere Mittel. Wir singen in einer sehr großen Kirche. Die Instrumente, die wir haben, sind Nachbauten. Die sind auch für diese großen Kirchen, für diese moderne Konzertwelt konzipiert. Aber sie respektieren hoffentlich die Denkweise des Mittelalters. Das Gleiche machen wir mit dem Prozess, wie in einem oralen Entwicklungsprozess: Texte lesen, Melodien lernen, irgendwann kommen wir zumMusizieren. Wir brauchen auch keine Noten mehr. Das sind ganz langsame Lernprozesse, die uns irgendwann eine gewisse Freiheit geben. Molt ai estat Gestern Abend kurz vor Mitternacht: Applaus in der Regensburger Minoritenkirche für das Ensemble Le Miroir de musique und ein Lied des okzitanischen Troubadours Perdigon vom Beginn des 13. Jahrhunderts. Die Tage Alter Musik Regensburg – sie gehen heute Abend zu Ende mit dem Ensemble la Tage Alter Musik Regensburg 2021 11 David Eben, Leiter der Schola Gregoriana Pragensis in der Minoritenkirche

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