Tage Alter Musik – Almanach 2021

Tage Alter Musik Regensburg 2021 29 REGENSBURG. „Ein anmutiges schwarzes Mädchen ist Maria…“ – „Das kann nicht sein!“ Was die zwei Sopranistinnen da einander im Reichssaal entgegenschleudern, ist keine Vertonung einer identitätspolitischen Debatte im religiösen Zusammenhang; vielmehr hat der peruanische Kompo-nist Juan de Araujo offenbar einen augenzwinkernden Dialog darüber vertont, an welchen äußerlichen Vorstellungen sich verschiedene Formen populärer Marienverehrung orientieren können. Leider war dem Programmheft weder über die Hintergründe dieses oder der anderen gesungenen Texte noch über die kaum geläufigen, in Südamerika aktiven oder zumindest gespielten Komponisten des 17. und frühen 18. Jahrhunderts etwas zu entnehmen. Auch die wenigen Informationen, die das französische Ensemble Il Festino mündlich ans Publikum weiterzugeben versuchte, kamen akustisch nicht wirklich an. So hielt man sich an die ausgeteilten Blätter und versuchte die vor allem bei den vielen Hochgeschwindigkeitsnummern ziemlich verhuschte Spanisch-Artikulation von Dagmar Saskova und Barbara Kusa mit dem Abgedruckten übereinzubringen. Deren vitale, klangschöne Auseinandersetzung mit den weltlichen und auch bei geistlichen Themen oft folkloristischen Stücken war sympathisch, bisweilen aber auch etwas pauschal. Reizvoll wurde es dort, wo die beiden Gesangslinien einmal auf schöne harmonische Abwege kamen, wie sie etwa JoséMarin für murmelnde Bäche und eifersüchtige Träne nangelegt hat. Mit einer Hymne auf die Liebe als Verrücktheit (Henry Du Bailly) war Dagmar Saskova die schönste Solonummer vorbehalten. Zunächst nur mit Nanja Breedijks spanischer Harfe begleitet, kam dieses feine Instrument – eine Solo-Fantasie von Luys Milán war vorausgegangen – endlich einma lvoll zur Geltung. Ansonsten verschwand es als reine Klangfarbe tendenziell hinter den Gitarren und der Laute von Ensembleleiter Manuel de Grange und Victorien Disse. Einige Instrumentalnummern wurden als Einleitungen zu den folgenden gesungenen Stücken umgedeutet, was dem ansonsten kleinteilig durch Applaus unterbrochenen Programm ein wenig Fluss verlieh. Einen netten Scherz erlaubte sich Manuel de Grange dabei mit Santiago de Murcias „Cumbees“, indem er ganz selbstverständlich einige Folk-Pop-Akkorde einstreute. Für perkussiven rhythmischen Drive sorgte Laurent Sauron mit virtuosem Geklöppel zwischen Fell und Rahmen seiner Trommel. Die Krone für die schönste Textverschlingung bei der Gesangsstimmen trug am Ende Tomás de Torrejóny elasco davon. Er hat die Klage einer nach dem Tod des geliebten Zurückgebliebenen so vertont, dass das „Ja“ und das „Nein“ zu einemWeiterleben ohne ihn gleichzeitiger klingen. Dabei spielter mit der Doppelbedeutung des spanischen „si“, das sowohl „ja“ als auch „wenn“ bedeutet. Ambivalenzen aushalten, würde man heute sagen. Mit „Il Festino“ ins barocke Südamerika Il Festino, Leitung: Manuel de Grange im Reichssaal

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