Tage Alter Musik – Almanach 2021

machen können. Und das sind halt eben diese weltlichen Kantaten, die Bach ein paar Jahren vorher geschrieben hat und vielleicht schon im Sinne gehabt hat, dass sie wieder verwendet werden könnten in einem ganz anderen Kontext. Die Musik ist sowieso von extremer Qualität. Es wurde eben für Fürsten und Königinnen geschrieben, da ist auch sogar ein Stück, das nachher für die h-MollMesse verwendet wurde, Bach hat wirklich alle Register gezogen. „Preise dein Glücke“ Fantasievoll und funkensprühend: das inzwischen schon dritte Gastspiel von Solomon’s Knot bei den Tagen Alter Musik Regensburg – hier mit einem Ausschnitt aus der Glückwunschkantate „Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen“. Bach hat die Musik später in seiner h-moll-Messe wiederverwendet. Ein ganz anderer Bach stand dagegen gestern Vormittag im Fokus. Das französische Ensemble L’Achéron unter der Leitung von François Joubert-Caillet hatte für sein Konzert Musik von einem entfernten Cousin von Johann Sebastian nach Regensburg mitgebracht. So weit verzweigt war die Bach-Familie, dass Johann Sebastian ihn womöglich nie persönlich kennengelernt hat. Aber er hat immerhin Noten von ihm abgeschrieben, um sie in Leipzig aufzuführen. Der Name des Cousins: Johann Bernhard Bach. ” O-Ton Joubert-Caillet: „Ich kannte ihn auch nicht, aber ich suche immer neue Musik. Und dann habe ich ihn gefunden, und ich fand seine Musik unglaublich schön: sehr anders als die von Johann Sebastian Bach, weil Johann Bernhard Bachs Musik viel mehr im französischen Stil ist. Wir kennen nicht wirklich die Beziehungen zwischen den beiden Cousins, und man könnte denken, vielleicht hat einer den anderen beeinflusst. Ich finde das sehr interessant und eigentlich sehr schön, das zu vergleichen.“ Johann Bernhard Bach: G-Dur Air und Bourrée Eine flotte Bourrée und zuvor das Air von Bach – von Johann Bernhard Bach, gespielt gestern früh vom Ensemble L’Achéron in der Regensburger Dreieinigkeitskirche. Es ist schon spürbar anders als sonst dieses Jahr in Regensburg: Durch das Hin und Her mit den Corona-Vorschriften gibt es empfindliche Lücken in den Zuschauer-Reihen; die beliebte Instrumentenausstellung fällt flacht; und statt einem verlängerten Pfingstwochenende stehen diesmal nur zweieinhalb Tage zur Verfügung für ein üppiges Programm. Am Freitag bedeutete das: Vier Konzerte an einem Abend, zwei davon schon zu nächtlicher Stunde, ein richtiger Marathon. Die Kenner und Fans schreckte das freilich nicht ab. Für sie gehören gerade die Konzerte in der Stille der Nacht jedes Jahr zu den Höhepunkten des Festivals. ” Nachtkonzerte/O-Ton Collage (Gudrun Petruschka): „Also ich finde, gerade diese Nachtkonzerte hier bei den Tagen Alter Musik sind wirklich zum Weinen schön. Sowohl das Ambiente als auch diese Musik, und das haben wir jetzt schon mehrfach hier gehört hier in Regensburg und sind jedes Mal absolut begeistert und berührt. Ich finde die ganz fantastisch, muss ich Ihnen ehrlich sagen, weil, das ist eine ganz besondere Situation, so spät in der Nacht. Ich finde grundsätzlich das Konzept, dass man immer die Musik und die Orte zusammenbringt, dass der Ort immer dem Zeitalter entspricht, wie die Musik ist, ist natürlich total stimmungsvoll. Die Minoritenkirche ist ein ganz schöner Platz. Also freuen wir uns jetzt auch. Ist irgendwie eine andere Stimmung, am Abend, meistens ja solche ruhigen Programme und irgendwie eine andere Atmosphäre. Ich war schon bei einigen Nachtkonzerten hier, auch viele Lichtinstallationen werden abends gemacht zu den Konzerten dazu, und die Verbindung von Musik und Licht ist auch was ganz Besonderes in diesen Nachtkonzerten. Naja, also, das Licht ist anders. Es sind weniger Geräusche, finde ich, als am Tag, zumindest hier in der Kirche. Irgendwo ist es angenehmer. Ganz besonders, hat mich mal in Sankt Jakob nach dem Konzert beeindruckt. Da war eine englische Gruppe da, das war für mich so, ja, wie ein Initialerlebnis, möchte ich sagen.“ Gudrun Petruschka hat sich im Publikum umgehört vor demNachtkonzert vorgestern in der Regensburger Minoritenkirche, und das Publikumwurde auch diesmal nicht enttäuscht – denn es kam ein fantastisches Mittelalter-Ensemble aus Tschechien: die Schola Gregoriana Pragensis. Alleluja Veselite se Musik vom Hof Kaiser Karls des IV., der Prag im 14. Jahrhundert zur Goldenen Stadt machte. Die Schola Gregoriana Pragensis unter der Leitung von David Eben hatte geistliche Musik aus dieser Blütezeit dabei, und die Sopranistin Barbora Kabátková verblüffte mit bezaubernden Minneliedern auf Tschechisch. Tage Alter Musik Regensburg 2021 7

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