Tage Alter Musik – Almanach 2022

Tage Alter Musik Regensburg 2022 40 Kompositionen der Wiener Klassik standen beim Eröffnungskonzert der 37. Regensburger Tage Alter Musik auf dem Programm, das die Regensburger Domspatzen zusammen mit der Hofkapelle München am Freitagabend in der Dreieinigkeitskirche spielten. Einleitend erklang Wolfgang Amadeus Mozarts „Missa in C-Dur“ (KV 257), die auch als „Große Credomesse“ bezeichnet wird. Das „Groß“ sollte man allerdings nicht überbewerten. Denn das Werk ist zwar keine „Missa brevis“ - also keine Kurz-Messe -‚ aber im Vergleich zu Mozarts 1783 zum ersten Mal aufgeführten „Großen Messe in cMoll“ (KV 427) dauert dieses 1776 uraufgeführte Werk mit einer knappen halben Stunde gerade einmal halb so lang. Auch die Besetzung ist eher bescheiden. Zudem zeichnet die Kompositionsart nicht gerade das ganz große Pathos aus. Dies alles könnte den Regensburger Domkapellmeister Christian Heiß, der für Orchester und Chor die Gesamtleitung hatte, dazu bewogen haben, eine etwas zurückhaltendere Interpretation zu präsentieren. Keine Frage, es war eine Aufführung auf sehr hohem Niveau. Dafür sorgten Chor und Orchester gleichermaßen, die beide sauber intonierten, zu einer geschlossenen Einheit fanden und Sinn für Spannungsbögen und Dynamik-Nuancen entwickelten. Und dennoch hätte die geistliche Würde der Komposition etwas mehr Leidenschaft, etwas größere Dynamik-Kontraste und zum Schluss im „Agnus Dei“ etwas mehr Pathos schon vertragen. Vorbildlich rein intonierend und verständlich artikulierend agierten die Vokalsolisten Katja Stuber (Sopran), Dorothée Rabsch (Alt) – sie beeindruckte zudem durch ihre besonders geschmeidig eingesetzte Stimme– Michael Mogl (Tenor) und Joachim Höchbauer (Bass). Fesselnde Lebendigkeit vernahm man danach in der von Konzertmeister Rüdiger Lotter geleiteten Aufführung der Sinfonie Nr. 67 in G-Dur des Mozart-Zeitgenossen Johann Christian Cannabich durch die Hofkapelle München. Nach der Pause beeindruckte die nun wieder von Christian Heiß dirigierte Interpretation von Mozarts „ Vesperae solennes de confessore“ (KV 339) durch Ausdruckstiefe und Geschlossenheit. Als Höhepunkt dieser Aufführung ist die Sopran-Arie „Laudate Dominum“ der Solistin Katja Stuber zu nennen. Lang anhaltender und intensiver Schlussapplaus. Domspatzen eröffnen Tage Alter Musik Von Stefan Rimek // 7. Juni 2022 Die Mütze eines Schäfers verwandelt sich in ein kleines Schaf, das kreuz und quer über die Marionettenbühne klettert und dann dem sichtlich amüsierten Publikum auch noch seinen Nachwuchs präsentiert. Als dem Schaf ein Baum imWege steht, springt dieser kurz hoch, um die kleine Schaffamilie passieren zu lassen. Zudem gibt es tanzende Bäume und Büsche, singende Vögel, einen auf einer Panflöte spielen wollenden Zyklopen und noch viel mehr raffinierte Details. So wurde die Aufführung von Georg Friedrich Händels Oper „Acis und Galatea“ durch das Prager Marionettentheater „Buchty a loutky“ zumAbschluss der Regensburger Tage Alter Musik zu einem ebenso unterhaltsamen wie fesselnden Spektakel. Die Produktion verbindet echte Sänger und Marionetten in einer Inszenierung von Vit Brukner, und das Ganze wird live vom tschechischen Barockorchester „CollegiumMarianum“ begleitet. Da bieten sich natürlich unzählige Möglichkeiten, die Brukner auf originelle Art genutzt hat. Raffiniert changiert er bei den Figuren zwischen echten Sängern und Marionetten. So wirkt beispielsweise das Größenverhältnis in der Szene mit dem Zyklopen Polyphem als echter Sänger und Galatea als Marionette sehr eindrucksvoll. Man kann gar nicht alle überraschenden Details nennen, die in der Produktion im Theater am Bismarckplatz zu entdecken waren. Das Ganze bot eine eigenständige Mischung aus dem Charme eines Marionettenspiels und großer Barockoper. Das hat zweifelsohne Seltenheitswert. Zu dieser genialen Kombination kamen die hochkarätigen Ausführenden. Der Tenor Vojtěch Semerád als Acis, der Tenor Ondřej Holub als Damon, die Sopranistin Helena Hozová als Galatea, der Bariton Tomáš Král als Zyklop Polyphem und der Tenor Tomáš Lajtkep als Coridon durchlebten ihre Figuren mit großer Leidenschaft und Ausdrucksstärke und intonierten bis in die Koloraturen hinein vorbildlich sauber. Hinzu kam ein bemerkenswertes Einfühlungsvermögen in die Artikulation des Englischen aus dem frühen 18. Jahrhundert. Auf hohemNiveau agierte auch das Orchester „Collegium Marianum“, das unter der Leitung von Dirigentin und Flötistin Jana Semerádová alle Dynamik-Verästelungen filigran erfasste und die Spannungsbögen der barocken Partitur berührend auslotete. Großes Lob gebührt auch allenMarionettenspielern von „Buchty a loutky“, welche meisterlich und mit viel Gespür für dramaturgische Feinheiten ihre Figuren bewegten. Für diesen originellen wie hochkarätigen Abend gab es anhaltenden und aufbrausenden Applaus. Originell und hochkarätig Tage Alter Musik Regensburg: Marionettentheater, Sänger und Orchester führen Händel auf Von Stefan Rimek // 8. Juni 2022 Collegium Marianum & Marionettentheater Buchty a loutky im Theater am Bismarckplatz, Leitung: Jana Semerádová

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