Tage Alter Musik – Almanach 2023

Tage Alter Musik Regensburg 2023 15 anderem auch ein hinreißendes Seemannslied. Auch noch andere Musik von Ensembles, die bei den Tagen Alter Musik auftraten, wird hier zu hören sein: allerdings nicht in Live-Mitschnitten, die an anderen Stellen bei uns im Programm laufen, sondern aus Studioaufnahmen. Die „Tage Alter Musik“ gibt es seit 1984. Sie fanden jetzt zum 38. Mal statt – an verschiedenen hinreißenden historischen Orten der Stadt. Ein ganz breites musikalisches Spektrum wurde da abgedeckt – und ich fand, stimmigere Erlebnisse aus der Kombination historischer Orte und geschichtsträchtiger Töne sind gar nicht vorstellbar. Musik: Lucile Boulanger: La Sainscy (Antoine de Forqueray) CD “Les Défis de M. Forqueray”, harmonia mundi HMM 902330 (LC 7045) Herrliche Musik, nicht wahr. Das Solo-Instrument war kein Cello, sondern eine Gambe. Für alle Fälle, falls in dieser Ausgabe von „Jazz und mehr“ viele Leute zuhören, die sich selten mit sogenannter Alter Musik auseinandersetzen, hier eine kurze Erläuterung: Eine Gambe sieht, oberflächlich betrachtet, ähnlich aus wie ein Cello, hat aber mehr Saiten, ein breiteres Griffbrett, an dem außerdem sogenannte Bünde angebracht sind, die Schultern des Instruments fallen etwas sanfter ab als die beim Klangkörper eines Cellos. Eine Gambe ist auch anders gestimmt, und sie klingt auch anders: zarter, zerbrechlicher, ein bisschen flüsternd. Dadurch entsteht ein völlig anderer Eindruck: Die Musik bekommt dadurch oft etwas reizvoll Entrücktes, Vergeistigtes. Und, ganz naiv gesprochen: Sie klingt einfach hinreißend schön. Und das vor allem, wenn die Französin Lucile Boulanger sie spielt. Von deren Album „Des Défis de M. Forqueray“ stammte dieser Satz. Er ist aus einer Suite des französischen Komponisten Antoine Forqueray. Der lebte von 1672 bis 1745 und war schon in sehr jungen Jahren am Hof von Ludwig XIV. Der Titel von Lucile Boulangers Album ließe sich übersetzen mit „Die Herausforderungen des Monsieur Forqueray“. Dieser Gambist hatte sich vorgenommen, etwas von der sehr bewegten Luftigkeit italienischer Musik in die zuvor eher statische Ästhetik der französischen Hofmusik hineinzubringen. Das Konzert von Lucile Boulanger bei den Tagen Alter Musik in Regensburg war ein sehr feines sinnliches Vergnügen, das noch dazu, wie das ganze Festival, viel Erkenntnis transportierte. Später noch mehr aus diesem Album. Musik: Bjarte Eike Barokksolistene: Leave her Jonny (Trad.) CD “The Alehouse Sessions”, Rubicon RCD1017 (LC 07800) „Leave her, Jonny, leave her“. Ein Seemannslied mit sehr anrührender Atmosphäre. Hier gesungen von den Barocksolisten des norwegischen Geigers Bjarte Eike. Dieses Lied, ein Shanty, ist nicht schon aus der Barockzeit verbürgt, sondern erst in Quellen aus dem Jahr 1901 zu finden. Doch ins Programm dieser Musiker, die sich historischen Tönen aus Bierkneipen in England widmen, passt es sehr gut hinein. Es war auch unlängst live ein sehr bewegender Moment beim Auftritt dieses Ensembles bei den Tagen Alter Musik in Regensburg. Die Percussion bei dieser Gruppe spielt übrigens einMusiker, der auch aus diversen Jazz-Ensembles und –Aufnahmen bekannt ist: Helge Andreas Norbakken. So verwandt sind manchmal die musikalischen Welten. Hier weitere Musik mit der großartigen Gamben-Spielerin Lucile Boulanger. Diesmal ist es eine Violinsonate des italienischen Komponisten Arcangelo Corelli – in Bearbeitung für Gambe. Zwei Sätze mitten aus diesemWerk hören Sie hier. Der erste ist ein langsamer Satz, ein Adagio, den Lucile Boulanger solo spielt. Musik: Lucile Boulanger: Adagio / Allegro (A. Corelli) CD “Les Défis de M. Forqueray”, harmonia mundi HMM 902330 (LC 7045) Musik: Gawain Glenton / Silas Wollston: La brillantina (Gioseffo Guami) CD “The Myth of Venice”, Delphian DCD34261 (LC 12979) Eine Orgel. Und: Hätten Sie es erkannt? Das war keine Trompete. Und auch keine Art Flöte. Sondern ein Instrument namens Zink. Ein historisches Instrument, das aussieht wie Barokksolistene im Leeren Beutel

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