Tage Alter Musik – Almanach 2023

nehmen. Und ziemlich lange wollte ich auch beide Berufe ergreifen, Musikerin und Schauspielerin. Aber während meiner Schauspielausbildung, vor dem Studium am Konservatorium, hatte ich plötzlich die Nase voll, und da habe mich entschieden, nur Musik zu machen. Und das war ziemlich traurig, denn um mich herum gab es viel Druck und es hieß, dass man eine Wahl treffen muss, dass man nicht gleichzeitig zwei Dinge gut machen kann - aber ich habe lange dagegengehalten! Und ich glaube auch, dass es möglich ist, beides zu machen! Aber irgendwann spürte ich, dass es eher meiner Identität entsprach, voll und ganz Musikerin zu sein. Als Kind habe ich tatsächlich viele Filme gedreht und war Synchronsprecherin. Übrigens braucht man beim Synchronisieren ein sehr genaues Rhythmusgefühl, das ist gar nicht so weit weg von der Musik! Wenn man schon in jungen Jahren so oft auf der Bühne steht – hat man dann eigentlich noch Lampenfieber? LuciLe BouLanger: Ja, auf jeden Fall! Wenn man Kind ist, passiert das eher unterbewusst, man merkt nicht so, was auf dem Spiel steht. Scheitern ist da nichts Schlimmes, man fällt halt mal bei einer Prüfung durch. In meiner Familie hatte ich keinen Druck; alles, was mir gelang, war gut, und wenn was schiefging – c’est la vie! Als Kind fällt man immer wieder mal hin. Als Erwachsener steht mehr auf dem Spiel. Wenn manWettbewerbe gewonnen und ein bestimmtes Niveau erreicht hat, kann man davon nicht mehr runter. Man darf nicht unterhalb seiner Bestmarke spielen. Je weiter man kommt, desto größer wird der Druck, desto größer wird die Angst oder das Lampenfieber. Und das hat auch was Gutes - denn ohne Lampenfieber wäre es auch ein bisschen langweilig. Hier in Regensburg stellen Sie einen der größten Gambenspieler des Barock ins Zentrum, Antonie Forqueray. Der lebte am Hof von Ludwig XIV., war aber nicht nur berühmt, sondern auch berüchtigt. Was war Forqueray für eine Persönlichkeit? LuciLe BouLanger: Antoine Forqueray stammt aus einer Musikerdynastie und war ziemlich verhaltensgestört. Das ist gut dokumentiert, denn seine Frau hat die Scheidung eingereicht, was damals absolut selten war. Er war sehr gewalttätig gegenüber seiner Frau, und er hat auch seinen Sohn misshandelt, Jean-Baptiste-Antoine, der selbst sehr virtuos Gambe spielte und die Stücke seines Vaters herausgab. Aber der Vater hat den Sohn ins Gefängnis sperren lassen, offiziell wegen schlechter Sitten, aber in Wirklichkeit aus Neid, weil er den Sohn als Konkurrenten ausschalten wollte. Antoine Forqueray (Vater) war also offenbar ziemlich verrückt. Ich bin zwar sehr glücklich, seine Musik zu spielen, aber auch sehr glücklich, dass ich nicht mit ihm in Kontakt kommen muss. Was reizt Sie an seiner Musik? LuciLe BouLanger: Man kennt ihn üblicherweise für seine Virtuosität. Er hat die Gambe an ihre Grenzen gebracht, indem er sich von der virtuosen italienischen Violinmusik inspirieren ließ. Aber in Wirklichkeit sind seine Stücke sehr unterschiedlich vom Charakter her. Man spielt Forquerays Musik oft so ein bisschen gereizt, weil man die Person im Hinterkopf hat. Aber es gibt in seiner Musik auch viel Zärtlichkeit, viel Theatralik, extreme Effekte, eine wirkliche Tiefe und eine große harmonische Originalität. Das macht viel Spaß. Lucile Boulanger macht uns Lust auf Musik von Forqueray – vielen Dank für das Gespräch! 20 BR Klassik Contrapunctus unter der Leitung von Owen Rees in der Schottenkirche STIMMEN ZUM FESTIVAL TAGE ALTER MUSIK 2023 Thank you for organizing this great festival! I’m impressed how well you organised it, the pleasant, relaxed atmosphere was very nice! Thank you that we could be contribute to it and for working together so nice! I enjoyed it! Christien de Kok Toccata Music Management

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