Tage Alter Musik – Almanach 2023

Tage Alter Musik Regensburg 2023 73 mem Atem und Schlussakkordvergoldung, der nicht zu toppen ist. Zudem erreichten die zehn Glorreichen durch häufige Lagenverdoppelungen einen profunden, weichen, himmlischen Wohlklang – fürwahr ein Erlebnis! Und da in der lutherischen Dreieinigkeitskirche die Heilige Jungfrau nicht so prominent vertreten ist, wollen wir sagen: Albrecht Dürer hätte sich gefreut … Ein weiteres Erlebnis in klanglich aufgespreiztem Rahmen ereignete sich dann am Abend desselbigen Samstags, ebenfalls in der Dreieinigkeitskirche: Drei profunde Ensembles hatten sich zusammengetan (Hathor Consort; Pluto-Ensemble; Oltremontano Antwerpen) und musizierten ein ambitioniertes Programm aus dem Glanzzeitalter des Frühbarocks, als die von Monteverdi (L’Orfeo, 1607) angestoßene Stilwende Raum zu greifen begann. Ein Programm, das der Countertenor, Dirigent und Komponist Marnix de Cat entwickelt hatte und unter seiner Leitung zur Aufführung brachte. „L.E.D.“ lautet der Kurztitel, der ausformuliert aber nur mittelbar mit einer lichtaussendenden Diode zu tun hat, denn er steht für „Luceat eis, Domine“ – jene bekannte Formel aus dem Text des lateinischen Requiems, die gegen Ende auftaucht, wenn das Schlimmste („Dies irae, dies illa“ „Confutatis maledictis“ et cetera) überstanden ist; sie bedeutet „Leuchte ihnen, Herr“, wobei im Requiem das ewige Licht (Lux aeterna) das zu leuchtende Subjekt ist. Selten ist so prächtiges Instrumentarium auf einem Fleck versammelt, aber Regensburg macht’s möglich, und es nahm ein denkwürdiger Abend seinen Lauf, der die Dreieinigkeitskirche mit vollem, warmen Klang erfüllte und wertvolle Kostbarkeiten ans Licht brachte, die bisher jedenfalls für das Gros der Musikliebhaber völlig unbekannt war, wie zum Beispiel die Missa pro defunctis à 10 Stimmen des österreichischen Komponisten Christoph Strauss (1575-1631), der gegen Ende seines Lebens als Kapellmeister am Wiener Stephansdom wirkte, prächtige Klänge eines Schütz-Zeitgenossen mit einem ganz eigenen Klangidiom, das sich vertraut mit den neuen italienischer Musik seiner Zeit zeigte. Es war auch die reinste Wonne, dass in diesem Konzert dann Raritäten wie die Sonata Sancti Polycarpi für acht (!) Naturtrompeten von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) zu hören, denn wann hat’s schon mal acht Naturtrompeten auf einem Flecken Erde? Richtig, zu Pfingsten in Regensburg. Nach vielen Neuentdeckungen mündete das Konzert dann im Klassiker und Haupturheber und -verbreiter der Stilwende von der Renaissance- zur Barockmusik: Claudio Monteverdi (1567-1643). Es erklangen sein Psalmkonzert „Laudate Dominum“ und das prächtige achtstimmige Magnificat aus der Sammlung „Selva morale et spirituale“ (zu Deutsch: Moralischer und geistlicher Wald) und die kraftvolle, aber dabei stets Proportion und Maß wahrende Aufführung hinterließ einen tiefen, ja leuchtenden Eindruck. Es ist ein großes Glück, dass das Führungstrio der TAM in Gestalt der Impressarien Ludwig Hartmann, Stephan Schmid und Geschäftsführer Paul Holzgartner solche Live-Klangereignisse bewusst plant und immer wieder Neuentdeckungen aus dem unendlichen Kosmos der sogenannten Alten Musik ermöglicht. Entdeckungen, die im Moment ihrer Erweckung nach Jahrhunderten für die Hörerinnen und Hörer, die sie erleben dürfen, wie Neue Musik erscheinen. Herrlich! Beseelt von so viel Neuem und Prachtvollem konnte die begeisterte Besucherschar gleich in die Schottenkirche weiterziehen, in der das Ensemble Holland Baroque um die beiden Schwestern Judith und Tineke Steenbrink eine besondere, ja eigentlich die EntBlockflötenensemble The Royal Wind Music am 27.5.2023 in der Dreieinigkeitskirche Regensburg. Hathor Consort, Pluto-Ensemble & Oltremontano Antwerpen im Konzert „L.E.D: - Luceat eis, Domine“ am 27.5.2023 in der Dreieinigkeitskirche Regensburg.

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