Tage Alter Musik – Jubiläumsschrift 2009

radisch: 1987 ein Klavierquartett von Les Adieux und die ‚Mondscheinsonate‘, gespielt von Geoffrey Douglas Madge , 1988 ein Trio von den Mozartean Players . 1992 brachte dann zwei Beethoven- Aufführungen, die einen weiteren Eindruck davon gewährten, was die Beethoven-Rezeption mit histo- rischen Instrumenten erbringen könnte. Das Artaria Quartett aus Berkeley interpretierte – neben Boccherini, Giuliani und Haydn – die Große Fuge B-Dur von Beethoven. Ähnlich wie bei Mozart und Haydn wurde deutlich, welche ‚Entschlackungsarbeit‘ auch und gerade bei Beethoven notwendig wäre, um seine viel interpretier- ten Werke neu zugänglich zu machen. Zum zweiten war es der New Yorker Steven Lubin , der auf dem Hammerflügel unter Beweis stellte, wie Beethovens Klaviersonaten von einer belas- tenden Aufführungstradition befreit klingen könnten – als hörte man die ‚Mondscheinsonate‘, die ‚Pathetique‘ und die ‚Sturm- sonate‘ zum ersten Mal. Es vergingen viele Festivaljahre, bis Beethoven (seine Kammermusik) wieder im Programm vertreten war: Im Jahr 2000 beim Festival Tage Alter & Neuer Musik bot Das Reicha’sche Quintett (Düsseldorf) mit Christine Schorns- heim am Hammerflügel das Beethoven-Quintett op. 16. 2001 folgte ein Klaviertrio, das berühmte ‚Geistertrio‘, aufgeführt vom deutschen Ensemble Trazom , das noch weitere Klaviertrios der Wiener Klassik (Haydn, Mozart) präsentierte. Im selben Jahr hat ein weiterer amerikanischer Pianist, Seth Carlin , ähnlich wie Steven Lubin eine ‚klassische‘ Klaviersonate neu auf dem Hammerflügel interpretiert: die ‚Waldsteinsonate‘. Inzwischen hatte sich weltweit die Beethoven-Rezeption durch die historische Aufführungspraxis wei- terentwickelt und hat auch die zentralen Orchesterwerke (Symphonien und Klavierkonzerte) erfasst (Immerseel, Norrington, Gardiner, Hogwood, Hanover Band). 1988 hatte im letzten Moment ein Konzert mit den London Classical Players unter Norrington abgesagt werden müssen. Es war somit Anfang des 21. Jahrhunderts überfällig, dass auch die Tage Alter Musik an diesem Trend nicht vorbeigingen. 2007 war es soweit, und mit Arthur Schoonderwoerd und dem Orchester Cristofori gelang es ihnen, wiederum einen der gerade inno- vativsten Interpreten vorzustellen. Neben dem Klavierkonzert Nr. 3 präsentierte Schoonderwoerd das berühmte Violinkonzert D-Dur in einer von Beethoven selbst geschaffenen, aber kaum gehör- ten Klavierkonzertfassung. Im Anschluss an das Konzert wurden in einer Nachtsitzung beide Konzerte für das Label Alpha aufgenommen und 2008 veröffentlicht. Mit Recht ist seine Interpretation der Klavierkonzerte (CD-Einspielungen) als radikalste der letzten Jahrzehnte von der Kritik gerühmt worden: „So unmittelbar und so lebendig haben diese Konzerte wohl seit Ewigkeiten nicht mehr geklun- gen. Das Klavier ist primus inter pares und steht in beständigem Dialog mit den Orchesterstimmen.“ (Süddeutsche Zeitung) 129 Arthur Schoonderwoerd & Cristofori (2007) Das Reicha’sche Quintett & Christine Schornsheim (2000)

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