Tage Alter Musik – Jubiläumsschrift 2009

VI. Lieder, Klavierkonzerte, symphonische Dichtungen Freischaffende Künstler, Virtuosen (Musik der Romantik und des 19. Jahrhunderts) Mit der Beethoven-Rezeption von Seiten der historischen Aufführungspraxis war absehbar, dass sich die Alte-Musik-Bewegung auch dem romantischen Musikrepertoire des 19. Jahrhunderts widmet. Die Erfahrungen mit historischen Musikinstrumenten, mit historischem Quellenstudium, mit historischen Spieltechniken und Musizierweisen verbunden mit einem kritischen Abrücken von herkömmlichen Aufführungstraditionen (des Mainstream) machten Hoffnung, auch die Musikgeschichte des 19. Jahr- hunderts neu interpretieren zu können. Zumindest in vereinzelten Vorstößen sind solche Versuche unter- nommen worden. Es macht das Profil der Tage Alter Musik Regensburg aus, dass sie als eines der weni- gen Festivals das Musikrepertoire aller Epochen vom Mittelalter bis zur Romantik einbeziehen wollen, soweit es durch die historische Aufführungspraxis interpretiert wird. Nicht nur in der Auswahl der Künstler, sondern auch in der Fortentwicklung der Alte-Musik-Bewegung, was das Repertoire betrifft, möchte das Festival ‚am Puls der Zeit‘, möglichst ‚nahe an der Szene‘ sein, wobei Qualität und nicht Innovation das ausschlaggebende Kriterium sein darf. Bereits beim dritten Festival 1987 sind solche Vorstöße ins 19. Jahrhundert unternommen worden. Ein Nachtkonzert wurde übertitelt mit „Romantischer Nacht“. Erstmals wurde der klassizistische Neuhaussaal miteinbezogen. Auf dem Programm stand vor allem die Klaviermusik. Das Programm hatte drei Teile. In jedem Teil wurde ein anderer Klaviertyp verwendet (Heilmann, Graf, Erard) und so auch die Entwicklung des Klavierbaus dargestellt. Peter Thalheimer demonstrierte die verschiedenen Flötentypen der Romantik an Werken von Conradin Kreutzer, Friedrich Kuhlau. Michael Schopper sang, begleitet von Andreas Staier , der nach 1984 und 1986 im Jahre 1987 schon zum dritten Mal auftrat, Lieder von Franz Schubert und Franz Liszt. Geoffrey Douglas Madge spielte Beethoven und Chopin. Das Konzert geriet zur XXL-Länge und dauerte bis in die frühen Morgen- stunden. Erst zehn Jahre später (1997) wurde ein zweiter Vorstoß angeboten, eine Matinee mit Steven Lubin, der zum dritten Mal in Regensburg gastierte und auf dem Hammerflügel Schubert und Schumann interpre- tierte. Erst in den letzten beiden Jahren war Musik der Romantik wieder verstärkt im Programm. 2007 wurde die Messe Es-Dur von Franz Schubert aufgeführt. Die Regensburger Domspatzen unter ihrem Leiter Roland Büchner, die schon öfter den Beweis angetreten sind, dass ihr Gesangsstil eine besondere Affinität zu solchem Repertoire besitzt, haben sich mit dem Ensemble Concerto Köln zusammenge- schlossen und eine – gerade auch unter der Perspektive der historischen Aufführungspraxis – ungemein überzeugende Interpretation geliefert. Dazu haben auch die Solisten (z.B. Susanne Rydén) entscheidend beigetragen. 2008 wurde wiederum ein aufwändiges Projekt verwirklicht, das diesmal aus der Zusam- menarbeit der Regensburger Domspatzen mit der Akademie für Alte Musik Berlin resultierte: die Auf- 131 Michael Schopper & Andreas Staier (1987)

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=