Tage Alter Musik – Jubiläumsschrift 2009

P fingstsonntagmorgen 6.00 Uhr, der Wecker reißt mich aus dem Schlaf. Was ist los? frage ich mich verwundert. Ach ja, Tage Alter Musik. Gestern wurde die Nachbesprechung im Vitus noch lange. Dann habe ich also immerhin 3 Stunden geschlafen... Nach einem kurzen Frühstück schaue ich mir den Einsatzplan an. Um 7.00 Uhr soll ich im Reichssaal sein. Ich kontrolliere die Utensilien: Pausengong, Bestuhlungspläne und -schilder, Generalprobenplan, Hotelübersicht, großer Ablaufplan, Bühnenpläne, Platzanweiserübersicht, Telefonliste, Übersicht über Sonderwünsche der Musiker, Konzertorteplan, Tesa, ein warmer Pulli für die Nachtkonzerte und zwan- zig andere wichtige Dinge. Dann fahre ich aus dem nahen Zeitlarn ins morgendliche Regensburg. Um 6.55 Uhr stehe ich pünktlich vor dem Reichssaal und schon kommt der Hausmeister und sperrt mir auf. Wenige Minuten später kommen meine HelferInnen, Studenten, die für Gottes Lohn oder nur wenig mehr mit anpacken. Wir freuen uns, dass wir heuer ausnahmsweise weder eine Orgel noch einen Hammerflügel über die steilen Treppen zum Reichssaal hinaufschleppen müssen. Und schon geht es los: 400 Stühle und Bänke müssen aufgebaut werden, 400 Platzkarten geklebt werden. Eine halbe Stunde später kommt der Deutschlandfunk. Wir besprechen, wo wir die Kabel für die Rundfunkaufnahme am besten entlang führen, und machen dann den Bühnenaufbau mit Mikros und Notenpulten. Schon um acht Uhr morgens steht uns der Schweiß auf der Stirn. Gegen neun treffen die ersten Musiker ein. Ich begrüße sie herzlich mit meinem miserablen Englisch, aber sie versichern mir, dass ihr Deutsch weit schlechter sei. Die Musiker freuen sich, in Regensburg zu sein und sind glücklich, im Reichssaal spie- len zu dürfen. Der 2-jährige Sohn eines Musikerehepaars aus den USA namens Elia ist auch dabei. Darum kommt jetzt wie ausgemacht meine Frau und holt ihn ab, damit er während Probe und Konzert gut versorgt ist. Meine Tochter zu Hause ist begeistert, mit „Ilai“ einen Spielkameraden gefunden zu haben. Man sieht: TAM bietet auf Anfrage sogar einen kostenlosen Babysitterservice. Dann erlebe ich das erste Highlight: Ein paar Songs werden angespielt, ausprobiert, es wird rumgeblö- delt und improvisiert und ich habe eine Viertelstunde Zeit, um mich hinzusetzen und zu lauschen. Und schon kommt unsere Kartenverkäuferin Claudia: Stuhl, Tisch und Programmhefte müssen hergerichtet sein, die CD-Verkäufer brauchen einen guten Platz. Während die Musiker ihre Probe beenden, weise ich die Türsteher, Platzanweiser, Textausteiler und Programmhefteverkäufer ein. Da strömt auch schon das Publikum heran. Alte Bekannte wollen begrüßt werden. Das Cembalo wird noch gestimmt. Wann kann der Saal geöffnet werden? Endlich ist alles bereit. Unsere 10 ehrenamtlichen Helfer, von denen viele seit Jahren nach Regensburg pilgern, weisen das Publikum in den Saal ein, meine Augen sind überall: Vorne gibt es ein Problem: ein großer Herr passt wegen seiner langen Beine nicht in die historische Bestuhlung. Ich suche einen Kurzgewachsenen auf den zusätzlich eingestellten Stühlen und vermittle einen Tausch der Plätze zu beider Zufriedenheit. Im Saal werden die letzten Programmhefte verkauft und die Damen mit den Handy-Aus-Schildern ernten ein Lächeln. Bühnenbeleuchtung an, Saaltür zu, die Musiker erhalten von mir das Zeichen für den Beginn. Applaus brandet auf. Ein letzter Zuhörer will noch in den Saal. - Karte? - Danke. - Draußen ist eine Traube mit Leuten, die alle bloß mal reinschau- en wollen, und ich werde etwas grantig. Da drängt sich noch einer rein. - Haben Sie eine Karte? - Ich muss aber unbedingt rein. - ... und geht zwei Schritte weiter – Halt! – Hören Sie, ich bin ... – Tut mir leid! Ich packe ihn am Hemdkragen und fördere in recht unsanft nach draußen. Die TAM-Manager nicken zustimmend und grinsen. Das Konzert startet fulminant und auch ich kann es als Zuhörer genießen. Das ist der eigentliche Lohn meiner Arbeit. Nach der Zugabe heißt es, alles wieder komplett abbauen und abtransportieren. Während eines Stündchens Mittagspause sitze ich mit Kollegen am sonnigen Haidplatz und vertilge eine Pizza. Um 14.30 Uhr werde ich in der Oswaldkirche erwartet. Dort ist ein Podium aufzubauen. 54

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