Tage Alter Musik – Jubiläumsschrift 2009

Anhänger symphonischer Musik und hörte fast jeden Sonntagvormittag die Symphonische Matinee im Bayerischen Rundfunk. Auch war er ein eifriger Konzertgänger. Mein älterer Bruder lernte Trompete und spielte in einer Blaskapelle, mein jüngerer Bruder verbrachte auch seine Gymnasialzeit bei den Domspatzen, lernte dort Klavier und Orgel. Meine ältere Schwester singt heute noch im Kirchenchor. Schon im Grundschulalter war es mein innigster Wunsch, aufs Gymnasium zu den Domspatzen zu gehen, und ich besuchte schon während der Grundschulzeit allwöchentlich eine sogenannte „Vorschule“ der Domspatzen für Regensburger Schüler. Durch die intensive Beschäftigung mit Chorliteratur beson- ders der Renaissance und der Romantik und die umfassende musikalische Ausbildung bei den Domspatzen (ich lernte Klavier und Oboe) war mein Interesse für „klassische“ Musik schon sehr groß. Und wie kamen Sie, Herr Schmid, zum ersten Mal mit Alter Musik in Berührung? S.S.: Das passierte noch bei den Domspatzen. Bei Schallplattenaufnahmen fand meine erste intensive Begegnung mit Alter Musik (im Sinne der historischen Aufführungspraxis) statt. Im Hochchor der Basilika St. Emmeram in Regensburg entstanden in viele Wochen dauernden Aufnahmesitzungen in den 60er und 70er Jahren Schallplattenaufnahmen für das so renommierte Label Archivproduktion der Deutschen Grammophon Gesellschaft mit den Regensburger Domspatzen. Nach anfänglichen aussch- ließlich a-cappella-Produktionen gaben sich in St. Emmeram viele der renommierten Künstler der Archiv Produktion ein Stelldichein. Die Konzertgruppe der Schola Cantorum Basiliensis unter August Wenzinger mit dem Countertenor Paul Esswood nahm 1967 als Weltersteinspielung Händels Brockespassion auf. Ich durfte als Knabensopran dabei sein. Das Ulsamer Collegium, der Hamburger Bläserkreis für Alte Musik, die Mitglieder von Pro Cantione Antiqua sowie viele namhafte Instrumentalisten wie Holger Eichhorn, Edward Tarr fanden sich in Regensburg ein. Später kam die Cappella Academica unter Eduard Melkus hinzu. Für Rundfunkaufnahmen des WDR reiste die Cappella Coloniensis des WDR an. Es entstanden in St. Emmeram viele preisgekrönte Aufnahmen. 1970 reisten die Domspatzen nach Wien, um an der Einspielung der Matthäuspassion von Bach mit dem Concentus Musicus Wien unter Nikolaus Harnoncourt teilzunehmen. Mein Kollege Ludwig Hartmann konnte als Knabensopran daran teilneh- men. Was man kaum glauben kann: Die in Monate langer Arbeit einstudierten und aufwändig produzierten Werke wurden selbst nie in einem Konzert aufgeführt. Die Zeit war noch nicht reif für einen Konzertbetrieb mit Alter Musik. Die Alte Musik war noch ganz auf das Plattenstudio fixiert. 1977 war es das erste Mal, dass das Werk, das aufgenommen wurde, auch in einem Konzert aufgeführt wurde. Das Weihnachtsoratorium von Bach wurde in der sich zeitlich anschließenden Bachwoche Ansbach auf- geführt und dann sogar als Fernsehproduktion für die ARD festgehalten. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre trat eine neue Generation von Musikern auf den Plan, mit der die Alte Musik schließlich Einzug in das Konzertleben hielt. 1981 konnten wir miterleben, wie Ton Koopman bei den Bachtagen Berlin mit seinem noch jungen Amsterdam Baroque Orchestra und Solisten wie Barbara Schlick, Sopran, René Jacobs, Countertenor und Harry van der Kamp, Bass, mit den Regensburger Domspatzen die h-moll Messe von Bach aufführte. Prof. Dr. Andreas Holschneider, 58 Die Schola Cantorum Basilensis unter August Wenzinger bei Plattenaufnahmen mit den Regensburger Domspatzen (1967)

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