Tage Alter Musik – Programmheft 2003

Das Collegium 1704wurde 1991 gegründet und zählt neben der Musica Florea zu Prags prominentesten Barockorchestern. Das Orchester beschäftigt sich unter seinem Gründer und Leiter, dem Cembalisten Václav Luks, vor allem mit der weniger bekannten Musik der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus den europäischen Musikhauptstädten Dresden, Prag und Wien. Komponisten wie J. D. Heinichen, A. Caldara, J. J. Fux, A. Reichenauer und vor allem J. D. Zelenka und J. F. Fasch nehmen einen bevorzugten Platz im Repertoire des Orchesters ein. Gerade deren Orchesterwerke sind typisch für den damaligen berühmten farbigen Dresdner Orchesterklang, der durch die große Bandbreite der Besetzungsmöglichkeiten besticht. Zum Programm: Prag 1723 - Musik zu den Krönungsfeierlichkeiten von Karl VI. „Die Anzahl der zuschauenden Herrschaften / die Zierde des Theatri, und dessen Veränderungen / welches mit viel 1000 Waxs-Lichter und Ampeln beleuchtet ware / die Geschicklichkeit deren Vorstellenden / dann die Kostbarkeit deren Kleidern / die auserlesene Music / und die zierlichst-aufgeführte Täntzen / können wohl bewundert / aber nicht beschrieben werden.” So begeistert informiert das „Wiener Diarium” über die Aufführung der KrönungsoperCostanza e Fortezzavon Johann Joseph Fux (1660-1740) am 28. August 1723 in Prag aus Anlass der Krönung des Kaisers Karls VI. zum böhmischen König und der Geburtstagsfeier seiner Gattin Elisabeth. Seit Anfang Sommer 1723 strömten Besuchermengen nach Prag, um entweder an den Feierlichkeiten direkt teilzunehmen oder nur einfach „dabei” zu sein. Auf dem Hradschin, in der Nähe des Reitsaals der Prager Burg wurde unter freiem Himmel ein neues Amphitheater nach den Plänen des Theaterarchitekten Galli-Bibiena errichtet, und bereits im Juli begann man mit den Proben für die Fux’sche Oper. Nach Prag kam auch eine Reihe von Musikern, die Zeugen der großartigen Opernaufführung des berühmten Hofkapellmeisters sein wollten. Johann Joachim Quantz (1697-1773), der bereits im Jahre 1717 in Wien weilte, schrieb in seiner Autobiographie: „ Inzwischen reiste ich im Julius des 1723, in der Gesellschaft des berühmten Lautenisten Weiss und des itzigen Preußischen Capellmeisters, Herrn Graun, nach Prag, um die große und prächtige Oper, welche bey der Krönung Carls des Sechsten, daselbst unter freyem Himmel, durch 100 Sänger und 200 Instrumentalisten aufgeführt wurde, mit anzuhören. ... Wegen der Menge der Ausführer gab der Kayserliche Capellmeister Caldara den Takt. Der alte Fux selbst aber, welchen der Kayser in einer Sänfte von Wien nach Prag hatte tragen lassen, hatte das Vergnügen, diese so ungewöhnlich prächtige Aufführung seiner Arbeit, ohnweit des Kaysers, sitzend anzuhören. Von Wienerischen Orchester aber waren nur etliche zwanzig Personen mitgebracht worden. Die übrigen Instrumentalisten wurden in Prag zusammengesuchet und bestanden aus Studenten und aus den Mitgliedern einiger gräflicher Capellen. Die Chöre waren mit Schülern und Kirchensängern aus der Stadt besetzt. Weil nun wegen der Menge der anwesenden Menschen, auch sogar Personen von vornehmen Stande, der Eingang in die Oper versperret war, so ließen meine beiden Gefährten und ich uns auch mit zum Orchester anwerben. Weiss spielte die Theorbe, Graun das Violoncell und ich den Hoboe als Ripienist. Wir hatten hierdurch zugleich Gelegenheit, die Oper, wegen der vielen nöthigen Proben, desto öfter zu hören.” Antonín Reichenauer (1694?-1730) war einer der vielen Komponisten, die nicht nur für Prager Kirchen und Paläste komponierten, sondern sich auch außerhalb des Königreichs Respekt verschafften. Seine Orchesterwerke, die wahrscheinlich für die von Antonio Vivaldi gelobte Kapelle des Grafen Morzin geschrieben worden sind, finden wir in verschiedenen deutschen Archiven, insbesondere in Dresden. Für die Kapelle des gleichen Herren war auch Johann Friedrich Fasch (1688-1758) schöpferisch tätig, der im Jahr 1721 Greiz verlässt und „Componist” wird im Dienste des Grafen Morzin in Prag. Graf Morzin war mit Sicherheit sehr stolz auf seine „Componisten” und seine Kapelle, für die A. Vivaldi seine berühmten „Vier Jahreszeiten” schrieb. Durch seine Kontakte fanden viele Werke von Fasch und Reichenauer den Weg in die wichtigen Musikzentren wie Wien und Dresden. Im Tagebuch des Prinzen Anton Ulrich (späterer Herzog von Sachsen-Meiningen) finden wir unter dem Datum „in Wien, 16.9.1723” folgende Notiz: Diesen Morgen hat mir Graff Morzin ein Concert von Vivaldi, eine Ouverture von Fasch, zwei von Reichenauer und ein Concert von eben diesen geschickt. Man kann vermuten, dass das die aktuellsten Neuigkeiten aus Prag waren, die gerade im Laufe der Feierlichkeiten entstanden und aufgeführt worden sind. Von Dresden reiste im Jahre 1723 auch Jan Dismas Zelenka (1679 - 1745) nach Prag. Dieser, bei J. J. Fux ausgebildeter Komponist, stand imDienst August des Starken und galt als „Favorit” des Böhmischen Adels und der Jesuiten. Sein Melodram „Sub Olea Pacis et Palma Virtutis” bildete gewissermaßen das Gegenstück zur Krönungsoper „Costanza e Fortezza”. Außerdem komponierte Zelenka in Prag eine Reihe anspruchsvoller Orchesterwerke. Heute lässt sich zwar nicht mehr rekonstruieren, wer die Solopartien seines G-Dur Concerto spielte, doch standen ihm zweifellos die besten Instrumentalisten seiner Zeit zur Verfügung. So kann man sich mit ein wenig Fantasie eine Aufführung in einem Prager Palast vorstellen, wo Persönlichkeiten wie F. M. Veracini, A. Caldara, J. D. Zelenka, G. Tartini, C. H. Graun etc. gemeinsam musizierten. Henrico Albicastro (1661-1730) wird urkundlich Collegium 1704 (Prag) JUNI 2003 Samstag, 7. Juni 2003, 20.00 Uhr Minoritenkirche , Dachauplatz Leitung und Cembalo: Václav Luks Orchesterouvertüren des 18. Jahrhunderts aus Wien, Prag und Dresden 12 Collegium 1704 Václav Luks

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