Tage Alter Musik – Programmheft 2003

„As fresh as jazz“ betitelte der Boston Globe den Auftritt des Damenquartetts Belladonna beim letzten Boston Early Music Festival. Zum 10-jährigen Bestehen - Belladonna wurde 1993 in St. Paul, Minnesota gegründet - geben die vier Musikerinnen in Regensburg ihr Europa-Debut und präsentieren Folias des 17. Jahrhunderts aus Spanien, Italien, Frankreich u.a. Neben ihrer regen Konzerttätigkeit als Belladonna-Quartett spielen die vier Musikerinnen regelmäßig mit bekannten amerikanischen Alte-Musik-Ensembles wie The King’s Noyse, Apollo’s Fire, The Washington Bach Consort und The Newberry Consort. BelladonnasMusizierstil zeichnet sich durch Virtuosität, rhythmischen Drive und sensiblen Klangsinn aus. Ihre jüngste CD-Veröffentlichung „Folias Festivas” bei Dorian erhielt beste Kritiken in der Fachwelt. Zum Programm: Der Name „Folia” taucht schon um 1500 in der portugiesischen Dichtung und in Hofchroniken als Bezeichnung eines Tanzes auf. Einer Schilderung aus dem Jahr 1610 können wir entnehmen, dass es sich um einen sehr lauten und lebhaften Tanz gehandelt hat: „... und der Krach ist derartig laut und der Rhythmus so schnell, dass es scheint, als haben die einen oder anderen den Verstand verloren. Daher gaben sie dem Tanz den Namen ‘Folia’, nach dem toskanischen Wort ‘folle’, das nichtig, verrückt, sinnlos, den Verstand verloren haben, bedeutet...” Die Stücke in unserem Programm umfassen u.a. Folias aus Spanien, Italien und Frankreich. Daneben erklingen Werke, die auf anderen ostinaten Bassfiguren aufgebaut sind und deren Strukturen in Tanzrhythmen eingegangen sind. Die ersten Erwähnungen der Folias in spanischen und portugiesischen Schriften gehen davon aus, dass dem Leser die Folia als Gattung bereits bekannt war. Während wir nicht genügend Informationen haben, uns eine spezifische Folia vorzustellen, wissen wir folglich sehr wohl, dass das Wort folia zu tun hat mit einer poetischen Form, absurden Texten, verrückten Tanzschritten, einer Art Versammlung, studentischen Vergnügungen und den Kostümen und Choreographien von Transvestiten. Als die Folia im 17. Jahrhundert als eine bestimmte Akkordfolge definiert wurde, umfasste sie nicht mehr die Texte, Tanzschritte und gesellschaftlichen Bezüge der frühesten Folias. Ohne die weitverbreitete steigende Beliebtheit der spanischen fünfchörigen Gitarre wären Folias möglicherweise nur regionalem Brauchtum verhaftet geblieben. Ursprünglich benutzt zur Begleitung von Volkstänzen und -liedern und verbunden mit Barbieren und anderen „Vertretern des Müßiggangs”, fesselte dieses Instrument ganz Europa im 17. und 18. Jahrhundert. Es zog „die eifrigsten der talentierten Leute” an, die „hehrere Beschäftigungen vernachlässigten nur für die Gitarre”, die gut klang, auch wenn sie „schlecht gezupft oder gespielt” wurde. Nachdem sie die Höfe und Kapellen Spaniens betört (Schreiber aus der gleichen Zeit sagten „verdorben”) hatte, fand die Gitarre fruchtbaren Boden in spanischen Ländereien in Italien und der Neuen Welt. Italienischer Einfluss war wiederum dafür verantwortlich, dass die Beliebtheit der Gitarre auf die französischen Belladonna (USA) JUNI 2003 Montag, 9. Juni 2003, 15.00 Uhr Reichssaal , Rathausplatz „Folias - Festivas“ - Folias-Tänze des 17. Jahrhunderts 26 Treppenaufgang zum Reichssaal Bildnis eines Flötenspielers Belladonna

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