Tage Alter Musik – Programmheft 2005

„Paganini der Blockflöte, ein Feuerwerk an technischer Brillianz, sensible Sinnlichkeit, sensationell...“, so lauten Schlagzeilen, wenn der Schweizer Blockflötenvirtuose Maurice Stegerkonzertiert. Es gibt Musiker, die beherrschen in einer derart entwaffnenden Weise ihr Instrument, dass man versucht ist zu glauben, sie könnten in wirklich jeder Situation einen Geniestreich landen. Maurice Steger ist so einer! Ausgebildet bei Pedro Memelsdorff und Kees Boeke ist der heute 34 jährige Maurice Stegerunzweifelhaft ein Extremkünstler an den Spiel-, Ton- und Ausdrucksgrenzen der Blockflöte: Hingabewillig wie nur wenige, lässt er die Musik als gelebten, als aufregend pulsierenden Augenblick erstehen, indem er das Korsett vorgegebener Notation geradezu aufsprengt zu sinnlich lebendiger Aktualität. Sein Spiel wirkt vordergründig spektakulär, aber verschreibt sich einem unbedingten Gestaltungspathos in der Nachfolge Harnoncourts. Maurice Stegerhat bisher sechs CDs beim Schweizer Label Claves Records veröffentlicht. Die neueste CD erschien im vergangenen Monat bei der Archiv-Produktion der DGG zusammen mit der Musica Antiqua Köln mit Quartetten von G. Ph. Telemann. Partnerin beim Regensburger Recital ist die ebenfalls aus der Schweiz stammende Cembalistin und Hammerflügelspezialistin Ursula Dütschler . Sie studierte bei Jörg Ewald Dähler, Kenneth Gilbert und Malcolm Bilson. Sie gewann 1989 den internationalen Cembalo-Wettbewerb von Paris und 1991 den Erwin-BodkyWettbewerb für Hammerflügel in Boston. Heute lebt sie in Amsterdam und konzertiert vorwiegend als Solistin, Kammermusikerin und Liedbegleiterin. Sie hat zahlreiche CDs für Claves Records eingespielt (u.a. die Toccaten von Bach, Sonaten von Scarlatti sowie Cembalowerke von Balbastre und Byrd). Haydn- und BeethovenSonaten, gespielt auf verschiedenen Hammerflügeln, wurden ebenfalls bei Claves Records 1997 veröffentlicht. Zum Programm: Bei der Frage danach, wer sich in Italien im 17. und 18. Jahrhundert der Blockflöte angenommen hat, was und auf welchen Flötentypen musiziert wurde, kann das heutige Konzert mit Maurice Steger und Ursula Dütschler behilflich sein: Die ausgewählten Werke verraten etwas über die technischen und musikalischen Möglichkeiten dieses Instruments, über das Repertoire an Originalkompositionen und Adaptionen sowie den Einsatz von verschiedenen Flöteninstrumenten. Das hohe Ansehen der Blockflöte in England verdankt diese hauptsächlich den ausländischen Immigranten wie Händel (aus Deutschland kommend), G. Sammartini oder Geminiani (aus Norditalien). Giuseppes Sammartinis Sonate in G-Dur ist original für die Traversflöte geschrieben und wird hier auf einer hohen Fifth flute gespielt. Besonders unter die Haut geht Sammartinis Geschick in den virtuos perlenden Allegropassagen, das Singen im Eingangssatz oder die Wirkung des kleinen theatralischen Abschluss-Menuetts. Die gegensätzliche F-Dur Sonate von Benedetto Marcello ist ein typisches Werk für die gebräuchliche Altblockflöte und verbindet einfach geführte Melodiebögen, spielerisch gestaltete Fugen und aufmunternde Tanzsätze gekonnt miteinander. Als Abschluss erklingt eine große Ciaccona im schnellen Tempo. Die beiden unbekannten frühitalienischen Werke vonGiovanni Antonio Pandolfi-Mealliund Giovanni Battista Fontana sind dadurch miteinander verbunden, dass sie ursprünglich für die Violine, das Soloinstrument par excellence, geschrieben und erst heute für Blockflöte bearbeitet wurden. Derartige Adaptionen entsprechen aber durchaus historischer Praxis und lassen etwas von der beachtlichen Fertigkeit virtuoser Blockflötisten im 17. Jahrhundert erahnen. Die typischen Charakteristika der frühbarocken Sonate werden hier exemplarisch dargestellt: Langsame und schnelle, freie, quasi improvisierte und tänzerische, in Takt und Metrum gebundene Abschnitte stehen hier in rascher Folge hintereinander und führen dem Hörer eine bunte Palette musikalischer Ideen, spieltechnischer Effekte und emotionaler Befindlichkeiten vor. Ab 1700 setzten Instrumentenbauer in ganz Europa ihre Kunstfertigkeit daran, den schlichten Typus der Renaissanceblockflöte (hörbar in den Werken von Fontana und Pandolfi) den Bedürfnissen nach gesteigertem Ausdruck und mehr Dynamik anzupassen, und lassen den „flauto dolce“, wie man die Blockflöte wegen ihres verfeinerten Klanges fortan nennt, schließlich zum ebenbürtigen Konkurrenten der anderen Soloinstrumente werden. Neben den wenigen Berufsblockflötisten und Oboisten, die den flauto dolce als Zweitinstrument betreiben, ist es vor allem eine stetig wachsende Schar musikalischer Dilettanten (in des Wortes positiver BeTAGEALTERMUSIKREGENSBURG Maurice Steger, Blockflöte (Zürich) Ursula Dütschler, Cembalo (Amsterdam) MAI2005 Sonntag, 15. Mai 2005, 16.00 Uhr Reichssaal , Rathausplatz Italienische Sonaten und Concerti des 17. und 18. Jahrhunderts 26 Maurice Steger Ursula Dütschler

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