Tage Alter Musik – Programmheft 2005

Seit seiner Gründung im Herbst 1996 hat sich dasL’Orfeo Barockorchester in die vorderste Reihe der europäischen Barockorchester gespielt. Zahlreiche Auftritte bei internationalen Festivals, Konzerte im In- und Ausland sowie dauerhafte Zusammenarbeit mit herausragenden Vokalund Instrumentalsolisten belegen die hohe künstlerische Reputation des Orchesters. Unter der Leitung der GeigerinMichi Gaigg hat das Orchester auch zahlreiche CDs für das Label CPO eingespielt. Mit der Sopranistin Emma Kirkby verbindet das Orchester eine langjährige Zusammenarbeit. Die Londoner Ausnahmekünstlerin zählt zu den ganz großen Persönlichkeiten der internationalen Alte-Musik-Szene. „Seit mehr als zwei Jahrzehnten stehtEmma Kirkbys klare und bewegliche Stimme richtungsweisend für den reinen Klang im Vokalen der Alten Musik. Sie zählt zu den Kostbarkeiten unserer Musikwelt.“ (Toronto Globe and Mail). Als Solistin konzertierte sie erfolgreich in der ganzen Welt gemeinsam mit Orchestern und Kammerensembles wie Academy of Ancient Music, London Baroque, dem Orchester of The Age of Enlightenment, Freiburger Barockorchester, Tafelmusik und dem Studio Musique Ancienne de Montreal. Bei ihren Recitals wird sie in erster Linie vom LautenistenAnthony Rooley begleitet und zusammen mit dessen Vokalensemble, dem Consort of Musicke, hat sie weltweit Konzerte gegeben. Emma Kirkbystudierte bei Jessica Cash an der Oxford University. 1974 debütierte sie in London. 1978 unternahm sie eine erste Tournee in die Vereinigten Staaten und Reisen in die ganze Welt folgten. Mittlerweile hat die Künstlerin weit mehr als 100 CDs aufgenommen. Zum Programm: In derC-Dur Ouvertüre BWV 1066 , die am Beginn des Konzert steht, folgt Bach in der Wahl eines Solo-Trios von zwei Oboen und einem Fagott dem Vorbild J. B. Lullys, ohne auf den italienischen Charakter in Motivik und formaler Gestaltung zu verzichten. In den auf den ausgedehnten Eröffnungssatz folgenden Tanzsätzen hat Bach die Tänze der typisierten Satzfolge seiner Zeit nur sehr sparsam verwendet. Ein ungewöhnlicher Tanzsatz ist die Forlane, ein ursprünglich wilder Volkstanz der Venezianer. Ein punktierter Rhythmus und die Achtel-Begleitung verleihen der Forlane einen selten erregten Charakter. In der Technik, einzelne Sätze paarig anzulegen, folgt Bach älteren Vorbildern. In der C-dur Ouvertüre ist sie zum Stilprinzip erhoben. Hier werden die beiden Passepied-Tänze auf überraschende Weise miteinander verknüpft: Bach übernimmt im zweiten Satz die Oberstimme des ersten notengetreu und fügt als neue Oberstimme eine ruhige kontrapunktische Achtel-Bewegung in den Oboen hinzu, unter der die originale Melodie in den Streichern deutlich erkennbar bleibt. Bachs Kantate „Mein Herze schwimmt im Blut“ BWV 199 entstand wohl 1713 zum 11. Sonntag nach Trinitatis. Dem Werk liegt eine Dichtung von Georg Christian Lehms ("Gottgefälliges Kirchen Opfer", Darmstadt 1711) zugrunde, die als "Andacht auf den eilfften Sonntag nach Trinitatis" verfasst ist. Da die Bindung an das Sonntagsevangelium locker ist, wäre durchaus denkbar, dass Bach diese Solokantate auch zu einem anderen liturgischen, oder nicht-liturgischen Anlass komponiert hat. Zu diesem Werk haben sich die Originalquellen ziemlich vollständig erhalten und spiegeln die Aufführungsgeschichte wider. Bachs Partitur bezieht sich im Titel "Cantata a Voce Sola" auf den Solocharakter des 8-sätzigen Werkes, der die erstaunliche Gewandtheit des Komponisten in der Behandlung differenzierter vokaler Solopartien bezeugt. Unterschiedliche Taktarten in den großen Arien (4/4, 3/4, 12/8), dazu abgestufte Tempobezeichnungen (Satz 2: Adagio, Satz 4 und 6: Andante, Satz 8: Allegro) deuten auf Bachs Absicht, ein breites Spektrum musikalischen Ausdrucks vorzustellen. Im Instrumentarium zeichnen sich Oboe und Viola aus, die jeweils eine ausgedehnte Obligatpartie (Satz 2 Oboe, Satz 6 Viola) erhalten. Das Werk erfuhr in der Weimarer, Köthener und Leipziger Zeit mehrere Aufführungen, wobei die Tonart von c-Moll nach d-Moll wechselte und die Besetzung umdisponiert wurde - z.B. Obligatpart in Satz 6 jeweils für Viola (ursprüngliche Fassung), Violoncello (später Weimar), Viola da Gamba (Köthen um 1720) oder Violoncello piccolo (? Leipzig). Bachs „Six Concerts Avec plusieurs Instruments“ (Sechs Konzerte mit mehreren [Solo-] Instrumenten 1046-1051) erhielten ihren späteren Namen „Brandenburgische Konzerte“ aufgrund ihrer Zueignung an den Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg (1677-1734) und dessen im Kern sechsköpfige Berliner Hofkapelle im März 1721. Tatsächlich aber waren zumindest die Konzerte 1, 2 und 4-6 in ihren der "Brandenburger" Partitur vorangegangenen Fassungen für das Anfangs bis zu 18 Musiker umfassende Ensemble des Köthener Hofs konzipiert worden, dem Bach seit 1717 als Kapellmeister vorstand. Das fünfte Konzert war vermutlich während einer Trinkkur des Köthener Fürsten im Frühjahr 1718 im böhmischen Karlsbad entstanden, die Bach zusammen mit fünf Mitgliedern der Köthener Kapelle begleitet hatte. Dieser Umstand hatte den Kapellmeister zur Disposition nur einer einzigen Ripieno-Violine und zur Beschränkung der Cembalopartie auf ein kleines Reiseinstrument veranlasst. Erst nach der Rückkehr nach Köthen konnte er die Stimme der Ripieno-Violine doppelt besetzen sowie den Cembalopart und vor allem dessen sog. „Kadenz“ im Hinblick auf das neue zweimanualige Instrument des Köthener Hofs erweitern. Die für den 15. Trinitatissonntag vorgesehene Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen“ BWV 51 zum 17. September 1730, deren Verwendungszweck Bach durch den Zusatz „et in ogni tempo“ TAGEALTERMUSIKREGENSBURG L´Orfeo Barockorchester (Österreich) MAI2005 Montag, 16 Mai 2005, 16.30 Uhr Alte Kapelle , Alter Kornmarkt Leitung und Violine: Michi Gaigg Johann Sebastian Bach (1685-1750) Solokantaten und Orchesterwerke 36 L’Orfeo Barockorchester und Emma Kirkby Foto: Hanya Chlala Emma Kirkby, Sopran (London)

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