Tage Alter Musik – Programmheft 2005

Das ungarische BarockorchesterConcerto Armonico Budapestwurde 1983 von Studenten der Franz-Liszt-Musikhochschule (Budapest) gegründet, die sich ganz der historischen Aufführungspraxis verschrieben hatten. Das erste Konzert des Orchesters fand 1986 statt. Seitdem hat Concerto Armonico über Ungarn hinaus in ganz Europa Bekanntheit erlangt. Das Orchester trat mittlerweile bei zahlreichen angesehenen europäischen Festivals auf, u.a. beim Flandern Festival, beimHolland Festival „Oude Muziek“, beim Festival „Estival de Paris“, bei den Ambraser Schloßkonzerten und bei der Styriarte in Graz. In Regensburg gastieren die Ungarn zusammen mit ihrem LeiterMiklós Spányinach 1993 heuer zum zweiten Mal. Das Repertoire des Orchesters reicht vom Frühbarock bis zum späten 18. Jahrhundert, mit Schwerpunkt insbesondere auf der Musik der Bach-Söhne, namentlich Carl Philipp Emanuel, dessenMusikConcerto Armonicosehr intensiv studiert und aufgeführt hat. 1994 hatConcerto Armonico begonnen, sämtliche Clavierkonzerte (einschließlich der sogenannten Sonatinen) für das schwedische Label BIS Records aufzunehmen. Von der sehr umfangreichen CD-Reihe sind mittlerweile schon 13 CDs veröffentlicht worden. Miklós Spányi unterrichtet am Konservatorium von Oulu und an der Sibelius-Akademie in Finnland. Zum Programm: Sämtliche Klavierkonzerte C.Ph.E. Bachs basieren auf dem Konflikt zwischen Solo- und Tutti-Abschnitten. Wie menschliche Wesen diskutieren Orchester und Soloinstrument über bestimmte Themen auf sehr lebhafte Weise. Ihr Dialog ist oftmals recht ungestüm: die beiden Diskussionspartner sprechen entweder über ziemlich verschiedene Dinge oder, sobald sie dieselben Dinge verhandeln, tun sie dies von diametral entgegengesetzten Standpunkten aus. Ein solches Aufeinanderprallen der Argumente sowie das Ziel, den Hörer durch sie zu überzeugen, war einer der Hauptbestandteile der klassischen Rhetorik, die auch ein überaus wichtiges Fundament für die Kompositionstechniken des 18. Jahrhunderts bildet. Die Sonatinen dagegen sind bemerkenswert unrhetorische Kompositionen. Es gibt hier keinerlei Argumentation oder fieberhafte Diskussion. Demgemäß ist die Rolle des Soloinstruments eine andere: es tritt demOrchester nicht entgegen, sondern ist dessen integraler Bestandteil. Anders als in den Konzerten stellt es kein thematisches Material vor, sondern versieht die Themenwiederholungen des Orchesters typischerweise nur mit üppigen Verzierungen. In solchen Arpeggiofiguren ist die Rolle des Soloinstruments nicht wirklich solistisch: es verleiht dem Orchester lediglich eine neue Klangfarbe. Orchester und Soloinstrument wechseln manchmal ab, aber sie diskutieren nicht, sondern führen ein ruhiges Gespräch über ein bestimmtes Thema. Die eigenartigsten Momente in diesen Sonatinen sind gewiss jene, wenn das Orchester schweigt und das Klavier für einige Minuten allein bleibt. Dies würde in einem Konzert vollkommen undenkbar sein. Die Wirkung ist ungemein überraschend und könnte auf den Hörer auch ein wenig verwirrend wirken: Ein Werk, das meistenteils an eine Orchesterkomposition erinnert – obschon merkwürdig genug, mit gelegentlichen kleinen Solopassagen eines ansonsten unwesentlichen Tasteninstruments – verwandelt sich überraschenderweise in eine Art Soloklavierwerk. Eines ist offenkundig: C.P.E. Bachs Sonatinen entsprechen keiner der bekannten Gattungen der Musikgeschichte. Ihre eigenartige Form und Gestalt - selbst von C.Ph.E. Bach nicht wieder benutzt - rechtfertigen ihren Titel. Bach hat wohl lange darüber nachgedacht, wie er diese Werke nennen sollte, und da sie nichts gemein hattenmit den Konzerten, Sonaten oder irgend einer anderen bekannten Gattung, wählte er schließlich das Wort „Sonatine“, das im 18. Jahrhundert ein recht dehnbarer Terminus war. Wennman die großeAnzahl der überlieferten Kopien in Betracht zieht, sowohl handgeschriebene als auch gedruckte, so dürfte Carl Philipp Emanuel Bachs 1749 entstandenes B-Dur-Konzert im ganzen 18. Jahrhundert eines seiner beliebtesten Konzerte gewesen sein. Der erste Satz ist sehr effektvoll: nach der kraftvollen unsisono-Figur des Streichertuttis am Anfang folgt bald eine Passage mit imitativen Skalenfiguren, durch welche ein dichter Satz voller Entschlossenheit entsteht; nachdem sich das Solo in seinem ersten großen Abschnitt dem Tutti angeschlossen hat, beginnt sein zweiter Abschnitt mit einem neuen Thema, voller seufzender Phrasenschlüsse jener Art, die für tief empfundene Arien charakteristisch ist – später folgen schwungvolle Passagen virtuoser Figuration. Besonders in den Anfangsphrasen ist auch der langsame Satz sehr expressiv, mit unerwarteten Harmoniewendungen und dramatischen dynamischen Kontrasten; im zweiten und dritten Tuttiabschnitt spielen die Streicher mit TAGEALTERMUSIKREGENSBURG Concerto Armonico (Budapest) Miklós Spányi, Tangentenflügel MAI 2005 Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) Konzerte für Clavier und Orchester 4 Miklós Spányi ... diese farbenreiche Klangpalette, diese dynamischen Möglichkeiten. Mein Tangentenflügel klingt bezaubernd schön. Miklos Spanyi Donnerstag, 12. Mai 2005, 20.00 Uhr Reichssaal , Rathausplatz Sonderkonzert anläßlich der Bewerbung Regensburgs um den Titel “Kulturhauptstadt Europas 2010”

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