Tage Alter Musik – Programmheft 2005

Das Ensemble Les Boréades de Montréal wurde 1991 von dem Flötisten Francis Colpron gegründet. Repertoire-Schwerpunkt ist die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Les Boréades gewannen einen Opus-Preis vom Conseil québécois de la musique für das beste Konzert der Saison 1998-1999. Im folgenden Jahr wurde ihre Aufnahme von Suiten und Konzerten Telemanns zur besten kanadischen Aufnahme des Jahres in der Kategorie Barock und Klassik erklärt. Eine Konzertreihe in der Saison 2001-2002 an der Chapelle historique Notre-Dame-de-BonSecours in Montreal stellte bekannte Künstler vor, wie die kanadische Sopranistin Karina Gauvin und den französischen Dirigenten Hervé Niquet. Die Konzertreihe wurde von Radio-Canada und CBC vollständig aufgenommen. Das Ensemble gastierte beim Vancouver Festival für Alte Musik im Sommer 2002 und startete zu einer erfolgreichen Tournee durch das westliche Nordamerika im Herbst 2003. Les Boréades konzertierte mit Künstlern wie Hervé Niquet, demLeiter des Concert Spirituel de Paris, Skip Sempé, dem Cembalisten und Leiter von Capriccio Stravagante, dem Geiger Manfredo Kraemer, dem Cembalisten Alexander Weimann und dem Dirigenten Eric Milnes. Die neueste Aufnahme des Ensembles ist eine Kammermusik-Fassung von Händels Acis and Galatea mit den Solisten Suzie LeBlanc und Nathaniel Watson. Zum Programm: Auf dem Programm des Nachtkonzerts des kanadischen Barockensembles Les Boréades de Montréal stehen ausschließlich Werke französischer Barockkomponisten. Obwohl er in erster Linie für seine Instrumentalmusik bekannt ist, komponierte Joseph Bodin de BoismortierWerke in allen Genres seiner Zeit. Er war einer der sehr wenigenMusiker, die alleine von ihren Kompositionen leben konnten; er hatte keinen kirchlichen oder höfischen Posten inne, aber seine Werke entzückten die Salons des Grafen von Clermont und des Prinzen von Carignan. Joseph Bodin de Boismortier ließ seinen Don Quichotte chez la duchesse - möglicherweise eine Anspielung auf seine erste Mäzenatin, die Duchesse de Maine - im Jahre 1743 an der königlichen Musikakademie mit Mademoiselle Fel als Altisidore aufführen. Mit einem Libretto von Charles-Siméon Favart ist dieses kurzeballet comique voller Intrige und Überraschungen und umfasst eine Anzahl von Tänzen, die von La Camargo und von Louis Dupré aufgeführt wurden. Das Werk wurde bald von Boivin und Le Clerc als opus 97 veröffentlicht, weshalb es ganz oder teilweise überall aufgeführt werden konnte, nicht nur im Theater und auch mit weniger Musikern, wie das damals üblich war. Als Musiker, dessen Witz, Charme und Fantasie wir heute schätzen, verdient es Boismortier sehr wohl, von Hervé Niquet als „an allen Instrumenten interessierter fähiger Melodiker, als Poulenc des 18. Jahrhunderts“ bezeichnet zuwerden. In der siebensätzigen großen Triosonate Le Parnasse ou L’Apothéose de Corelli setzte François Couperin seinem italienischen KollegenArcangelo Corelli ein musikalisches Denkmal und beschwört dieAllianz von französischem und italienischem Geschmack. Die einzelnen Sätze tragen Überschriften, die den Aufstieg Corellis zum Parnass verdeutlichen sollen. Die 1724 geschriebene Apotheose für Corelli wurde Couperins Ausgabe der „Goûts réünis“ angehängt. Dieser Begriff „Goûts réünis“ ist gerade für die Apotheose von großer Bedeutung. Um 1695 begannen die italienischen Violinsolo- und Triosonaten nach Frankreich zu dringen und lösten dort einen wahren Taumel des Entzückens aus. Die Charakteristika des altfranzösischenMusikstils waren auf Pomp und Prunk ausgerichtete Ouvertüren, typische Balletttänze, bei denen Schwere und Getragenheit in den Allemanden und Couranten gegenüber den Gavotten undMenuetten überwogen. Dieser altfranzösische Stil hat sich nun mit dem neuen italienischen Geigenklang, der Durchsichtigkeit des italienischen Satzes, der Kantabilität der Melodien, der ausdrucksgeladenen Harmonik und den flüssigeren Tempi in den Tanzsätzen der Italiener auseinanderzusetzen. Ganz Frankreich stritt sich in ungezählten ästhetischen Schriften über den Wert der beiden Stilarten. Couperin, dem die Süße des italienischen Violinklangs dank seines Naturells entgegenkam, adaptierte sehr schnell die neuen Stilelemente für sich, ohne auf die alten zu verzichten, und setzte schließlich seine Ehre darein, beide Schreibweisen ebenso nebeneinander gelten zu lassen, wie sie zu verschmelzen. Diesem Ziel galten die „Goûts réünis“ und mit ihnen dieApothéose de Lulliund dieApothéose de Corelli . Während der 1670er Jahre zog Marc-Antoine Charpentier in die Marais-Residenz der Prinzessin de Guise. Diese edle Dame unterhielt ein kleines Ensemble aus Violen aller Größen, etwa zehn Sängern, einer Theorbe und einem Cembalo. Die von ihnen gespielte Musik war „so wunderbar, dass die anderer Musiker ihr nicht das Wasser reichen konnte.“ Bis zum Tode der Prinzessin im Jahre 1688 komponierte Charpentier mehrere kleine Meisterwerke, die „von den größten Kennern hoch eingeschätzt wurden“. Es handelte sich sowohl um weltliche Werke, wie die kurzen Opern Actéonund Les Arts florissants , als auch um halbreligiöse Werke, sakrale Opern in französischer Sprache und Weihnachts-Hirtenspiele, die in der Privatkapelle der Prinzessin gesungen wurden. Charpentier schrieb auch zwei Instrumentalwerke für sie, die einzig wichtigen, die erhalten geblieben sind: das Concert pour quatre parties de violes und die Sonate à 8 pour 2 flûtes allemandes, 2 dessus de violon, une basse de viole, une TAGEALTERMUSIKREGENSBURG Les Boréades de Montréal (Kanada) MAI2005 Freitag, 13. Mai 2005, 22.45 Uhr (Nachtkonzert) St.-Oswald-Kirche , Weißgerbergraben 8 Concert de Musique française – Französische Barockmusik Les Boréades de Montréal Francis Colpron

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