Tage Alter Musik – Programmheft 2006

Pratum Integrum meint eine ungemähte Wiese, naturbelassen sozusagen, im Wachstum und in der Entwicklung frei. Das ist ein schönes Bild für ein junges Orchester und ein schönes Motto obendrein. Im Jahr 2003 fanden sich einige junge Künstler der russischen AlteMusik-Bewegung zusammen, gründeten dieses Orchester in Moskau und spielen seitdem exklusiv für das Label Caro Mitis in Moskau Werke des 18. und frühen 19. Jahrhunderts ein. Künstlerischer Leiter von Pratum Integrum ist der Cellist Pavel Serbin . Er studierte am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium und am Königlichen Konservatorium in Den Haag bei Wieland Kuijken (Viola da gamba) und Jaap ter Linden (Barockvioloncello). Mittlerweile sind schon sieben CDs erschienen und es sind weitere geplant. Die jüngste Aufnahme erschien im April mit Werken von JeanFéry Rebel. In CD-Kritiken heißt es: „Es ist die Natürlichkeit, gepaart mit überbordender Spielfreude, die so fesselt – Spielfreude pur! Der Ansatz der tschechischen und polnischen Orchester wird faktisch intensiviert und destilliert und das vor dem Hintergrund der inzwischen gefürchteten technischen Brillanz der russischen Musiker. Sie machen einfach alles richtig und das mit provokativer und entwaffnender Leichtigkeit und Lockerheit. Sie spielen mit Hirn und Herz, nie entsteht Langeweile, jedes Detail mutiert zu purer Musik.“ Pratum Integrum hat mit renommierten Musikern, wie Sigiswald Kuijken, Wieland Kuijken, Trevor Pinnock und Alfredo Bernardini zusammengearbeitet. Zum Programm: Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und jede Epoche ist von Diskussionen über Geschmacksfragen geprägt. Am leidenschaftlichsten stritten die Musiker des Barock, hauptsächlich in Frankreich und in Italien. Die Franzosen waren selbstverständlich davon überzeugt, dass die französische Musik, die zwar frei von stürmischer Leidenschaft, dafür aber erlesen und galant sei, die Verkörperung des guten Geschmacks ist (die italienische Musik dagegen verderbe den guten Geschmack). Die Italiener dachten genau das Gegenteil. Den höfischen Pariser Stil hielten sie für „eine Art Wiegenlied“, „einschläfernd“ und „leidenschaftslos“. Darüber waren ihre Gegner sehr beleidigt; J. L. le Cerf de la Vieville, der sich gegen solche Charakterisierung wandte, schrieb ein umfangreiches Buch mit dem TitelComparaison de la musique italienne et de la musique françoise („Ein Vergleich der italienischen und französischen Musik“). Die Deutschen betrachteten diesen Streit aus der Distanz und verfolgten aufmerksam, was in Frankreich und Italien vor sich ging, während sie über einen „Mischstil“ nachdachten, in dem sich die Vorzüge der beiden konkurrierenden Traditionen vereinigen sollten. Im Übrigen waren viele deutsche Komponisten bereit, beide Schreibweisen in reiner Form zu erlernen. Mehr als alle anderen warGeorg Muffat (1653 – 1704) von diesem Wunsch durchdrungen. In seiner Jugend konnte er bei Jean-Baptiste Lully in Paris studieren, in seinen reiferen Jahren bei Bernardo Pasquini in Rom, so dass er mit beiden Stilen „aus erster Hand“ vertraut war. Außerdem lebte er längere Zeit in Österreich, empfand sich selbst als Deutscher und hielt es für seine Pflicht den Österreichern alles zu erklären, was er selbst gelernt hatte: Die Besonderheiten der französischen und italienischen Manier beschrieb er in ausführlichen Vorworten zu den Sammelbänden seiner Werke. Auch Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) interessierte sich für die italienische und französische Tradition. Die französische Kultur war ihm TAGEALTERMUSIKREGENSBURG Pratum Integrum (Moskau) JUNI2006 Sonntag, 4. Juni 2006, 20.00 Uhr Dreieinigkeitskirche , Gesandtenstraße Konzertmeister: Sergei Filchenko Künstlerische Leitung: Pavel Serbin Barocke Orchestersuiten und Konzerte 28 Das Orchester Pratum Integrum (oben) und sein Leiter Pavel Serbin (unten)

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