Tage Alter Musik – Programmheft 2007

S eit 1985 existiert das international hochan- gesehene spanische Mittelalter-Ensemble Alia Musica unter seinem Leiter Miguel Sán- chez . Im Zentrum langjähriger Studien und For- schungen der sechs Musiker steht das mittelal- terliche Repertoire der jüdisch-spanischen Mu- sikkultur. Ergebnis dieser Arbeit sind bemerkenswerte Konzertprogramme, die das außergewöhnlich reiche Zeugnis dieser Musiktradition mit se- phardischer Liturgie, mystischer Poesie und außerliturgischen Gesängen verbinden. Alia Musica stützt sich hierbei auf eigene Studien und auf die aktuellen Erkenntnisse der Musik- wissenschaft. Alia Musica konzertiert auf den wichtigsten Festivals in Spanien, Europa sowie den USA und erhält dabei stets von Publikum und Presse herausragende Anerkennung. Viele der zahlrei- chen exklusiv für Harmonia Mundi eingespiel- ten CDs von Alia Musica erhielten internationale Auszeichnungen. Zum Programm: Wie Aufzeichnungen der Epoche belegen, wur- den während des sogenannten Goldenen Zeital- ters des spanischen Judentums (10. bis 12. Jahr- hundert) die stark von der arabischen Poesie be- einflussten religiösen Gedichte mit Melodien hebräischer Dichtung verbunden. Es war die Blütezeit der großen hispanisch-jüdischen Dich- ter wie Jehuda Halevi, Salomon ibn Gabirol oder Abraham ibn Ezra. In seinem philosophisch-apologetischen Werk Kuzari stellt Jehuda Halevi (ca. 1075-1161) die melodische Interpretation mit freiem Rhythmus als die für das Gebet geeignetere Form dar, da die Improvisation das Aufkeimen leidenschaft- licherer Gefühle vor Gott fördern würde, wo- hingegen der Gesang mit festem Rhythmus nie- mals die gleiche Intensität der Hingebung errei- chen könne. Dennoch ist nicht sehr viel über die musikalische Praxis in den mittelalterlichen Ju- denvierteln bekannt. Die uns bis heute überlie- ferte liturgische Musik ist durch mündliche Wei- tergabe von Lehrer zu Schüler erhalten geblie- ben und wurde so mit musikalischen Elementen verschiedener westlicher, aber vor allem orien- talischer Traditionen durchwirkt. Die musikalische Darbietung der Liturgien in den spanischen Synagogen des Mittelalters lag wahrscheinlich in der Verantwortung des hazán oder Sängers, der den liturgischen Gottesdienst musikalisch leitete. Mit Hilfe eines Systems von Artikulationszeichen ( teamim ) in den heiligen Schriften trug dieser verschiedene biblische Pas- sagen musikalisch vor, wobei er manchmal von der Öffentlichkeit oder Kongregation begleitet wurde, die den Refrain sangen oder mit Respon- sorien an der Musik teilnahmen. Seither hat sich der hazán zur Hauptperson des musikalischen Teils des liturgischen Gottesdienstes entwickelt, wobei sich diese Entwicklung auf ein System von Lehre und mündlicher Überlieferung stützt, das die Improvisation als ausdrucksstarkes Mit- tel der musikalischen Ausführung fördert und dem Sänger einen gewissen Grad an Kreativität und persönlichem Einfluss in der melodischen Entwicklung innerhalb der liturgischen Ortho- T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG Alia Musica (Spanien) M AI 2007 Freitag, 25. Mai 2007, 22.45 Uhr (Nachtkonzert) Dominikanerkirche , Predigergasse 10 El canto espiritual judeoespañol – Geistliche jüdisch-spanische Musik des Mittelalters Leitung: Miguel Sánchez Alia Musica

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