Tage Alter Musik – Programmheft 2007

mit der polnischen und hanakischen Musik „in ihrer“ , so Telemann, „wahren, barbarischen Schön- heit“ vertraut. Im Jahr 1745 war Jean-Philippe Rameau regel- mäßig in Versailles angestellt, wo er vier seiner Werke zu Anlässen von Hoffeierlichkeiten schuf. Die Hochzeit des französischen Thronfol- gers und der Tochter des spanischen Königs im Frühling war der Grund für die zwei neuen Werke. Die Prinzessin von Navarra mit einem Li- bretto von Voltaire; und Platée , zu einem Libret- to von J. Autreau, von A. J. Le Valois d’Orville für Rameau revidiert. Platée, welches am 31. März zum ersten Mal aufgeführt wurde, ist ein- zigartig. Rameau nannte es ein „komisches Bal- lett“, kein gewöhnliches aus dem klassischen, französischen Theater, was daraufhin deutet, dass es anders als das, was sein Publikum je zuvor gesehen hatte, sein würde. Die Hauptge- schichte ist eine Komödie ganz bitterer Art, ein grausamer Scherz, welcher der entschieden nicht liebenswürdigen Nymphe Platée von den Göttern des Olymps gespielt wird. Platée herrscht über einen Sumpf voller Frösche und Insekten (welche man im Passepied dahinquaken hört). Sie hält sich selbst als eine gute Partie und ver- bringt den Tag damit, sich danach zu sehnen, dass Jupiter herabsteigt, um sie zu verführen, da es den Anschein hat, dass er dies mit allen ande- ren weiblichen Erdenmenschen macht. In der Zwischenzeit aber zahlt Jupiter seinen Preis für seine Liebeleien; seine eifersüchtige Ehefrau Juno lässt ihn nicht aus den Augen. Merkur schlägt Jupiter vor, dass er vorgeben solle, Platée den Hof zu machen und sie fast in den Bund der Ehe zu führen. Im letzten Moment werden sie Juno das Paar entdecken lassen und sie wird er- kennen, dass Jupiter unmöglich wirklich an solch einer Kreatur interessiert sein kann und sie wird ihrem Ehemann unter allgemeinem Gelächter vergeben. Um die Torheit des Ganzen noch mehr zu betonen, wurde in das Gefüge ein noch lächerlicheres Moment eingefügt, welches ohne Zwei- fel aus Rameaus Er- fahrung, aus seinen jüngeren Tagen, als er für das Varieté ge- schrieben hatte, stammte. Die Ge- stalt von Folie er- scheint, Apollos Lyra, die sie gerade gestohlen hatte, schwenkend und eine komische Truppe in einer Reihe von Tänzen für ihre verrückte Ge- folgschaft anführend, einschließlich eines für die traurigen Narren (als griechische Philoso- phen gekleidet, Air, pour des fous tristes ) und eines für die glücklichen Narren (als Kleinkin- der angezogen, Air, pour fous gais). Die zwei Fäden werden während der Scheinhochzeit im 3. Akt durchschnitten: die Chaconne, eines der längsten Werke Rameaus und selber eine Par- odie seiner Art, wird angeblich zur Unterhal- tung Platées aufgeführt, ist jedoch tatsächlich dazu gedacht, ihre Qualen zu verlängern. Es kommt nie zu einem richtigen Ende, sondern wird durch das plötzliche Auftreten von Folie und Momus, dem Gott der Lächerlichkeit, un- terbrochen. Diese beabsichtigen, Platée noch mehr dem Gespött auszusetzen. Ein ganz schö- ner Brocken, der dem König hier vorgesetzt wird - insbesondere zu den Hochzeitsfeierlich- keiten seines Sohnes mit einer Prinzessin, wel- che für ihr blasses Erscheinungsbild bekannt war! Nicht bekannt ist, wie das Stück aufge- nommen wurde. Später jedoch im Jahre 1745 er- hielt Rameau eine königliche Pension und den Posten als Kammermusikkomponist des Kö- nigs. Bei der Neuaufführung an der Pariser Oper vier Jahre später (angemessenerweise zur Faschingszeit) wurde sie mit Beifall begrüßt und siegte über die ärgsten Kritiker Rameaus. Sogar Rameaus erbittertster Feind, Jean-Jacques Rous- seau, wurde dazu hingerissen und schrieb: „Nenne es göttlich: ... niemals bereut, sie als Herrn Rameaus Meisterwerk und als das ausge- zeichnetste Musikstück, das bis jetzt jemals auf unserer Bühne zu hören war, zu betrachten.“ T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2007 18 A USFÜHRENDE USFÜHRENDE B’R OCK Lidewij Van der Voort, Jivka Kaltcheva David Wish, Albrecht Kühner Judith Steenbrink, George Crawford Jürgen Gross, Liesbeth Nijs Violine Luc Gysbregts, Frans Vos Viola Catherine Jones, Rebecca Rosen Violoncello Tom Devaere Kontrabass Frank Agsteribbe Cembalo, Orgel Josep Domenech, Stefaan Verdegem Oboe Lisa Goldberg Fagott Daniel Zuluaga Laute P ROGRAMM G EORG P HILIPP T ELEMANN Ouverture „Les Nations“ für (1681-1767) Streicher und Basso continuo B-Dur TWV 55:B5 Ouverture – Menuet I alternativement – Menuet II – Les Turcs – Les Suisses – Les Moscovites – Les Portugais – Les Boiteux (Die Hinkenden) – Les Coureurs (Die Läufer) G EORG P HILIPP T ELEMANN Ouverture (Suite) a-Moll für Altblockflöte, Streicher und Basso continuo TWV 55: a 2 Ouverture – Les Plaisirs (Presto-Trio) Air à l’Italien (Largo-Allegro-da capo) Menuet I – Menuet II Réjouissance (Presto) – Passepied I (Allegro) Passepied II (Allegro) –Polonaise (Moderato) PAUSE J EAN -P HILPPE R AMEAU Suite Platée (1683-1764) I. Menuets en gout de viele Air Pantomime Entree Passepieds Musette Orage Tambourins II. Ritournelle vive Chaconne III. Air vif Rigaudons Contredanse Menuets en gout de viele Wir danken den Meisterwerkstätten für historische Tasteninstrumente, Christian Fuchs, 65929 Frankfurt und Detmar Hungerberg, 42499 Hückeswagen für die freundliche Bereitstellung der Cembali. Wir danken der Universität Regensburg (Fachbereich Musikpädagogik) für die freundliche Bereitstellung der Truhenorgel.

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