Tage Alter Musik – Programmheft 2007

bunden mit der Familie Malatesta ist die Mo- tette Apostolo Glorioso , deren Text im Italieni- schen (einziger Fall in der Motettenkompositi- on von Dufay!) die Amtseinsetzung von Pan- dolfo Malatesta als Bischof von Patrasso fei- ert. Die Sequenz Grande Virgo verwendet als Thema ein Zitat aus dem Lied En attendant von Philipoctus de Caserta, das dem Vizegra- fen Bernabò gewidmet war: Dasselbe Thema wurde später von Matteo da Perugia und von Johannes Ciconia verwendet, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass ein di- rekter Kontakt zwischen Dufay und dem Hof der Vizegrafschaft bestand. Die anderen Motetten gehören in die Zeit, in der Dufay am päpstlichen Hof war: ImApril 1431, einen Monat nach der Amtseinführung von Papst Eugen IV., bot die päpstliche Segnung der Medaillen, die das Agnus Dei darstellen (traditionell aus demWachs der Osterkerze gefertigt), die Gele- genheit zur Aufführung von Balsamus et munda cera . Nachdem er 1434 durch einen Aufstand aus Rom gejagt worden war, flüchtete Eugen IV. nach Florenz: In diesem Jahr übernahm Dufay die Leitung der Musikka- pelle des Herzogs von Savoyen, unterhielt jedoch noch einige Jahre seine Beziehungen zum Papstsitz und zur Stadt Florenz. Auf diese Zeit gehen die Motette Mirandas parit haec urbs florentina puellae (die später dem ma- rianischen Text von imperatrix angelorum angeglichen wurde), wahrschein- lich die Motetten-Kantilene Flos florum und vor allem die berühmteste Motette des burgundischen Meisters, Nuper rosarum flores, zurück. Sie wurde für die Einweihung der Kathedrale Santa Maria del Fiore kompo- niert, eine Motette, die, so wird vermutet, auf den idealen Proportionen des Tempels von Salomon aufgebaut ist und die vor allem getragen ist von der Struktur der Kuppel von Brunelleschi. In dieses Programm, das überwiegend der ersten, der „italienischen“ Phase der Karriere Dufays gewidmet ist, wollten wir vor allem eine seiner größten Motetten einfügen: Bezüglich der Motette Ave Regina Coelorum , mit dem Tropus Miserere tui labentis , bestimmte Dufay – bereits dem Ende seines außerordentlichen Lebensweges (sowohl unter menschlichem als auch unter künstlerischen Aspekt) sehr nahe –, dass es an seinem Sterbe- bett gesungen würde: Auf diese Weise wird der Zuhörer feststellen kön- nen, wie sehr sich die Entwicklung der europäischen Musik im Verlauf des 15. Jahrhunderts im Schaffen dieses Künstlers vollzogen hat. Mit dem Vorschlag, diese Kompositionen mit Gesang und Instrumenten aufzuführen (mit Ausnahme des Ave Regina Coelorum ) – gemäß einem phi- lologisch verantwortlichen, aber nicht an starre Kriterien einer histori- schen Rekonstruktion gebundenen Ansatz – haben wir versucht vor allem den emotionalen Reichtum und die musikalische Verschiedenartigkeit dieser Komposition zum Vorschein zu bringen: in der Hoffnung, wenig- stens in Maßen diese Emotionen wiederzugeben, die dem Chronisten bei der Einweihung von Santa Maria del Fiore folgende Worte in die Feder fließen ließen: „ Im Moment der Elevation war die gesamte Basilika von derart harmonischen Symphonien erfüllt, begleitet von Klang diverser Instrumente, dass man sagen hätte können, sowohl Klang als auch Gesang des Paradieses seien vom Himmel auf die Erde herabgestiegen.“ (Giannozzo Manetti, Oratio de se- cularibus et pontificalibus pompis in cosecrazione basilicae florentinae, 1436). (Rede über die weltlichen und kirchlichen Feierlichkeiten anlässlich der Einweihung der florentinischen Basilika, 1436) © Guido Manetti Dominikaner- kirche Die Dominikanerkirche gehört zu den frühesten Schöpfungen der deut- schen Gotik und ist eine der größten Bettelor- denskirchen in Deutsch- land. Mit ihrem Bau wurde 1246 begonnen. Anfang des 14. Jahrhunderts war die Kirche bereits fertiggestellt. Albertus Magnus, der berühmte Gelehrte und Bischof von Regensburg, wirkte von 1236 bis 1240 im Re- gensburger Dominika- nerkloster. Die Kirche wurde gemäß der Regel des Bettel- ordens der Dominikaner in stren- ger Schlichtheit erbaut. Sie besitzt deshalb auch keinen ihren Aus- maßen entsprechenden Turm. Unter den Wandfresken im Inne- ren ist eine Darstellung der 14 Not- helfer von 1331 besonders hervor- zuheben. Es ist eine der frühesten, die wir kennen. Die Fresken wur- den bei Renovierungsarbeiten zwischen 1967 und 1973 freigelegt. T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2007 21 P ROGRAMM G UILLAUME D UFAY (ca. 1397 – 1474) ApostoloGlorioso -Cumtuadoctrina Isorhythmische Motette 5-stimmig K YRIE Missa “Resvellies vous” 3-stimmig G LORIA Missa “Resvellies vous” 3-stimmig Gaude virgo, mater Christi Sequenz zum Fest „Mariä Himmelfahrt“ 4-stimmig C REDO Missa “Resvellies vous” 3-stimmig Imperatrix angelorum Motette 3-stimmig S ANCTUS Missa “Resvellies vous” 3-stimmig Balsamus et munda cera Isorhythmische Motette 4-stimmig A GNUS D EI Missa “Resvellies vous” 3-stimmig Ave regina cœlorum - Miserere Motette 4-stimmig Flos Florum Motette 3-stimmig Nuper rosarum flores Isorhythmische Motette 4-stimmig A USFÜHRENDE C ANTICA S YMPHONIA Alena Dantcheva, Laura Fabris Sopran Giuseppe Maletto, Fabio Furnari Tenor Marco Scavazza Bariton Svetlana Fomina, Efix Puleo Fidel Marta Graziolino Harfe Guido Magnano Orgel Mauro Morini, David Yacus Posaune Giuseppe Maletto

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