Tage Alter Musik – Programmheft 2007

D as Barockensemble Café Zim- mermann hat seinen Namen von dem Leipziger Café übernom- men, in dem J. S. Bach mit dem stu- dentischen Collegium musicum seine öffentlichen Konzerte gab. Gegründet wurde das Ensemble, das mittlerweile zu großer Be- rühmtheit gelangte, 1998 von dem Geiger Pablo Valetti und der Cem- balistin Céline Frisch. Die bisher ausschließlich beim französischen Label Alpha veröffentlichten CDs wurden mit zahlreichen Preisen de- koriert und belegen die a u ß e r g e - wöhn l i che Qualität die- ses Barock- ensembles. Zum Programm: Als Vorlage für das d-Moll Cemba- lokonzert BWV 1052 diente ein heute verschollenes, vermutlich in Köthen verfasstes Violinkonzert. Der nicht allein in der auskompo- nierten Kadenz des Kopfsatzes ab- solut instrumentengerechte Kla- viersatz, den J. S. Bach aus der So- lostimme der Urfassung modelliert hat, ist Musterbeispiel dafür, wie gründlich und gewissenhaft die Umarbeitung der Originale vorge- nommen wurde – so gründlich, dass sich ihre spezifische Idiomatik spürbar verwandelte. Unangetastet dagegen blieben die Grundkoordi- naten des weiträumigen, formalen Entwurfs. Rhythmisch prägnantes, energiegeladenes Motivmaterial mit schier unerschöpflichen Ent- wicklungsvarianten kennzeichnet die Ecksätze, die zwar den vertrau- ten, im Verlauf der Lehrjahre gründlich studierten italienischen Leitbildern folgen, in Sachen Rhe- torik und Konzentration der Mittel jedoch meilenweit über diese hin- ausweisen. Das Adagio schließlich nimmt französische Einflüsse auf, legt nach Art eines Doubles mit der schweren, schmucklosen Unisono- figur des Beginns ein Fundament, über dem die frei fantasierenden Auszierungen der Solostimme ihren kantablen Zauber entfalten. Man ist versucht das Tripelkonzert BWV 1044 als späten Nachzügler der Brandenburgischen Konzerte zu beschreiben, scheint es hinsicht- lich seiner Besetzung doch konkret auf das fünfte Stück der berühmten Serie bezogen. Stilistisch aber ist das in der Leipziger Zeit entstande- ne Werk, das vielleicht reifste unter Bachs Konzerten, nur bedingt mit dem Köthener Werk vergleichbar. Auch ihm liegt älteres musikali- sches Material zugrunde, zusam- mengetragen aus verschiedenen Schaffensperioden. Das ausschließ- lich solistisch konzipierte Adagio ist weitgehend wörtlich dem Mit- telsatz der um 1727 geschriebenen Orgelsonate in BWV 527 entlehnt, während sich die schnellen Sätze auf zwei Cembalostücke der frühen Weimarer Zeit beziehen: Präludium und Fuge BWV 894. Hier unternimmt Bach tiefreichen- de Eingriffe in das Material der Vorlagen, bringt es quasi auf den Reifestand seiner Leipziger Kunst, wobei er wie meist die Absicht ver- folgt, eine Synthese zu schaffen zwischen dem schlichten Satzprin- zip der italienischen Konzertform mit der schematischen Wechselre- de ihrer Ritornelle und den An- sprüchen der eigenen hochartifizi- ellen Ästhetik. Das Leben von Carl Philipp Ema- nuel Bach zerfällt ganz klar in drei Perioden. Er erlernte sein musikali- sches Handwerk buchstäblich an der Seite seines Vaters, der ihn nicht nur das Orgel-, Cembalo- und Clavichordspiel sowie das Kompo- nieren lehrte, sondern auch alles, was ein guter Kapellmeister kön- nen musste. Am Tisch seines Vaters fertigte er Abschriften des Auf- führungsmaterials für die sonntäg- liche Kantate oder die allwöchentli- chen Konzerte des Collegium mu- sicum an und lernte die vielen in- teressanten Persönlichkeiten ken- nen, die in der Leipziger Wohnung der Bachs verkehrten. 1738, im Alter von vierundzwanzig Jahren, wurde er Cembalist am Hof des Kronprinzen Friedrich, der später als Friedrich der Große das Köni- greich Preußen regierte. Für den jungen Musiker, der seine Lehrjah- re unter den Fittichen Johann Seba- stians verbracht hatte, muss dies eine einigermaßen verwirrender Wechsel gewesen sein. Er fand sich im Kreise von Berufsgenossen wie Johann Joachim Quantz, Carl Hein- rich Graun und den Brüdern Benda wieder, die ein sehr viel höheres Ansehen genossen und sehr viel besser bezahlt wurden als er, die ihm an Können aber eindeutig un- terlegen waren. Zudem war Bach nun Bediensteter eines königlichen Dienstherrn, der in musikalischen Dingen keinen Widerspruch dulde- te und so weit ging, die Werke sei- ner Musiker einer stilistischen Zen- sur zu unterwerfen. Am befremd- lichsten dürfte für Bach aber der Umstand gewesen sein, dass Frie- drich so gut wie kein Interesse an der Kirchenmusik zeigte, der Gene- rationen von Bachs ihr ganzes Leben gewidmet hatten. Während dieser Zeit musikalischer Knechtschaft, wahrscheinlich um 1753, hat Bach das A-Dur-Cello- konzert Wq 172 komponiert. In der formalen Anlage, und was das Ver- hältnis zwischen Solist und Orche- ster angeht, unterscheidet sich die- ses Konzert kaum von denen Anto- nio Vivaldis, mit denen sich Johann T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG Café Zimmermann (Frankreich) M AI 2007 Sonntag, 27. Mai 2007, 16.00 Uhr Dreieinigkeitskirche, Gesandtenstraße Instrumentalkonzerte von J. S. Bach und C. Ph. E. Bach 28 C. Ph. E. Bach Leitung: Pablo Valetti & Céline Frisch J. S. Bach Pablo Valetti & Céline Frisch Fotos: Robin Davies

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