Tage Alter Musik – Programmheft 2008

Dank Georg Philipp Telemann sind diese mährischen Tänze überall in Eu- ropa bekannt als hanakische Musik. Als der Hof des Grafen Erdmann II. von Promnitz von Sorau nach Pless, einer Stadt in Oberschlesien, ging, wurde Telemann mit der polnischen und hanakischen Musik „in ihrer“, so Telemann, „wahren, barbarischen Schönheit“ vertraut. Auch bei den Besu- chen in Krakau studierte Telemann diese Volksmusik und ihre Interpreten mit empirischer Gründlichkeit in den Wirtshäusern und berichtete 1740 davon anschaulich in seinem Lebenslauf: „ Sie [die Musik] bestund, in ge- meinen Wirtshäusern, aus einer um den Leib geschnalleten Geige, die eine Terzie höher gestimmet war, als sonst gewöhnlich, und also ein halbes Dutzend über- schreien konnte [...] Einst habe ich 36 Böcke (Dudelsäcke) und 8 Geigen beisam- men gefunden. Man sollte kaum glauben, was dergleichen Bockpfeiffer oder Gei- ger für wunderbare Einfälle haben, wenn sie so offt die Tantzenden ruhen, fantai- siren. Ein Aufmerckender könnte von ihnen, in 8 Tagen, Gedancken für ein gant- zes Leben erschnappen.“ Dieser volksmusikalische Einfluss wird auch deutlich im letzten Satz sei- nes Konzerts für zwei Traversflöten e-Moll („alla polacca“). Seine „Klin- gende Geographie“ (1709) versammelt „Tänze aus der ganzen Welt“, wie sie seinen Zeitgenossen damals bekannt war, mit verständlicher Beto- nung auf Telemanns eigenem Tätigkeitsfeld Mitteleuropa. Die Verschie- denartigkeit der nebeneinandergestellten Kulturen kann man als Vorläu- fer für den zeitgenössischen Trend europäischer wechselseitiger Beein- flussung sehen. © Jana Semerádová T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2008 18 P ROGRAMM I. J OHANN J OSEPH F UX Ouverture IV. g-Moll (1660–1741) Ouverture – Rigaudon – Trio Bourrée – Da Capo Rigaudon – Aire La Double – Gigue aus Concentus musico-instrumen- talis, 1701 Sarabande – Gavotte – Menuet – Rigaudon aus Costanza e Fortezza, Prag 1723 G EORG P HILIPP T ELEMANN Presto aus dem Concerto e-Moll für (1681-1767) zwei Traversflöten, Streicher und Basso continuo („alla polacca”) II. Instrumentalstücke und Tänze aus Ungarn, Böhmen und Mähren: Mazurken und Polonaisen aus den Sammlungen Uhrovská zbierka (1730), Melodiarium Anny Szirmay-Keczer (1735), Orpheus in silvis (1698), Sborník skladeb pro klavichord/Sammlung von Stücken für Clavichord (ca. 1700), Kantyczki Karmelitanskie (frühes 18. Jahrhun- dert) PAUSE III. J AN J OSEF I GNÁC B RENTNER Concerto IV. G-Dur Vigil Nocturnus / (1689-1742) Der Nachtwächter (Horae pomeri dianae, op. 4, Prag 1720) Largo – Allegro – Menuet G EORG P HILIPP T ELEMANN Klingende Geographie, 1709 Vom Globus (Perpetuum mobile) - Europa (Entrée) - Ungarn (Marsch) - Polen (Polonaise) - Böhmen (Hanaquoise) J OHANN J OSEPH F UX Ouverture IV. g-Moll Passacaille Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Det- mar Hungerberg, 42499 Hückeswagen für die freundliche Bereitstellung des Cembalos. A USFÜHRENDE C OLLEGIUM M ARIANUM Peter Zajícek Violine 1, Konzertmeister Lubomír Nedorost Violine 1 Jan Hádek Violine 2 Vojtech Semerád Violine 2 Frantisek Kuncl Viola Hana Fleková Violoncello Tibor Nagy Kontrabass Barbara M. Willi Cembalo Jana Semerádová Traversflöte Marek Spelina Traversflöte C RACOVIA D ANZA -A RDENTE S OLE Romana Agnel, Justyna Rybarz, Kinga Szablowska, Slawomir Gres, Dariusz Brojek, Krzysztof Antkowiak Tänzerinnen und Tänzer

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