Tage Alter Musik – Programmheft 2008

mente durch andere ersetzt wur- den, die entweder kraftvoller im Klang oder geeigneter zur Befrie- digung der Bedürfnisse neuer Musik waren. So wurden Schal- mei, Clavichord oder Theorbe, die einst unverzichtbar für die Auf- führung gewisser Musik waren, später reine Überbleibsel der Ver- gangenheit, als ob die Geschichte sie verschluckt hätte. Die Viola da gamba war für fast die gesamten Epochen der Renais- sance und des Barock hindurch ein hervorragendes Streichinstru- ment. Sie wurde sowohl in säkula- rem wie in liturgischem Kontext oft benutzt, aber sie überlebte nicht im Orchester oder in späteren „klassischen“ Kammermusikbeset- zungen. Die Viola da gamba war ein perfektes Instrument zu Verdoppelung oder Unterstützung der Stimmen, zum Gestalten einer Continuolinie, zum Zu- sammenspiel mit einigen anderen Instrumenten ihrer eigenen Familie (die Stücke für Gambenconsort gehören zu den Ruhmestaten der Renais- sance- und Barockmusik), aber als Bach in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts sein sechstes Brandenburgisches Konzert komponierte, das zwei Violen enthielt, schrieb er bereits für ein Instrument, das endgültig unmodern geworden war. Die Zeit der Violen war bedauernswerterweise vorbei. Davor erfreute sich die Viola da gamba großer Beliebtheit, besonders in Frankreich, England und Italien. Einige berühmte Virtuosen wie Diego Ortiz, Silvestro Ganassi, Marin Marais, Thobias Hume, Christopher Simp- son (der eine einflussreiche Abhandlung über das Instrument schrieb) oder die beiden Forquerays schufen ein umfangreiches Repertoire, das alle technischen und ausdrucksmäßigen Möglichkeiten des Instruments ausnutzt. Agil, subtil, polyphon – diese drei Adjektive fassen die Haupt- tugenden der Viola da gamba wohl zutreffend zusammen. Marais’ oder Forquerays Stücke mit ihren programmatischen Titeln sind reich an Anspielungen, die für den modernen Hörer nicht leicht zu grei- fen sind, die sie aber nie ihres unmittelbaren Reizes berauben; Simpsons Musik ist technisch sehr anspruchsvoll, und seine „Ground Divisions“ bieten viel Raum für Fantasien in der klassischen Form von Variationen über einem ostinaten Bass. Ohne seine Flexibilität wäre das Instrument nicht so erfolgreich gewesen. Einige Jahrzehnte lang war die Viola da gamba wirklich eine Welt im Kleinen. T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2008 43 Andreasstadel Durch den Bau des Andreassta- dels am nördlichen Regensbur- ger Donauufer im Jahre 1634 um- gingen die bayerischen Herzöge das Zollrecht der freien Reichs- stadt Regensburg am Salzhan- del. Das imposante Gebäude mit seinen bis zu 1,5m dicken Aus- senmauern aus Bruchstein, mit seiner dreischiffigen, zweige- schossigen Holzkonstruktion und einem darauf aufbauenden dreigeschossigen Speicher ist ein markanter Fixpunkt im Osten des heutigen Regensburger Stadtteils Stadtamhof. Bis ins frühe 19. Jahrhundert hin- ein erfüllte der "kurbayerische Salzstadel" seine Aufgabe als Salzlager. Später wurde er ver- kauft und teilweise öffentlich ge- nutzt. Das marode Gebäude wurde in den Jahren 2003-2004 generalsaniert und dient heute in seinem östlichen Abschnitt als "Künstlerhaus" mit u.a. 28 Ate- lierräumen, einemKino, einer Ga- lerie und zwei Kunstakademien. P ROGRAMM C HRISTOPHER S IMPSON A Division upon a Ground (1610-1669) L UCA P IANCA The Devil’s Dream V ITTORIO G HIELMI Little Dew, Little Light (*1968) S OLOMON E CCLES A new Ground (1618-1682) J OHN P LAYFORD The Duke of Norfolk’s ground (1623-1686) M ARIN M ARAIS Rondeau – Saillie du Café – (1656-1728) La Reveuse – L’arabesque J ACQUES G ALLOT La Comète – Apollon – Gloire (1620-1698) d’Atys – Gigue A NTOINE F ORQUERAY LE P ÈRE La Girouette – Le Carillon de Passy – (1672-1745) La Leclair Vittorio Ghielmi & Luca Pianca Impression von den Tagen Alter Musik 2007: Ciaramella bei einem Überraschungskonzert auf dem Haidplatz Foto: Hanno Meier

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