Tage Alter Musik – Programmheft 2008

ist es die Violine, die mit den Tutti in den raschen, fugierten Abschnitten des Satzes alterniert. Die an- schließende „Air“ ist für Streicher al- lein geschrieben und bildet damit einen überraschenden, wirkungsvol- len Kontrast zu den strahlenden Tex- turen des vorherigen Satzes und zu der reichen Farbpalette der folgen- den Tänze. Ouverture Nr. 2 h-Moll BWV 1067 Die Suite Nr. 2 h-moll ist für Travers- flöte, Streicher und Basso continuo geschrieben und beginnt mit einer typischen französischen Ouvertüre, die zwar im Wesentlichen nach Lul- lys Vorbild geformt ist, dabei aber auch Aspekte der deutschen und der italienischen Musik einblendet. Tatsächlich ist hier – wie in der gesamten, intimen Kammersuite – das Ele- ment des Solokonzerts deutlich vertreten. Der echten, dreiteiligen Ouver- türe, in der das Metrum des ersten Abschnitts durch einen Dreiertakt im dritten ersetzt wird, folgt ein „Rondeau“ in Stil und Tempo einer Gavotte. Dann kommt eine „Sarabande“, ein ehemals schneller Tanz, der mittler- weile aber durch die Arbeit der französischen Opernkomponisten ein vor- nehmes, gravitätisches Tempo angenommen hatte. Zwei „Boureen“ – ein Tanz, der der Gavotte ähnelt, allerdings rascher gespielt wird – führen zu einer „Polonaise“ mit „Double“. Dieser Tanz, dessen Wurzeln man in Polen findet, wurde von Johann Mattheson (einem Zeitgenossen Bachs und zeitweiligen Konkurrenten Händels auf dem Cembalo) folgender- maßen beschrieben: „Wenn ich etwas zu setzen oder solche Worte in Noten zu bringen hätte, darin eine besondre Offenhertzigkeit und ein gar freies Wesen herrschte, wollte ich keine andre Melodien-Gattung dazu er- kiesen, denn die Polnische“. Der „Polonaise“ schließt sich ein „Menuett“ an, der bekannteste Tanz des französischen Hofes, den Monsieur Jourdain („Le Bourgeois Gentilhomme“) besonders schätze. Dann endet die Suite mit einer „Badinerie“ (Scherz, Tändelei), einem virtuosen Schaustück für den Flötisten und ein Satz, der normalerweise nichts mit einem Tanz ge- mein hat. Brandenburgisches Konzert Nr. 2 F-Dur BWV 1047 Trompete, Blockflöte, Oboe und Violine sind die vier Soloinstrumente in den Ecksätzen des zwei- ten Brandenburgischen Konzerts. Derart variable Kombinationen, wie sie auch gelegentlich in Vival- dis Konzerten zu finden sind, erfreuten sich bei den Komponisten Nord- und Mitteldeutschlands zu Bachs Zeit großer Be- liebtheit. Allerdings ver- mochte keiner von Bachs Kollegen gleichermaßen kunstvoll-vielschichtige musikalische Strukturen wie die im ersten Satz dieses Konzertes zu schaf- fen. Der langsame Mittelsatz, ein Andante in d- Moll, hebt sich mit seinem lyrischen Charakter deutlich von den beiden Außensätzen ab. In die- sem kammermusikalischen Stück wird die melodische Hauptidee von der Solovioline eingeführt, von der Oboe weiter- geführt und zuletzt von der Block- flöte über einem Continuo in sanft wiegenden Vierteln übernommen. Die Trompete tritt im fugierten Fi- nale auf den Plan: Sie stellt eine lebhafte Melodie vor, die auf engem Raum kontra- punktisch von den restlichen Soloinstrumenten und Ripieno-Streichern weiterentwickelt wird. T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2008 45 Pierre Hantaï A USFÜHRENDE L E C ONCERT F RANÇAIS Luis Otavio Santos (Konzertmeister), Yoko Kawakubo, Flavio Losco, Bérangère Maillard, Alba Roca, Guya Martinini Violine Marta Paramo, Patricia Gagnon Viola Rainer Zipperling, Étienne Mangot Violoncello Xavier Puertas Kontrabass Marc Hantaï Traversflöte Hugo Reyne Blockflöte Antoine Torunczyk, Jean-Marc Philippe Oboe Guy Ferber, Emmanuel Alemany, René Maze Trompete Carles Cristobal Fagott Thomas Holzinger Pauke Maude Gratton Cembalo P ROGRAMM J OHANN S EBASTIAN B ACH Ouvertüre Nr. 1 C-Dur BWV 1066 (1685-1750) Ouverture – Courante – Gavotte I/II – Forlane – Menuet I/II – Bourrée I/II – Passepied I/II Soli: Antoine Torunczyk, Oboe I, Jean-Marc Philippe, Oboe II, Carles Cristobal, Fagott Brandenburgisches Konzert Nr.2 F-Dur BWV 1047 Ohne Satzbezeichnung – Andante – Allegro assai Soli: Luis Otavio Santos, Violine Hugo Reyne, Blockflöte Antoine Torunczyk, Oboe Guy Ferber, Trompete PAUSE Ouvertüre Nr. 2 h-Moll BWV 1067 Ouverture – Rondeau – Sarabande – Bourrée I/II – Polonaise – Menuet – Badinerie Solo: Marc Hantaï, Traversflöte Ouvertüre Nr. 3 D-Dur BWV 1068 Ouverture – Air – Gavotte I/II – Bourrée – Gigue Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Vol- ker Platte, 42897 Remscheid/Lennep, für die freundliche Bereitstellung des Cembalos. Foto: P. Matsas A. Torunczyk L. O. Santos H. Reyne G. Ferber

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