Tage Alter Musik – Programmheft 2009

ist regelmäßig auf verschiedenen Festivals für Alte Musik zu Gast, so z.B. in Brügge, Antwer- pen, Utrecht und St. Petersburg. Im Jahre 2005 wurde er vom flämischen Radiosender Klara zum „Festivalstar“ des Brügger Musica Antiqua Festivals gekürt. Ab 2007 ist er für drei Jahre mit seinen Ensembles „Artist in Residence“ im Zen- trum für Alte Musik Augustinus in Antwerpen. Er hat CDs für die Labels Passacaille, Eufoda, Ac- cent, Opus 111, Klara und Ramée eingespielt. Peter Van Heyghen ist außerdem als Musikwis- senschaftler, Publizist und Lehrer aktiv. Er un- terrichtet Historische Aufführungspraxis an den Königlichen Konservatorien in Den Haag und Brüssel, gibt regelmäßig Meisterkurse, Work- shops und Gastvorlesungen im In- undAusland In den letzten Jahren ist Peter Van Heyghen zu- nehmend als Dirigent und Lehrer auf dem Ge- biet der Barockoper tätig. Zusammen mit der Regisseurin und Choreographin Sigrid T’Hooft leitet er seit 2003 den Opernworkshop im Rah- men der Händel-Akademie in Karlsruhe und beide übernahmen im Februar 2009 am Badi- schen Staatstheater Karlsruhe die künstlerische Leitung für die Produktion der Händeloper Ra- damisto. Zum Programm: Von „Fairest Isle“ zu „Rule, Britannia !“ „Fairest Isle” und „ Rule, Britannia“ sind zwei der bekanntesten Lieder des englischen Hochba- rock. Beide entstanden im Zusammenhang mit Bühnenwerken. „Fairest Isle“ stammt aus Henry Purcells Oper „King Ar- thur“ (1691) und Rule Britannia aus Thomas Augustine Arnes Mas- que „Alfred” (1740). Ob- wohl sie in einem Ab- stand von nur knapp 50 Jahren entstanden, gibt es im Grunde keine Ver- bindung zwischen den Welten, wofür sie ste- hen. „Fairest Isle” ist ein Lobgesang auf das Zeit- alter der absoluten Monarchie, auf das alte tra- ditionell hierarchisch strukturierte Königreich England vor der Revolution 1688. „ Rule, Britan- nia“ ist eine Ode an das 1707 gegründete Verei- nigte Königreich, das vor allem dank seines mo- dernen Verwaltungssystems schnell zu einer führenden Weltmacht aufstieg. Als Einleitung zu einem Konzertprogramm mit instrumentaler Barockmusik würde dies nur interessante Hin- tergrundinformation sein, aber die beschriebene politische Situation und die sozialgeschichtliche Entwicklung Englands spiegeln sich deutlich wider in den Kompositionen jener Zeitepoche. Matthew Locke und Henry Purcell sind ohne Zweifel die renommier- testen Komponisten der Restauration, der Peri- ode der englischen Ge- schichte zwischen 1600, dem Jahr, in dem die Monarchie wiederher- gestellt wurde, und dem Ende des 17. Jahrhun- derts. 1674 kompo- nierte Matthew Locke die Theatermusik zu Thomas Shadwells Adaption von Shakes- peares „Sturm“. Eini- ge Sätze dieser Suite sind vermutlich von Lockes weniger be- kanntem Zeitgenos- sen Robert Smith. Locke verbindet in „The Tempest“ die Tradition der engli- schen Polyphonie aus der ersten Hälfte des 17. Jh. mit modernen Elementen der franzö- sischen Tanzmusik, die damals am Hof des englischen Königs Karl II. sehr in Mode war. Henry Purcell war stark von Matthew Locke beeinflusst und avancierte nach Lockes Tod 1677 zum bedeu- tendsten Komponisten Englands seiner Zeit. Erst in den letzten sieben Jahren seines Lebens widmete sich Purcell ganz der Theatermusik. Die meisten Werke, die er für das Theater schrieb, wären wahrscheinlich für immer verlo- ren gewesen, wenn nicht 1697, zwei Jahre nach seinem frühen Tod, in London eine Publikation erschienen wäre mit dem Titel A Collection of Ayres. Compos’d for the Theatre . Diese Ausgabe, die alle 13 bekannten Suiten mit Theatermusik von Purcell enthält, war bahnbrechend, weil zum ersten Mal Theatermusik im Druck veröf- fentlicht wurde, um im häuslichen Kreis oder in öffentlichen Konzertveranstaltungen aufge- führt zu werden. Davor war wahrscheinlich nur Purcells Musik zu „Dioclesian“ einem breiteren Publikum bekannt, da es das einzige Werk Pur- cells war, von dem zu seinen Lebzeiten eine vollständige Partitur veröffentlicht wurde. Ob- gleich die Orchestersuiten zu den Theater- stücken vom Genre her unmissverständlich französisch waren, so behält Purcells Theater- musik dennoch typisch englischen Charakter durch zahlreiche Zitate populärer englischer Tanz- und Liedformen. Der große Einfluss von Adel und Bürgertum auf das gesellschaftliche Leben Englands läutete ab 1689 auch für das englische Musikleben eine neue Periode ein, die einerseits viel weniger um den Hof zentralisiert war und andererseits die Tür für Komponisten und Musiker aus dem Ausland öffnete. Da französische Musik überall in Europa als Symbol des Absolutismus gesehen wurde und italienische Musik gerade die Werte des Bürger- tums verkörperte, wurde die englische Haupt- stadt London um 1700 sehr schnell zum Zen- trum italienischer Musikkultur. Bekannte Kom- ponisten wie Corelli, Händel und Geminiani wurden Göttern gleich verehrt, aber auch weni- ger bekannte wie Ariosti, Bononcini und Porpo- ra, Instrumentalisten wie Castrucci und Sam- martini und Sänger wie Bordoni, Cuzzoni, Du- rastanti, Senesino, Ca- restini und Farinelli fei- erten große Erfolge im Londoner Musikleben. Englische Musiker und Komponisten spielten während dieser Periode bis etwa 1740 eine deut- lich untergeordnete Rolle. Der blinde Komponist John Stanley ori- entierte sich sehr am italienischen Kompositi- onsstil und machte sich damit einen Namen. Be- kannt sind vor allem seine dreißig „Voluntarys“ für Orgel. Er schrieb aber auch zwei bemerkens- werte Sammlungen Concerti grossi mit jeweils sechs Concerti. Die erste Sammlung, 1742 veröf- fentlicht, aus der wir heute das h-Moll-Concerto spielen, beweist, wie gut Stanley den italieni- schen Stil eines Corelli beherrschte. Diese Con- certi grossi von 1742 gehören zweifelsohne zu den besten englischen Werken dieses Genres. T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2009 11 Neuhaussaal Der Bau des Stadttheaters mit dem Neuhaussaal wurde unmit- telbar nach der Säkularisation vom neuen Stadtherrn, dem Kur- fürsten und Erzkanzler Carl von Dalberg, in Auftrag gegeben. Der Architekt d'Herigoyen schuf das Stadttheater im Jahr 1804. Nach einem Brand wurde es 1849 in etwas veränderter Form wie- deraufgebaut. Ein Mittelteil mit Dreiecksgiebel und seitliche Bal- kone zeichnen den Bau aus, der eine reiche Theatergeschichte schreibt. Der klassizistische Neu- haussaal kann auf eine reiche Konzert- und Ballgeschichte zurückblicken. Matthew Locke Peter Van Heyghen Henry Purcell John Stanley

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