Tage Alter Musik – Programmheft 2009

den USA, Lateinamerika, China, Japan und Isra- el. Die Zahl der CD-Einspielungen, bei denen er als Oboist oder Leiter mitwirkte, liegt mittler- weile im dreistelligen Bereich. Seine Dirigen- tentätigkeit hat er in den letzten Jahren intensi- viert. Daneben beschäftigt er sich mit der Erfor- schung historischer Oboeninstrumente und hat dazu zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften ver- öffentlicht. Er baut selbst Barockoboen und klas- sische Oboen und unterrichtet auch regelmäßig in Sommerkursen in Urbino, Venedig und Inns- bruck. Seit 1992 unterrichtete er Barockoboe am Amsterdamer Konservatorium. Zum Programm: Feuerwerksmusik und Concerti a due cori Die Kompositionsgeschichte der Feuerwerksmu- sik von Händel ist bekanntermaßen mit der Feier des Friedensschlusses von Aachen, der am 7. Oktober 1748 unterzeichnet wurde und damit den österreichischen Erbfolgekrieg beendete, verbunden. Maria Theresia von Österreich konnte nun mit voller Berechtigung das Erzher- zogtum ihres Vaters regieren und sich dank des kaiserlichen Status ihres Ehemannes Franz I. Stephan von Lothringen auch des kaiserlichen Titels erfreuen. Die zurückeroberte Krone konn- te nun auch, wie es Tradition war, an die habs- burgisch-lothringische Nachkommenschaft ver- erbt werden. England konnte zwar nur einen bescheidenen Vorteil aus dem Kriegswirrwarr ziehen-am Ende dessen sich hauptsächlich der status quo der Vorkriegszeit wiederhergestellt hatte-, aber es hatte guten Grund, die gewichene Gefahr einer Vergrößerung des Territoriums der fränkisch-preussischen Herrschaftslinie zu fei- ern; zudem versuchte man sich als Sieger glaub- haft zu machen. Es gab also nichts Besseres als ein schönes Fest im Freien, mit großem Feuer- werk und grandioser Musik vom Vorzei- gekünstler Englands: Georg Friedrich Händel, der zudem den Liebhabern von pyrotechni- schen Spektakeln bereits bekannt war, da seine Musik schon jahrelang die Feuerwerke in den öffentlichen Londoner Parks begleitete. Die Unternehmung schien jedoch unter keinem guten Stern zu stehen. Wie Donald Burrows und Christoher Hogwood im Detail berichteten, drohte die Konstruktion der Bühne, die dem Er- eignis im Londoner Green Park (St. James’s Upper Park) Raum bieten sollte, eine Dauerbau- stelle zu werden: obwohl die Arbeiten daran schon im November 1748, also einen knappen Monat nach der Unterzeichnung des Friedens- vertrages, begonnen hatten, waren sie auch am 23. März des Folgejahres, am Ende der Oratori- ensaison Händels, noch immer nicht beendet worden. Die Korrespondenzen zwischen Earl Montagu (Superintendent der Artillerie) und Charles Frederick (Inspekteur der königlichen Feuerwerke) ermöglichen es uns, hinter die Ku- lissen zu schauen und uns klar zu machen, wie mühsam die Zusammensetzung des Spektakels voranging. Man hatte schwer zu schaffen mit der Erstellung der Partitur, welche die Einge- bungen und den nicht gerade einfachen Cha- rakter Händels mit den Ideen und dem eben- falls nicht gerade einfachen Charakter Georges II. vereinen musste, wobei sich die beiden oben erwähnten Herren äußerst bemüht als Vermitt- ler versuchten. Die Streitigkeiten betrafen vor allem die Beset- zung des Orchesters, wobei man einen für Hän- del offenbar nur wenig zufrieden stellenden Kompromiss schloss (sodass er das Werk bei nächster Gelegenheit erneut uminstrumentier- te), und die Wahl des Probenortes. Ursprünglich sah das Projekt offenbar eine große Anzahl von Trompeten und Hörnern vor (je 16), wogegen sich der König entschieden zur Wehr setzte; der Komponist gedachte sie daher auf je 12 zu redu- zieren und das Orchester dafür mit Streichern zu ergänzen, doch auch diese Lösung fand kei- nen Gefallen beim König. Das endgültige Er- gebnis war ein reiner Bläsersatz, dessen genaue Zusammensetzung Händel strikt vorschrieb: 24 Oboen, 12 Fagotte, 1 Kontrafagott, 9 Trompeten, 9 Hörner und 3 Paukenpaare. Tatsächlich trägt die handschriftliche Originalpartitur Spuren von gestrichenen verdoppelnden Streicherstim- men, was aber auch falsch verstanden werden kann: es ist schwierig zu beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um nachträgliche Veränderun- gen während der Aufführungen, die dem Wunsch Georges des II. folgen, oder aber um ur- sprüngliche Streichungen durch Händel selbst. Schließlich akzeptierte der Komponist auch, wenigstens eine öffentliche Probe zu halten: in den Vauxhall Gardens spielte ein 100-köpfiges Orchester vor 12.000 Zuhörern; das hatte solch einen großer Andrang zur Folge, dass der Lon- doner Straßenverkehr für mehr als drei Stunden lahm gelegt war! Doch die optimalen Voraussetzungen der Gene- ralprobe konnten bei der eigentlichen Auf- führung (am 27. April 1749) nicht aufrechterhal- ten werden, denn es kam zu technischen Proble- men (darunter war ein echter Brand!) und Strei- tigkeiten zwischen dem zuständigen Ausstatter der Inszenierung, dem berühmten Giovanni Ni- colò Servandoni, und dem oben bereits erwähn- ten Frederick, die sogar zu einer Herausforde- rung zum Duell führten; möglicherweise wurde die Musik bereits vor dem pyrotechnischen Spektakel aufgeführt, doch die überlieferten Be- richte über das unglückliche Ereignis konzen- trieren sich vorwiegend auf all die verhängnis- vollen Verkettungen bei der Inszenierung und schenken dieser Tatsache keine große Beach- tung. Händel ließ jedoch nicht zu, dass sein Werk von dem allgemeinen Desaster überschattet wurde, und setzte es etwa einen Monat nach diesem schicksalhaften Ereignis für ein Wohltätigkeits- konzert beim Foundling Hospital, dem Londo- ner Waisenhaus, mit dem er dauerhafte und fruchtbare Beziehungen pflegte, erneut auf den Spielplan. Für seine große und feierliche Kom- position gestaltete der Maestro aus Halle eine Suite mit Ouvertüre und vier Sätzen in französi- T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2009 19 FC Zefiro Foto: Vito Magnanini Georg Friedrich Händel

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