Tage Alter Musik – Programmheft 2009

Op. 3/2 stammt aus derselben Zeit und enthält Sätze, die Händel auch in einer Fassung der Ouvertüre zur Brockes-Passion verwendete. Es ist denk- bar, dass dieses großangelegte Konzert – eines der besten dieser Samm- lung überhaupt – auch für das Orchester des Opernhauses bestimmt ge- wesen sein mag. Die Konzerte op. 3/3 und op. 3/5 schwanken zwischen Orchester- und Kammermusik, wobei sie sich weitgehend auf das Material der Ouver- türen zu den sogenannten „Chandos Anthems“ stützen. Drei Sätze aus Nr. 5 wurden direkt aus diesen Werken übernommen, die Händel zwi- schen 1717 und 1718 für das kleine Ensemble des ersten Herzogs von Chandos, James Brydges in Cannons komponiert hatte. Wenngleich in den frühesten handschriftlichen Quellen das komplette Werk mit „Sona- ta“ überschrieben ist, so ist doch die Erhabenheit der ersten beiden Sätze für die Aufführung durch ein Orchester offensichtlich vollkommen geeig- net. Die ersten beiden Sätze des Konzertes Nr. 3 sind ebenfalls Bearbei- tungen von Werken aus Cannons, wie auch der letzte Satz auf eine Cem- balofuge aus etwa derselben Zeit zurückgeht. Leider veröffentlichte der Verleger Walsh in diesem Fall die Musik nur in einer plumpen, mit Si- cherheit nicht von Händel stammenden Bearbeitung, die für die heutige Aufführung auf angemessene Weise korrigiert wurde. Johan Helmich Roman (1694-1758) Im Jahre 1728 gab der russische Botschafter in Stockholm, Graf Nikolai Fiodorovitz Golovin, dem Komponisten Johan Helmich Roman, dem schwe- dischen Meister der Hofmusik, den Auftrag, Musik für die Krönung des neuen Zaren Peter II. zu schreiben. Die Musik für die Festlichkeiten umfas- ste fünfundvierzig Orchesterstücke in einer Viel- zahl von Orchestertraditionen. Diese Musik ist re- präsentativ für viele der in Europa in jener Zeit populären Musikstile; es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass diese Stücke als ein Zyklus ge- dacht sein sollten oder in irgendeiner besonderen Reihenfolge gespielt werden sollten. Concerto Copenhagen spielt eine Folge (Suite) von acht Stücken aus der Golovin-Musik. Weniger als die Hälfte der Stücke trägt Tempo-Bezeichnungen, aber das ist in der Barockmusik nicht ungewöhn- lich, und Stil und Tempo können immer aus den vorliegenden Noten ge- schlossen werden. Gigues, Gavotten, royale französische Ouvertüren, Menuette, langsame instrumentale Ariosos – die Golovin-Musik hat das alles, und trotz der Eile, in der Roman anscheinend die meisten Stücke komponierte, ist die Leistung rein musikalisch eine großartige. Die Musik hat Raffinesse und doch auch eine intuitive, massenwirksame Kraft; und von Zeit zu Zeit erlaubt sich Roman einen wohlgemeinten Trick, der den Beigeschmack der witzigen Eskapaden Händels und, eine Dekade oder zwei später, des frühen Haydn hat. Stilistisch gesehen ist das Oboe d’amore-Konzert neben dem Flötenkon- zert Johan Helmich Romans „modernstes“ Konzert, dessen Solopart sehr in den Orchesterpart eingebunden ist. Während die erste Violine fast immer den Solopart der Oboe d’amore be- gleitet, werden die Ritornelle fast ausschließlich ohne das Soloinstrument gespielt. Der erste Satz, ein Allegro moderato, ist dreiteilig mit einem Mittelteil in Moll und hat eine formale Anlage wie sie in italienischen Opernarien in der Mitte des 18. Jahrhunderts üblich war. Der zweite Satz, ein Andante lento, ist in einer Ritornell-Form geschrieben, bei der das Ritornell sowohl während der Solo-Episoden als auch während der späteren Orchesterpas- sagen ungewöhnlich frei gestaltet wird. Dies gibt dem Solisten die Gele- genheit zu einem eleganten Cantabile, wobei die ersten Geigen das Solo fast ununterbrochen begleiten. Der dritte Satz, Presto/Allegro assai, fühlt sich an wie ein Sinfonie-Finale im Galanten Stil mit pulsierenden Achtelnoten besonders in der Basslinie. Er ist in einer da-capo-Form komponiert mit der Ausnahme, dass das erste Orchester-Ritornell in der Reprise ausgelassen wird. Der Mittelteil bietet einen Kontrast in Tonart und Tempo (Largo) und schafft so ein star- kes Gegengewicht zum ruhelosen Fluss der äußeren Teile des Satzes. T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2009 45 A USFÜHRENDE C ONCERTO C OPENHAGEN Fredrik From (Konzertmeister), Kanerva Juutilainen, Stefanie Barner, Lena Tove Violine I Bjarte Eike, Gabriel Bania, Hanna Ydmark, Elisabet Enebjörn Violine II Rastko Roknic, Marie-Louise Marming Viola Judith-Maria Olofsson, Thomas Pitt Violoncello Lars Baunkilde Violone Katy Bircher Traversflöte & Blockflöte Frank de Bruine Oboe I Lars Henriksson Oboe I Jane Gower Fagott Lars Ulrik Mortensen Cembalo P ROGRAMM G EORG F RIEDRICH H ÄNDEL Concerto grosso B-Dur, op. 3 / Nr. 2 HWV 313 (1685-1759) Vivace – Largo – Allegro – Moderato – Allegro J OHAN H ELMICH R OMAN Golovin – Suite (aus der Festmusik für (1694-1758) Graf Golovin) BeRi 1 Entrée – Larghetto – Gavotte 1 & 2 – Hornpipe – Siciliano – Allegro – Allegro G EORG F RIEDRICH H ÄNDEL Concerto grosso F-Dur, op. 3 / Nr. 4 HWV 315 [Ouverture] – Andante – Allegro – Menuet I & II PAUSE G EORG F RIEDRICH H ÄNDEL Concerto grosso für Flöte, Streicher und Basso continuo G-Dur, op. 3 / Nr. 3 HWV 314 Largo e staccato – Allegro – Adagio - Allegro J OHAN H ELMICH R OMAN Konzert für Oboe d’amore und Orchester D-Dur BeRi 53 Allegro moderato – Andante lento – Allegro assai G EORG F RIEDRICH H ÄNDEL Concerto grosso d-Moll, op. 3 /Nr. 5 HWV 316 [Andante] – Allegro – Adagio – Allegro ma non troppo - Allegro Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Matthias Kramer, 21224 Rosengarten, für die freundliche Bereitstellung des Cembalos. J. H. Roman

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=