Tage Alter Musik – Programmheft 2010

wie aus dem Wasser ragende Spitzen von Eisbergen nur erahnen lassen, welch gewaltige Massen sich unter der Oberfläche verbergen“, die also nur einen kleinen Einblick in die verklungene Praxis eines im 15. Jahrhundert florierenden „fertigen“ Stils geben können. Und so hofft Pérez, dass diese „neue Art der Beschäftigung Früchte tragen wird und der historischen und künstlerischen Bedeutung dieser Quellen gerecht wird“. Conrad Paumann gilt als einer der wichtigsten deutschen Musiker des 15. Jahrhunderts. Nimmt man als sein wahrscheinliches Geburtsjahr 1409 an, so wäre das heutige Konzert sozusagen eine Hommage an seinen 601. Geburtstag. Paumann war von Geburt an blind, wirkte in Nürnberg als Organist an St. Sebald und als Stadtorganist, ging um 1450 nach München an den Hof der Herzöge Ernst und Wilhelm III. sowie Albrecht III.. Er war zwar als Hoforganist angestellt, muss aber wohl eine Vielzahl an Instrumenten gespielt haben, wie ein Relief in der Münchner Frauenkirche zeigt, auf dem er mit Laute, Blockflöte, Harfe, Fidel und Portativ-Orgel abgebildet ist. Über sein Amt hinaus war er auch ein gesuchter Orgelsachverständiger und unternahm viele Auslandsreisen. Der „kunstreichste Meister aller Instrumente“, „Il cieco miracoloso“, „Der wunderbare Blinde“, wurde in Italien sogar zum Ritter geschlagen, und vergeblich versuchte der Hochadel in Mailand und Neapel, ihn an seine Höfe zu ziehen. In den letzten Lebensjahren wirkte Paumann, der auch wegen seiner Improvisationskunst berühmt war, als Organist an der Münchner Frauenkirche. Die Interpretation seiner Musik durch das EnsembleTasto Soloist eine echte Entdeckung und es bleibt zu hoffen, dass das spanische Ensemble noch viele solcher Schätze zu heben vermag. Hier wird ein Eindruck vermittelt, wie farbig die Instrumentalmusik im Mittelalter gewesen sein kann und auch wenn man als Nichtfachmann die vielen verschiedenen Kunstgriffe des Komponisten nicht im Einzelnen nachvollziehen kann, zeigt die lebendige Improvisationskunst Parallelen zur traditionellenMusik oder auch zum Jazz und schafft es so, eine Brücke zu schlagen zwischen dem gar nicht so „dunklen Mittelalter“ und der Gegenwart. © Marc Lewan / Guillermo Pérez TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2010 41 PROGRAMM Redeuntes in Re [Buxheimer Orgelbuch] Des meyen zit die fört daher [Buxheimer Orgelbuch – Lochamer Liederbuch] Wach auff mein hort [Lochamer Liederbuch – Buxheimer Orgelbuch] Des klaffers neyden [Lochamer Liederbuch] Bonus tenor * Conlacrime [Lochamer Liederbuch – Buxheimer Orgelbuch] O werder trost, Min Liebste zart [Buxheimer Orgelbuch] Redeuntes in Ut [Buxheimer Orgelbuch] Anauois [Lochamer Liederbuch] Praeambulum super F [Lochamer Liederbuch – Buxheimer Orgelbuch] Stüblin [Buxheimer Orgelbuch] Redeuntes in La [Buxheimer Orgelbuch] En discort (Virginem mire pulchritudinis) [Buxheimer Orgelbuch] Wilhelmus Legrant [Lochamer Liederbuch – Buxheimer Orgelbuch] Ellend und Jamer [Buxheimer Orgelbuch] Ellend dw hast [Lochamer Liederbuch] Redeuntes & Praeambulum super D [Buxheimer Orgelbuch] Mit ganczem Willen wünsch ich dir [Lochamer Liederbuch] Quellen: Buxheimer Orgelbuch [München, Bayerische Staatsbibliothek, CIM 352b] Lochamer Liederbuch [Berlin, Staatsbibliothek Mus. 40613] *: [Wroclaw/Breslau, Biblioteka Uniwersytecka, I F 687] Wir danken der Meisterwerkstätte für Orgelbau, Josef Maier, 88138 Hergensweiler für die freundliche Bereitstellung der Truhenorgel. Tasto Solo wird unterstützt vom Institut Ramon Llull. Mit freundlicher Unterstützung des Instituto Cervantes München. Schottenkirche Um 1090 erhielten irische Benediktiner ein Grundstück vor den Mauern der Stadt zum Bau ihres Klosters. Von der ersten Jakobskirche, die 1120 geweiht wurde, sind die beiden Osttürme erhalten. St. Jakob wurde das Mutterkloster aller Nierderlassungen irischer Mönche im deutschsprachigen Raum. 1216 war der Bau vollendet. Im 16. Jahrhundert lösten schottische Mönche die Iren von St. Jakob ab, und bis 1862 gehörte das Kloster zum schottischen Zweig der Benediktiner. Die Schottenkirche ist vor allem berühmt wegen ihres Portals mit seinem rätselhaften plastischen Schmuck. Hinter dem Portal im Inneren ist die liegende Figur des Mönches Rydan als Türschließer dargestellt. Der Mönchschor besitzt noch die alten steinernen Chorgestühlschranken und den originalen Bodenbelag des 12. Jahrhunderts. Die Gestaltung der vielen Säulchen hat Parallelen in der englischen Architektur. Verschiedene Ausstattungsstücke haben sich erhalten: die romanische Kreuzigungsgruppe, eine Madonna und die Heiligen Jakobus, Paulus und Christophorus aus dem 14. Jahrhundert. Josef Maier Orgelbaumeister Kirchenorgeln Hausorgeln Truhenorgeln Neubau Stimmung Restaurierung Orgelpflege Verleihinstrumente Konzertservice Tel.: +49-(0)8388-9201-0 · Fax: +49-(0)8388-9201-11 · Rosshimmel 19/21 88138 Hergensweiler · Orgelmaier@aol.com · www.orgelbau-maier.de Lindau,Münster,1993, II,29 Reg.

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