Tage Alter Musik – Programmheft 2010

um, gefolgt von typisch französischen Tanzsätzen), haben sie sehr verschiedene Charaktere: Die G-Dur-Suite mit einem rauen polnischen Volkstanz, der ein exotisch-humorvolles Element hinzufügt, ist extrovertiert und fröhlich, während die a-Moll-Suite melancholisch und introvertiert ist. Diese Suiten sollten jedem der drei Soloinstrumente (Traversflöte, Violine und Violoncello/Gambe) Gelegenheit bieten zu glänzen. Der fortwährende Austausch musikalischen Materials zwischen ihnen wurde als Nachahmung eleganter, geistreicher Unterhaltung aufgefasst. Hier finden wir die Ideale einer zivilisierten Gesellschaft wie der des Frankreich der Aufklärung in ein Gewebe schimmernden Klangs umgewandelt. Sehr ähnlich in Geschmack und Note ist die Suite für zwei Bassinstrumente aus Les Goûts-Réunis . Hier nutzt Francois Couperin die wunderschönen Timbres dieser Instrumente in einem Werk voller Charme, Anmut und dem unwiderstehlichen Humor, den die französische Gesellschaft so sehr schätzte. Georg Friedrich Händelwar berühmt als Improvisator auf der Orgel und als Komponist von Opern italienischer Art. Man betrachtete seine Musik als maskulin und energiegeladen („nervous” war im 18. Jahrhundert der englische Begriff dafür) und außerordentlich leidenschaftlich. Das heutige Programm betont diese beiden Qualitäten, denn wie dieE-Dur-Cembalosuite, besonders in ihren berühmten Melodien und Variationen am Schluss, Händels performative Geschicklichkeit vorführt, so zeigt die Triosonate in h-Moll seinen stürmischsten und leidenschaftlichsten Stil. Michel Blavet, der größte Flötist seiner Zeit, mag unter solch bedeutenden Komponisten ein wenig fehl am Platz scheinen, aber seine bezauberndeSonate in e-Moll für Traversflöte und Basso continuo ist ein wichtiges Bindeglied in diesem Programm; denn sie illustriert nicht nur die Integration des italienischen und des französischen Stils in das Repertoire eines der für Frankreich typischsten aller Instrumente, sondern es war auch Blavet selbst, der die „Pariser Quartette“ in Paris während Telemanns Besuch dort aus der Taufe hob. So bietet das heutige Programm den Komponistenhelden des 18. Jahrhunderts eine Chance zu sprechen, ohne mit der Musik des übermächtigen J. S. Bach verglichen zu werden. Es ist bemerkenswert, dass – obwohl wir heute meinen, wir müssten Partei ergreifen und die eine Ästhetik der anderen vorziehen – Bach die Musik von Händel, Telemann und Couperin kannte und bewunderte. In der Tat behauptet ein Gerücht, dass sie alle im Briefwechsel miteinander standen: Wir wissen, dass Bach und Telemann Freunde waren, immerhin stand Telemann Pate für C. Ph. E. Bach. Aber es gibt auch eine unbelegte Legende, dass Bach und Couperin miteinander korrespondierten. In der Tat sollen diese verlorenen Briefe, die für uns faszinierenden Lesestoff böten, sich am Ende mit Krügen für hausgemachte Marmelade beschäftigt haben. Aber das ist höchstwahrscheinlich nur das süße Ende einer apokryphen Geschichte. © Rex Snowe TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2010 43 AUSFÜHRENDE MUSICA ADRHENUM Jed Wentz Traversflöte Igor Ruhadze Violine Cassandra Luckhardt Viola da gamba Job ter Haar Violoncello Michael Borgstede Cembalo PROGRAMM GEORGPHILIPPTELEMANN Pariser Quartett G-Dur TWV 43: G4 für (1681-1767) Traversflöte, Violine, Viola da gamba und Basso continuo Prélude un peu vivement – Légèrement – Gracieusement – Vite – Modéré – Gay – Lentement-vite-lentement-vite MICHELBLAVET Sonate für Traversflöte und Basso continuo (1700-1768) e-Moll opus 2 La Dhérouville Adagio – Allemande – L’Insinuante –Tambourins I & II – Giga Allegro GEORGFRIEDRICHHÄNDEL Triosonate h-Moll op. 2/1 für Traversflöte, (1685-1759) Violine und Basso continuo Andante – Allegro ma non troppo – Largo – Allegro PAUSE GEORGFRIEDRICHHÄNDEL Suite Nr. 5 E-Dur HWV 430 für Cembalo solo Prélude – Allemande – Courante – Air FRANCOISCOUPERIN 12ième Concert fromLes Goûts-Rénuis (1668-1733) (Paris, 1724) Pointé – Coulé – Badinage – Lentement et Pathétiquement – Air GEORGPHILIPPTELEMANN Pariser Quartett a-Moll TWV 43: a2 für Traversflöte, Violine, Viola da gamba und Basso continuo Prélude Allègrement – Flatteusement – Légèrement – Un peu vivement – Vite – Coulament Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Detmar Hungerberg, 42499 Hückeswagen für die freundliche Bereitstellung des Cembalos.

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