Tage Alter Musik – Programmheft 2010

Wilson, in den interessanten Barock- und Renaissance-Programmen des Ensemble Weser Renaissance, geleitet von Manfred Cordes, in San Francisco mit Double Band unter René Jacobs, gefolgt von Konzerten mit Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe und der Rheinischen Kantorei unter Hermann Max. Sie arbeitet auch regelmäßig mit dem von Bruce Dickey und Charles Toet geleiteten Concerto Palatino. Sie wirkte bei zahlreichen CD-Produktionen mit. Besonders hervorzuheben sind die Bachkantateneinspielungen mit Montreal Baroque unter Eric Milnes. Neueste Produktionen sind: „Musical banquet“, Lautenlieder mit Monika Mauch und Nigel North beim Label ECM und Händel „Neun deutsche Arien“, Carus Verlag mit L’Arpa Festante. Die aus Stuttgart stammende Mezzosopranistin Ulrike Mayer studierte bei Thomas Quasthoff an der Hochschule für Musik Detmold und bei Klesie Kelly an der Hochschule für Musik Köln. Bereits während ihres Studiums wurde sie an das Theater Magdeburg engagiert, dessen Ensemble sie bis 2009 angehörte. Die junge Sängerin gastierte an der Deutschen Oper Berlin, am Staatstheater Mainz und dem Anhaltischen Theater Dessau und folgte Einladungen nach Schloss Elmau, zum Kurt-Weill-Fest Dessau, zum Mannheimer Mozartsommer, den Schwetzinger Festspielen und der Ruhrtriennale. Ihr umfangreiches Lied- und Oratorienrepertoire führte sie zu Konzerten nach Spanien, Russland, Albanien und Litauen und ließ sie mit verschiedenen renommierten Orchestern zusammenarbeiten. Sie sang bei der Wiedereröffnung der Dresdner Frauenkirche und 2006 debutierte sie an der Opèra de Bastille in Paris. Der 23-jährige TenorMichael Mogl erhielt seine erste musikalische Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen. Sowohl als Knaben- wie auch als Männerstimme war er bei zahlreichen Auftritten solistisch tätig. Seit Herbst 2007 studiert er bei Prof. Christoph Prégardien an der Musikhochschule Köln. Er kann bereits eine rege Konzerttätigkeit im In- und Ausland vorweisen. Sein Repertoire umfasst Werke von Händels Messias über das Requiem von Mozart bis hin zu den Arien der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach und der Markuspassion von Reinhard Keiser. 2006 war der junge Tenor Stipendiat des Richard-Wagner-Verbandes und erhielt im Jahr 2007 einen Förderpreis der KaiUwe-von-Hassel-Stiftung. Im Frühjahr 2009 ist eine CD-Einspielung von Georg Joseph Voglers Requiem zusammen mit dem Orpheus Chor München und der Neuen Hofkapelle München bei Oehms classics erschienen. Der BaritonBenjamin Applbekam seine musikalische Grundausbildung bei den Regensburger Domspatzen. Derzeit ist er Student in der Klasse von Prof. Edith Wiens sowie in der Liedklasse von Prof. Helmut Deutsch an der Hochschule für Musik und Theater München und an der Bayerischen Theaterakademie August Everding. Ende 2009 schloss er ein paralleles Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Diplom ab. Seit März 2007 ist Benjamin Appl Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Orchestern und Ensembles erarbeitete sich Benjamin Appl als Solist ein umfangreiches Konzertrepertoire. So war er z.B. mit Händels Messiah in Paris, mit BachsWeihnachtsoratoriumbei den Internationalen Haller Bach-Tagen, mit Bach-Kantaten bei den Züricher Bach-Tagen sowie mit Haydns Schöpfung in der Wieskirche zu hören. Im Juli und August 2010 ist Benjamin Appl im Rahmen des Steans Institute for Young Artists zu Gast beim Ravinia Festival in Chicago. Opernerfahrung sammelte der lyrische Bariton als Ernesto in Haydns Oper Die Welt auf dem Mond sowie als Minister in Johann Strauß‘ Wiener Blut . Im Juni 2009 übernahm er die Rolle des Schaunard in PuccinisLa Bohèmemit dem Münchner Rundfunkorchester unter dem Dirigat von Ulf Schirmer, unter dessen musikalischer Leitung Benjamin Appl auch im Februar 2010 in der Oper Tri sestri von Peter Eötvös den Baron Tusenbach sang. In der gleichen Rolle debutiert Benjamin Appl im Juli 2011 an der Deutschen Staatsoper Unter den Linden Berlin. Zum Programm: Die Kirchenmusik beschäftigte Franz Schubert ein Leben lang. Zu Lebzeiten des Komponisten erfuhr seine Kirchenmusik eine vergleichsweise weite Verbreitung, danach gerieten vor allem seine kleineren Werke in Vergessenheit – jedoch sehr zu Unrecht. Im ersten Teil des Konzerts erklingen zwei Werke für Solosopran und Orchester, das Offertorium Totus in corde langueo (1815) und das Salve Regina A-Dur (1819) sowie zwei Chorwerke mit Orchesterbegleitung, das Magnificat C-Dur (1816) und das Stabat mater gMoll (1815). Im 18. Jahrhundert wurden in Österreich zweierlei Arten von Offertoriumsvertonungen unterschieden: Werke mit liturgisch gebundenem und Werke mit liturgisch freiem Text. Bei letzteren handelt es sich um geistliche Lieder oder zur Andacht geeignete Stücke wie Salve-Regina-Vertonungen, die mit „Offertorium“ tituliert wurden und so „omni tempore“ an dessen Stelle im Gottesdienst gesungen werden konnten. Es kam in der Folge zu einer unüberschaubaren Anzahl von Kompositionen, welche die ebenso willkürlichen wie verwirrenden Bezeichnungen „Offertorium“, „Graduale“ oder „Motetto“ trugen. Insgesamt sind fünf als Offertorien bezeichnete Werke von Schubert bekannt: darunter das Salve-Regina A-Dur D 676 für Solosopran und Streicher und „Totus in corde langueo C-Dur D 136, ebenfalls für Solosopran, konzertierende Klarinette, zwei Querflöten, zwei Hörner und Streicher. Die Sopranpartie hat Schubert vermutlich für die Sängerin Therese Grob geschrieben. Die Komposition ist hinsichtlich der von den Ausführenden verlangten Virtuosität Opernarien durchaus vergleichbar. Schuberts Magnificat beendet den ersten Teil des Konzerts. Bereits die Besetzung des Werkes deutet auf einen festlichen Anlass hin: zu dem vierstimmigen Chor treten vier Vokalsolisten, das Orchester umfasst neben Streichern und Orgel auch Oboen, Fagotte, Pauken und Trompeten. Das Werk ist in drei Teilen konzipiert, deren beide äußere aufeinander Bezug nehmen und einen lyrischen Mittelteil umrahmen. Dieser ist den Vokalsolisten vorbehalten und wird vom Orchesterpart in ebenfalls reduzierter Weise begleitet. Die Solo-Oboe beginnt diesen Mittelteil und tritt in Dialog mit dem Solosopran, dessen Partie den ungewöhnlich hohen Spitzenton b’’ verlangt. Ebenso wie bei anderen Kirchenkompositionen aus dieser Zeit wird diese Partie mit Schuberts angeblicher Jugendliebe Therese Grob in Verbindung gebracht, deren „schöne Sopranstimme“ als „bis zum hohen d reichend“ beschrieben wird. Den Abschluss des Werkes bildet die mehrfache Wiederholung des „Gloria-patri“-Textes. Schubert greift hier auf den ersten Hauptteil des Werkes zurück, steigert dessen Wirkung aber noch durch ein Übereinander von Chor und Vokalsolisten. Dabei erzielt er gerade gegen Ende desMagnificatmit sehr eigenen harmonischen Wendungen eine dramatische Steigerung. Ludwig van Beethovenkomponierte seine Messe C-Dur für vier Solostimmen, Chor und Orchester op. 86 zum Namenstag der Fürstin Esterházy. Das Werk wurde am 13. September 1807 in Eisenstadt aufgeführt und – abgelehnt. Zu neuartig, zu rigoros die Konventionen verleugnend präsentierte sich die Messe. Aber hätte Beethoven unter das künstlerische Niveau der gleichzeitig entstandenen c-Moll-Symphonie zurückgehen sollen? Beethoven konnte den in der Gattung angelegten Widerspruch zwischen tradierter Überlieferung und liturgischer Gebrauchsfunktion einerseits und erreichtem kompositionstechnischen Standard andererseits nur im Sinne einer neuen Synthese auflösen, und er war sich der Neuartigkeit seiner Vertonung durchaus bewusst: „Von meiner Messe ... glaube ich, daß ich den Text behandelt habe wie er noch wenig behandelt worden.“ Kein machtvoller Kyrie-Ruf, sondern ein schlichter, lyrisch entfalteter Bittgesang eröffnet die Messe: „innige Ergebung, wahre Innigkeit religiösen Gefühls ... Sanftheit“ charakterisierte Beethoven diesen Satz. Die auch in den anderen Teilen der Messe wiederkehrende Begleitfigur in den Violinen wird im Sinne des symphonischen Prinzips absichtsvoll als satzverbindendes Element verwendet. Im Fortissimo, zu den heftig auf- und abfahrenden Skalen der Streicher, zu den Trompetensignalen und dem mächtigen Paukenwirbel, lobpreist der Chor Gott („Gloria in excelsis Deo“), um sogleich im denkbar schärfsten Gegensatz hierzu das verinnerlichte „Et in terra pax“ anzustimmen. Das „Gratias agimus tibi“ trägt der Solo-Tenor im Wechsel mit dem Chor vor. Trompeten und Pauken akzentuieren nachdrücklich die Textstelle „Deus Pater omnipotens“. Schmerzerfüllt und in engen Tonstufen, ganz aus dem Wortausdruck heraus, gestaltet Beethoven das „Qui tollis peccata mundi“. Die „Miserere nobis“-Einwürfe des Chores werden bis zur Leidenschaftlichkeit gesteigert. Nach vorangegangenem f-Moll erklingt im strahlenden C-Dur das „Quoniam tu solus sanctus“, dem sich wiederum die machtvolle „Cum sancto spiritu“-Fuge anschließt. Nach stockendem, zaghaftem Beginn richtet sich das „Credo in unum Deum“, in akkordischem Chorsatz und eingebettet in strahlenden Bläserglanz, zu imposanter Größe auf, Glaubensgewissheit symbolisierend. Vom konTAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2010 6

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