Tage Alter Musik – Programmheft 2012

G allicantus (wörtlich: Hahnenschrei) be- zeichnet im klösterlichen Leben das Stun- dengebet vor Sonnenaufgang, das an die Er- neuerung des Lebens erinnern soll, die jeder neue Tag bringt. Alle Mitglieder von Gallicantus haben in führenden englischen Gesangsforma- tionen wie Tenebrae, den Chören von Westmin- ster Abbey und Westminster Cathedral, den Tal- lis Scholars, den King’s Singers und dem Gabri- eli Consort gesungen. Diese reiche Erfahrung im Ensemblesingen prägt auch in extremen Tonla- gen den klaren, reinen Klang, die emotionale Ausduckskraft und die faszinierend virtuose Stimmbeherrschung des englischen Spitzenen- sembles. Leiter von Gallicantus ist der Bariton, Chordirigent und Musikproduzent Gabriel Crouch. Hervorragende Kritiken erhielten auch die CD-Einspielungen mit Gallicantus. Beim Label Signum Classics erschienen im Jahr 2009 „Geistliche Musik von Robert White“ und 2010 „Trauermusik zum Tod von Prince Henry 1612“. Zum Programm: Ende des 16. Jahrhunderts hatte der erbitterte und grausame Kampf zwischen Katholiken und Protestanten ganz England erfasst; viele Katho- liken waren in den Untergrund geflohen oder hatten sich außer Landes in Sicherheit gebracht. Eine lateinische Motette zu komponieren war deshalb nicht nur eine künstlerische, sondern mehr noch eine politische Tat und ein religiöses Bekenntnis, das nicht ungefährlich war. Unter den englischen Komponisten war William Byrd der erklärte Favorit von Königin Elizabeth I., ob- wohl er ihr trotzte und sein Leben lang der röm.- kath. Kirche treu blieb. Das lag natürlich zunächst und vor allem an der überragenden Qualität seiner Musik, aber si- cherlich auch an seinem klugen Verhalten: Neben komplexen Vertonungen lateinischer Texte, wie sie für die katholische Kirche typisch waren, schrieb er immer wieder auch einfache, englische Musik, die von den Protestanten für ihren Gottesdienst geschätzt wurde. Byrd war aber beileibe nicht der einzige katholische Kom- ponist, denn erstaunlicherweise gab es noch eine ganze Reihe, die in diesen Jahren des Glau- bensstreits in England arbeiteten, und es gab auch solche, die aus Glaubensgründen zwar im Ausland arbeiteten, aber Verbindung zu ihrem Heimatland unterhielten, sowie ausländische Komponisten, die den englischen Katholiken Mitgefühl und Zuspruch zukommen ließen. Mit Philippe de Monte, einem flämischen Komponi- sten, unterhielt Byrd eine faszinierende kompo- sitorische Korrespondenz. Verse des Psalms 136 „Super flumina Babylonis“, der viele allegori- sche Hinweise auf die Not von Katholiken ent- hält, die ihren Glauben nicht offen leben kön- nen, wurden vertont und ausgetauscht. Aus heutiger Sicht ist dies ganz eindeutig eine co- dierte Nachricht von gegenseitiger Unterstüt- zung und Freundschaft zwischen Glaubensbrü- T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG Gallicantus (Großbritannien) M AI 2012 Freitag, 25. Mai 2012, 22.45 Uhr (Nachtkonzert) Schottenkirche St. Jakob , Jakobstraße 10 The word unspoken – Renaissancemusik im Untergrund Leitung: Gabriel Crouch Gallicantus Foto: Susan Porter

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