Tage Alter Musik – Programmheft 2012

zu scheuen brauchen. G. Ph. Telemanns unermesslicher Einfalls- reichtum ist im Programm mit seiner Or- chestersuite „La Changeante“- „Launen“ und mit seinem Oboe d’amore-Konzert ver- treten. Solist ist der Oboist und Orche- stergründer Per Bengtsson. Der Verleger John Walsh veröffentlichte im Dezember 1734 eine Sammlung von sechs Concerti grossi, die dem Londoner Publikum als Händels „Opus 3“ prä- sentiert wurden. Die Titelseite der ersten Violinstimme (derartige Orchesterwerke erschienen zu jener Zeit gewöhnlich nicht als Partitur) enthält folgenden Hinweis: „Concerti Grossi Con Due Violini e Violoncello di Concertino Obligati e Due Altri Violini, Viola e Basso di Concerto Grosso Ad Arbitrio Da G. F. Handel. Opera Terza. / N. B. Several of these Concertos were perform'd an the Marriage of the Printe of Orange wich the Princess Royal of Great Britain in the Royal Chap- pel of St. James's.” Dieser Titel lässt sich bloß als in jeder Hinsicht irreführend bezeichnen. So hatten die italienischen Angaben nur wenig mit dem Instrumentarium dieser Werke zu tun, da sie ursprünglich zum Titel einer völlig anderen Publikation gehörten, nämlich der berühmten Gruppe von Konzerten Opus 6 vonArcangelo Corelli. Diese zähl- ten noch immer bei Kennern und Künst- lern in den musikalischen Clubs und Vereinigungen Großbritanniens zu den mit Abstand beliebtesten Orchesterwer- ken. Im Gegensatz zu Corellis Streicher- konzerten mit ihrer Einteilung in Solisten des Concertino und begleitende Musiker des Ripieno enthalten die Werke aus Hän- dels Opus 3 eine Vielzahl von Instrumentenkombinationen, in denen stets Holzbläser wie Streicher zum Ein- satz kommen, wobei auf die klassische Concertino-Sologruppe Corellis, be- stehend aus zwei Violinen und Cello, ver- zichtet wird. Die Bezeichnung „Opera Terza“ war soweit recht logisch, da Walsh in den unmittelbar vorhergegangenen Jahren einige Sonaten für Soloin- strumente und Continuo sowie eine Sammlung von sechs Triosonaten als Händels „Second Ouvrage“ herausgegeben hatte. Doch unglücklicher- weise schuf Walsh schon bald bezüglich dieser Nummerierung einige Verwirrung; im Jahre 1735 publizierte er eine Gruppe von Cembalofugen als Händels „Troisieme Ovarage“ [sic], im Anschluss an zwei weitere Sammlungen von Cembalosuiten. So belegte der Verleger innerhalb eines einzigen Jahres zwei verschiedene Werke Händels mit der Bezeichnung „Opus 3“. Ungeachtet dessen ist die letzte Angabe des Titels wohl die verwirrendste. Zwar ist es gut möglich, dass ein oder zwei dieser Konzerte im Zusam- menhang mit Prinzessin Annes Hochzeit zur Aufführung kamen, doch höchstwahrscheinlich nicht während der Zeremonie selbst. Ohne Zweifel hat Walsh vorgehabt, mit diesem Satz aus einem aktuellen Ereignis Kapi- tal zu schlagen; und tatsächlich wurde dieser Hinweis in späteren Aufla- gen nicht mehr abgedruckt. Wenn es jedoch in Walshs Absicht lag, diese Kompositionen als wirkliche Neuheiten zu präsentieren, so entsprach auch dies absolut nicht den Tatsachen. Die Veröffentlichung der Konzerte Opus 3 war eine – aufgrund ihrer Vielfalt höchst reizvolle – Zusammen- stellung von Werken mit ganz unterschiedlicher Entstehungsgeschichte, komponiert in den vorausgegangenen 20 Jahren. Walshs Annahme hinge- gen, dass in London der rechte Zeitpunkt für die Veröffentlichung einer Serie von Händelschen Instrumentalwerken gekommen sei, war ohne Zweifel richtig; tatsächlich ließe sich sogar sagen, dass die Publikation der Werke aus Opus 3 längst überfällig war. Offensichtlich hatte Walsh Zu- gang zu Quellen in unmittelbarer Umgebung Händels, die ihm den Zu- griff auf diese Kompositionen sicherten. Es ist jedoch wenig wahrschein- lich, dass Händel aktiv an den Vorbereitungen zu dieser Veröffentlichung mitarbeitete, und wie es scheint, hatte er bis zur Herausgabe seiner Orgel- konzerte Opus 4 im Jahre 1738 kein wirkliches Interesse an veröf- fentlichten Sammlungen seiner Instrumentalwerke. Während das musi- kalische Material von Opus 3 authentisch ist und wirkliche, vollständige Konzerte Händels enthält, war die Zusammenstellung innerhalb der Sammlung eine Sache des Verlegers, was in einigen Fällen auch die An- ordnung der Sätze innerhalb der einzelnen Werke betraf. Das Concerto grosso opus 3 Nr. 2 B-Dur enthält Sätze, die Händel auch in einer Fassung der Ouvertüre zur Brockes-Passion verwendete. Es ist denkbar, dass dieses großangelegte Konzert – eines der besten dieser Sammlung überhaupt – auch für das Orchester des Opernhauses bestimmt gewesen sein mag. T AGE A LTER M USIK R EGENSBURG M AI 2012 33 G. F. Händel P ROGRAMM J OHAN H ELMICH R OMAN Suite aus den „Drottningholmsmusiken“ (1694-1758) 1. Allegro – 2. Poco Allegro – 3. Lento – 4. Allegro 5. Grave – 6. Presto – 7. Allegretto – 8. Allegro 9. Vivace G EORG P HILIPP T ELEMANN Konzert für Oboe d’amore, Streicher (1681-1767) und Basso continuo A-Dur Siciliano – Allegro – Largo – Vivace Solist: Per Bengtsson, Oboe d’amore PAUSE G EORG P HILIPP T ELEMANN Orchestersuite „La Changeante“ Ouverture –Loure – Les Scaramouches - La plaisanterie Avec douceur – Canarie G EORG F RIEDRICH H ÄNDEL Concerto grosso B-Dur op.3/2 HWV 313 (1685-1759) Vivace – Largo – Allegro – Moderato (Minuetto) – Allegro (Gavotte) Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Volker Platte, 42897 Remscheid/Lennep, für die freundliche Bereitstellung des Cembalos. A USFÜHRENDE E NSEMBLE 1700 L UND Fredrik From (Konzertmeister), Antina Hugosson, Jens Solgaard, Johana Andersson Violine I Hannah Tibell, Hanna Ydmark, Elisabet Enebjörn Violine II Rastko Roknic, Bryndus Bragadottir Viola Thomas Pitt , Hanna Loftsdottir Violoncello Anders Cornelius Kontrabass Per Bengtsson, Lars Henriksson Oboe, Oboe d’amore Pierre Torwald, Oskar Fransson Trompete Dohyo Sol Laute, Gitarre Göran Karlsson Cembalo und Leitung G. Ph. Telemann

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