Tage Alter Musik – Programmheft 2013

zukommt. Bei dieser bunten Fiesta treffen seit dem 17. Jahrhundert Men- schen mit unterschiedlichsten ethnischen Wurzeln zusammen: Urein- wohner, Mestizen, in Lateinamerika geborene Nachfahren spanischer El- tern („Criollos”) und Spanier von der iberischen Halbinsel. Sie alle wollen die einzelnen Teile des Festes mitgestalten. Traditionell beginnt die Fiesta an Mariä Geburt, dem 8. September, und dauert zehn Tage an. Am Vortag der Feierlichkeiten wird das Gnadenbild von Guadalupe von der Kapelle in die Kathedrale getragen. Dann folgen mehrere Messen und Salve Reginas. Dazu werden Villancicos - populäre weltliche oder geistliche Lieder - gesungen, in denen Heiligenfiguren wie die Schwarze Madonna vorkommen. Auch Stierkämpfe werden ausge- tragen, begleitet von eigens für diesen Anlass komponierten Villancicos und Stiertänzen. Das Fest zu Ehren der Jungfrau von Guadalupe wird von einer reichhalti- gen Sammlung von Villancicos und spanischen Salve-Kompositionen des Halbmestizen Roque Jacinto de Chavarría begleitet. Dieser war als Kind ein begabter Sänger und wurde nach seinem Stimmbruch Instrumentalist. Er genoss eine hervorragende Ausbildung bei den Jesuiten an der Univer- sität San Francisco Javier und schrieb während seiner allzu kurzen Kom- ponistenkarriere vor allemmehrchörige spanische Villancicos. Chavarrías Kompositionen haben eine beinahe symphonische Qualität, bestechen durch ihren Umfang und einen hohen Grad an Expressivität sowie durch ihr breites Spektrum an Klangfarben. Diese Bandbreite wird durch eine regelrechte Orchestrierung der Solisten- und Chorpartien erreicht. Chavarría schrieb auch zweisprachige Werke (lateinisch und spanisch) - eine Gattung, die besonders in seiner Region weiterentwickelt wurde. Dabei werden lateinische Texte oder Pas- sagen aus dem Gregorianischen Choral zitiert und mit Kompositionen im Stile der Villancicos verbunden. Ähnlich wie viele Kreolen zu jener Zeit eignete sich Chavarría auch das „Quechua”, die Spra- che der indigenen Bevölkerung, an und passte sein äußeres Erscheinungsbild den Bräuchen der Ureinwohner Boliviens an. Im Gegensatz zur gängigen Meinung unter den Mestizen betrachtete er die in- digene Kultur nicht als zweit- rangig, sondern brachte ihr Res- pekt und Ach- tung entgegen. © Gabriel Garrido T age a lTer M usik r egensburg M ai 2013 16 st.-oswald- kirche Die gotische Kirche des 1318 erstmals erwähnten „Spitals auf Turnau“ wurde von Friedrich Auer und Karl Prager gestiftet und in der Folgezeit vom rei- chen Patriziergeschlecht der Auer reich beschenkt. Sie ist dem hl. Oswald, dem Patron der Pilger und Reisenden, beson- ders aber der Kreuzfahrer, ge- weiht und steht an der Einmün- dung des Vitusbacharmes in die Donau, am sogenannten Weiß- gerbergraben, dem ehemaligen Graben der frühmittelalterlichen Stadtmauer (um 920 von Herzog Arnulf von Baiern errichtet). Hier waren Gerber ansässig, die das feine, weiße Leder herstell- ten. 1553 wurde St. Oswald vom Rat der Stadt an die protestanti- sche Kirche übergeben, 1708 ba- rockisiert. Dabei entstand eine für Bayern einmalige „Bilder- predigt“ an Decke und Empo- ren: „Des Herren Wort bleibt in Ewigkeit“. 1750 errichtete hier der Regensburger Orgelbauer Franz Jakob Späth seine heute einzig erhaltene Barockorgel (a = 468 Hz), eine von maximal fünf original erhaltenen Barockor- geln Bayerns. Die letzte Restau- rierung von Kirche und Orgel, bei der die Orgelmodernisie- rung von 1958 rückgängig ge- macht wurde, war am 6. 10. 1991 abgeschlossen. Cover der CD “Fiesta Criolla” von Ensemble Elyma

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