Tage Alter Musik – Programmheft 2013

Konzerthaus Wien und auf der Biennale in Venedig zu hören, außerdem mit dem SWR-Sinfonieorchester in Lissabon und Porto. Zum Programm: Das „augsburger liederbuch“ Das Augsburger Liederbuch bietet einen umfassenden Überblick über süddeutsche Musikpflege des frühen 16. Jahrhunderts und spiegelt die Breite des Repertoires und die Fülle des Augsburger Musiklebens in die- ser Zeit in repräsentativer Weise wider. Als Nachweis des hohen Niveaus der Musikpflege des Augsburger Patriziats ist diese Handschrift mit Vokal- und Tanzmusik der Renaissance ein höchst wertvolles Dokument urbaner Kultur des beginnenden 16. Jahrhunderts. Im Zeitalter des Humanismus gab es in der freien Reichsstadt Augsburg, einer aufstrebenden Handelsstadt, wichtige musikalische Entwicklungen und ein reges Musikleben. So wurde hier sehr viel Musik gedruckt und außerdem wurde die Kulturszene von führenden Musikern aus aller Her- ren Länder belebt, die im Gefolge ihrer Arbeitgeber zu den Reichstagen oder auf Einladung Jakob Fuggers in der Stadt weilten. Auch verbrachten Musiker der Hofkapelle Kaiser Maximilians I. längere Zeit in Augsburg, beispielsweise Heinrich Isaak oder Paul Hofhaimer, der sich 1507 sogar hier niederließ. Dazu ist die Musikbegeisterung des Patriziats und insbesondere des in Augsburg heimischen Geschlechts der Fugger in diversen archivalischen Quellen belegt, die auch ein aktives Musizieren dokumentieren. Inventare der Fugger‘schen Sammlungen von Musikalien und Musikinstrumenten bieten bemerkenswerte Einblicke in den Reichtum häuslich-privater oder repräsentativ-öffentlicher Musikpflege - in den Augsburger Besitztümern des Geschlechts der Fugger ebenso wie in seinen Schlössern im schwäbi- schen Umland. Das sprichwörtliche Fugger‘sche Mäzenatentum spiegelt sich auch in unzähligen Widmungen von Komponisten, darunter den Hauptmeistern ihrer Zeit, in denen die Musiker immer wieder ihre Dank- barkeit gegenüber ihren Wohltätern zum Ausdruck bringen. Genaueres über die beeindruckende Musikinstrumentensammlung der Fugger wissen wir beispielsweise aus dem Musikinstrumentenverzeich- nis, das Raymund Fugger d. J. (1528-1569) im Jahre 1566 erstellen ließ, um die Musiksammlung der Familie Fugger an den bayerischen Herzogshof nach München zu verkaufen: Von unzähligen Lauten aller Art, Clavichor- den, Schalmeyen-, Zinken-, Krummhörner- und Blockflöten-Familien, Fa- gotti und zahlreichen Geigen ist da die Rede – von einer Sammlung also, mit der seinerzeit allenfalls das königlich spanische Hofkapellinventar oder die beiden Ambraser Teilsammlungen zusammengenommen in Konkurrenz hätten treten können. Das Augsburger Liederbuch ist ein Zeugnis dieser bürgerlichen Musik- pflege im frühen 16. Jahrhundert und wird bis heute in der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek verwahrt. Die umfangreiche Handschrift 2° Cod. 142a wurde in den Jahren zwischen etwa 1505 und 1518 in den Krei- sen des Augsburger Bürgertums von mehreren Schreibern angefertigt und kann als Ausdruck des hohen Niveaus der Musikpflege des Augs- burger Patriziats (möglicherweise gestützt durch Mitglieder der kaiserli- chen Hofkapelle, die unter Kaiser Maximilian ein bemerkenswertes Ni- veau erreicht hatte) gelten. Von wem das Augsburger Liederbuch in Auf- trag gegeben und geschrieben wurde, lässt sich nicht mehr feststellen. Später war die Handschrift Teil der Musiksammlung des Augsburgers Hans Heinrich Herwart (1520–83) und gelangte von da in die 1537 ge- gründete Augsburger Stadtbibliothek. Als Komponisten sind in der Handschrift Josquin Desprez undAlexander Agricola genannt, zum Teil mit nur hier überlieferten Werken. Nachwei- sen lassen sich weiterhin Paul Hofhaimer, Heinrich Finck, Ludwig Senfl, Jacob Obrecht und andere – allesamt bedeutende Musiker der Zeit um 1500, deren Werk zum seinerzeit international verbreiteten Repertoire geistlicher Motetten und weltlicher Chansons gehörte. Daneben finden sich aber auch zahlreiche, ausschließlich in dieser Handschrift (anonym) aufgezeichnete, Werke - darunter viel Tanzmusik. Bei den Kompositionen handelt es sich durchgängig um hervorragende Musik, die zweifelsohne ein fundiertes Können von den Ausführenden verlangte - wiederum eine Tatsache, die das hohe Niveau und die technische Versiertheit der Augs- burger Musiker und Komponisten belegt. Der Inhalt des Liederbuches ist also sehr vielfältig - aber komplett untex- tiert. Die Sätze tragen Textmarken oder Liedanfänge. In parallel überlie- ferten Handschriften des 16. Jahrhunderts, wie zum Beispiel der Brüssler Prachthandschrift Bibliothèque Royale, finden sich viele dieser Werke mit Textierung, und so können diese Texte dann auch dem Augsburger Lie- derbuch wieder unterlegt werden. © Sabine Lutzenberger T age a lTer M usik r egensburg M ai 2013 37 P rograMM rograMM a nonYM [Pavane, La monina] J osquin D esPreZ Entré je suis en grant pensée (ca. 1440/45 - 1521) P aul H oFHaiMer An frewd verzer ich manchen tag (1459 - 1537) a nonYM [Textloser Satz] a lexanDer a griCola Revenez tous, regretz (ca. 1446 - 1506) a nonYM [Textloser Satz] a lexanDer a griCola Ave domina sancta Maria J osquin D esPreZ Missus est Gabriel a nonYM [Pavane] a nonYM Camminata a nonYM [Passamezzo] J aCob o breCHT Si sumpsero pennas (ca. 1457 - 1505) J osquin D esPreZ Faulte d’argent a nonYM O mutter gotts mein zuversicht J osquin D esPreZ Josquinus Duo a nonYM [Damoiselle] P aul H oFHaiMer Ach lieb mit laid l uDwig s enFl Unser Pfarrer ist auf der bahn (1490-1543) a lexanDer a griCola Fortuna desperata a usFüHrenDe P er -s onaT sabine lutzenberger Sopran achim schulz Tenor Tim scott whiteley, Bass Tobie Miller Blockflöte elizabeth rumsey Renaissance-Gambe baptiste romain Renaissance-Fiedel, Renaissance-Violine Tore eketorp Renaissance-Gambe

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