Tage Alter Musik – Programmheft 2013

Sellars Inszenierung von Händels „Theodora“ folgte seinem Operndebut in Jonathan Millers Produktion von Händels „Rodelinda“. Er übernahm die Titelrolle in Glucks „Orfeo“ beim Edinburgh Festival, und sein nord- amerikanisches Operndebut feierte er in Händels „Julius Cäsar“ an der New yorker Metropolitan Opera. Die Universität von Toronto ernannte Daniel Taylor vor kurzem zum „Head of Early Music“ und Professor of Voice der Musik-Fakultät. Er ist künstlerischer Leiter und Dirigent von Chor und Orchester des „Theatre of Early Music“, das jedes Jahr mehr als dreißig Konzerte gibt. Er leitete den Kammerchor Stuttgart und ist der erste Gastdirigent in der Ge- schichte der Tallis Scholars. Im Jahr 2013 debütiert er mit dem Gabrieli Consort. Zum Programm: Die Orchestermusik von J. S. Bach birgt einen reichen Schatz unterschied- licher Werkgattungen und umfasst Konzerte für Soloinstrumente, Kon- zerte für mehrere Instrumente und die großen Ouvertüren oder Orches- tersuiten. Wenn wir uns die handschriftlichen Quellen dieser Werke ge- nauer ansehen, so können wir feststellen, dass keines dieser Werke bis in unsere Zeit in autographischen Partituren seiner Originalfassungen über- lebt hat. Für die Konzerte gibt es zwei hauptsächliche Sammlungen von Bachs ei- gener Hand: die Reinschrift von Six Concerts avec plusieurs Instruments (Sechs Konzerte für verschiedene Instrumente), die Bach für den Mark- grafen von Brandenburg anfertigte und auf den 24. März 1721 datierte, und die Handschriften-Sammlung von sieben Konzerten für Tastenin- strumente (darunter ein Fragment eines achten Konzerts), von der moder- ne Wissenschaftler glauben, dass sie irgendwann um das Jahr 1738 ge- schrieben wurden. Alle in diesen beiden Sammlungen enthaltenen Werke sind Überarbeitungen oder Revisionen früherer Werke. Diesen Quellen können wir die zahlreichen Abschriften von Werken gegenüberstellen, die einige der früheren Versionen dieser Werke zu enthalten scheinen (die alle nach Bachs Tod oder außerhalb seines Familienkreises entstanden sind), zusammen mit unseren eigenen Beobachtungen betreffend Bachs Übertragungsmuster. Das Konzert in E-Dur BWV 1042 für Violine und Streicher bie- tet uns ein ausgezeich- netes Beispiel für die oben beschriebene Situation. Das Werk ist er- halten im Au- tograph für Tasteninstru- mente (Cla- vier-Konzert) als ein Kon- zert in D-Dur (BVW 1054). Spätere Ab- schriften er- halten ein Konzert für Vio- line in E-Dur, das mit dem Clavier-Konzert identisch ist. Wenn wir die offen- sichtliche Affinität des Werks für Violine zusam- men mit dem ähnlichen Muster der Transkription und Transposition für an- dere Violinkonzerte zur Kenntnis nehmen, dann können wir vermuten, dass die E-Dur-Version dieses Werkes wahrschein- lich einen früheren (mögli- cherweise den originalen) Partitur-Stand repräsentiert und dass das Werk dann später als Konzert für Tasteninstrument transkribiert wurde. Wenden wir uns dem Konzert in Es-Dur für Oboe und Streicher nach BWV 1053 zu, so ist die Haupt-Quelle für dieses Werk in dem oben erwähnten Autographen das Konzert für Cembalo in E-Dur. Das gesamte Material in dem Werk wurde jedoch von Bach in geistlichen Kantaten benutzt. Der erste Satz fand Anwendung als Sinfonia in der Kantate BWV 169 in D- Dur, wo die Solo-Stimme von der Orgel übernommen wird, und der zwei- te Satz fand auch seinen Weg in dieselbe Kantate, nämlich als Arie für Alt mit Orgelsolo. Der letzte Satz findet sich in der Kantate BWV 49, wieder- um als Sinfonia mit Orgelsolo zur Eröffnung, diesmal in E-Dur. Die Teile der Autograph-Kantaten-Partituren, die diese Sätze enthalten, sind ver- gleichsweise frei von Irrtümern und zeigen keine Anzeichen des kompo- sitorischen Vorgangs. Sie legen die Vermutung nahe, dass sie von einer vorher existierenden Quelle kopiert wurden, aber die genaue Gestaltung dieser früheren Fassung bleibt der Vermutung überlassen. Joshua Rifkin schlägt Es-Dur für seine Rekonstruktion für Oboe vor und stützt sich dabei auf Transpositions-Irrtümer in der Autographenfassung des E-Dur- Cembalo-Konzerts. Die Ouvertüre in h-Moll für Flöte und Streicher (BWV 1067) ist aus Bachs Zeit in einem einzigen Stimmensatz erhalten. Zwei dieser Stimmen, näm- lich die für Flöte und Viola, sind aus Bachs ei- gener Hand, die übrigen S t i m m e n wurden von a n o n y m e n Kopisten aus Bachs Kreis abgeschr i e - ben. Bei der g e n a u e r e n U n t e r s u - chung dieser S t i m m e n machte Jo- shua Rifkin eine interes- sante Beob- achtung. Auf- T age a lTer M usik r egensburg M ai 2013 39 John Abberger Daniel Taylor Adrian Butterfield

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