Tage Alter Musik – Programmheft 2014

merchor im Rahmen der H. Schütz Gesamteinspielung unter Hans Chris- toph Rademann für das CD-Label des Carus Verlags und eine Produktion mit weihnachtlicher Musik aus der Dresdner Frauenkirche in Zusammen- arbeit mit dem Kammerchor der Frauenkirche unter Kantor M. Grünert für das CD-Label SONY. Nach seinem Diplom als professore d‘orchestra am Conservatorio di S. Ceci- lia in Rom hat Ercole Nisini 2001 ein künstlerisches Aufbaustudium für klassische Posaune an der Musikhochschule Trossingen unter Prof. Abbie Conant mit Auszeichnung abgeschlossen sowie 2006 ein Aufbaustudium für historische Aufführungspraxis, auch mit Auszeichnung, am selben In- stitut unter Wim Becu. 1999 war er einer der 20 ausgewählten aktiven Teil- nehmer des Alessi-Seminars in New York (Joseph Alessi, Soloposaunist, New York Philharmonic). Er konzertierte bei renommierten Festivals und Konzertreihen wie den Niedersächsischen Musiktagen, dem Schwarzwald Musikfestival, dem Rheingau Festival, dem „Skalholt Summer Concert“ (Island), dem Hein- rich Schütz Musikfest, den Brandenburgischen Sommerkonzerten und den WDR-Funkhauskonzerten Köln. Er ist regelmäßiger Gast bei Ensembles wie La Petite Bande, Capella Sagi- tarriana, Dresdner Barockorchester und Musica Fiata. Schwerpunkt sei- ner künstlerischen Arbeit ist die Aufführung des solistischen und kam- mermusikalischen Repertoires für Posaune von der Renaissance bis zur Moderne auf dem der Epoche entsprechenden Instrumentarium, insbe- sondere durch das Studium der Spieltechniken, die das Repertoire jeder Epoche erfordert. Im Jahr 2001 war Nisini Posaunist im Orchestra Sinfonica di Milano Giu- seppe Verdi unter dem Dirigat von Riccardo Chailly. Er spielte im Orches- tra Sinfonica Nazionale della Rai (Turin), Orchestra del Teatro Regio (Turin), Orchestra del Teatro Comunale di Bologna und der Süddeutschen Philharmonie Konstanz. Er gibt regelmäßig Kurse und Workshops und wurde 2013 zum zweiten Mal von der internationalen Posaunen-Vereinigung für ein solistisches Konzert mit Workshop bei dem jährlichen deutschen Posaunensymposi- um eingeladen. Im Juli 2014 wird er die Sommerakademie der Stiftung Kloster Michaelstein mit dem Thema „Renaissance-Orchester nach dem Instrumentarium von Michael Praetorius“ gestalten und leiten. Neben zahlreichen CD-Aufnahmen mit namhaften europäischen Ensem- bles wächst die Diskographie von Ercole Nisini als Ensembleleiter und Solist seit 2008 regelmäßig. Sein jüngstes Projekt möchte die Posaune als Soloinstrument durch die Musikepochen der Renaissance, Barock, Klas- sik und Romantik vorstellen, mit einem Zyklus von vier CD-Aufnahmen beim Label Querstand. Das Erscheinen jeder CD wird von der Herausga- be einer Posaunenedition bei der Verlags- gruppe Kamprad (Label Querstand) mit dem Notenmaterial des eingespielten Repertoires begleitet. Zum Programm: ...per il trombone alla bastarda Der Komponier- und mindestens ebenso der Kommentarlust des Wolfenbütteler Hofka- pellmeisters Michael Praetorius haben wir unschätzbare Informationen über jene Mu- sikpraxis Europas im Allgemeinen und Deutschlands im Besonderen zu verdanken, die man während der großen Epochenwende zwischen Renaissance und Barock um das Jahr 1600 pflegte. Auch zum solistischen Spiel auf der Posaune, das im Mittelpunkt des heutigen Konzertes steht, äußert sich Praetorius in seinem dreibändi- gen Traktat Syntagma Musicum – konkret in dessen zweitem Teil De Orga- nographia von 1619, in dem er die seinerzeit gebräuchlichen Instrumente beschreibt und im angehängten Theatrum Instrumentorum in maßstabge- rechten Bildtafeln veranschaulicht. Praetorius erwähnt einen Posaunen- virtuosen, der ihn mit seinem außergewöhnlichen Tonumfang beein- druckt hat: Erhardus Borussus. Wer dieser latinisierte »Erhard Preuß« (oder Erhard aus Preußen?) war, dessen Künste uns der ebenfalls mit latinisiertem Namen zeich- nende und ursprünglich auf den Nachnamen Schultze hö- rende Musikpublizist hier vor- stellt, dazu lässt sich heute nicht mehr viel sagen. Das Wirken des Posaunisten Borussus in Dresden und Polen könnte aber auf eine Tätigkeit in höfischen Diensten hindeuten: „Wiewol et- liche (als unter andern der be- rümbte Meister zu München, Phi- leno) durch vielfeltige Übung auff diesem Instrument so weit kommen sind, daß sie unten das D, und oben im Discant das c’’ d’’ e’’ ohne son- derbare beschwerung und Commotion anstimmen. Sonsten hab ich noch einen zu Dreßden, den Erhardum Borussum, welcher sonsten in Polen sich noch anjetzo auff halten sol, gehöret; Derselbe hat diß Instrument also gezwungen, daß er da- rauff fast die höhe eines Zincken, Als nemblich, das oberste g’’ sol re ut; Auch die tieffe einer Quart-Posaun, als das A1 mit so geschwinden Coloraturen und salti- bus, gleich auff der Viol de Bastarda, oder auff eim Cornet, zuwege bringen, er- reichen und praestiren können.“ Auf der Posaune zu spielen wie auf dem virtuosen Zink (italienisch: Cor- netto) oder auf der Viola alla bastarda, das bedeutet, die melodische Linie einer Diminution oder Improvisation durch die verschiedenen Stimmen einer Motette oder eines Madrigals zu führen. Diminution bzw. »diminu- ieren« meint, die großen Notenwerte einer polyphonen Komposition mit kleineren, zur Harmonie passenden Notenwerten auszufüllen. Das be- liebteste Instrument dieser Aufführungspraxis war um 1600 eben die Viola bastarda – eine Gambe, die dank ihres enormen Tonumfangs eine Bassstimme ebenso wie eine Tenor-, Alt- oder Sopranstimme spielen konnte. Es sind uns zahlreiche Diminutionen »alla bastarda« über die bekanntes- T AGe A LTer M usik r eGensburG J uni 2014 13 reichssaal Regensburg war seit den Karolingern bevorzugter Ort für die Abhaltung von Reichstagen. Im Mittelalter zählte man 45 Reichstage in Regensburg. 1541 war der Reichs- saal Ort des berühmten Religionsgesprächs zwischen Melanchthon und Dr. Eck. Von den Reichstagen sind be- sonders der von 1623, bei dem Bayern die Kurwürde er- hielt, und der von 1630, als Wallenstein von der Mehrheit der katholischen Fürsten abgesetzt wurde, zu nennen. Von 1663 bis 1806 war der Reichssaal Tagungsort des „Immerwährenden Reichstags“. Er ist als erstes deut- sches Parlament anzusehen. Der um 1360 gebaute Reichs- saal darf in seinen Dimensionen und seinem Alter für Deutschland als einzigartig gelten. Hervorzuheben ist die mächtige Holzdecke, an deren Unterseite man die Relief- figur des thronenden Petrus (des Stadtpatrons) erkennt. Michael Praetorius (1571-1621), Kupferstich, 1606

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