Tage Alter Musik – Programmheft 2014

S usie Napper und Margaret Little, die bei- den Gambistinnen des Duos Les Voix hu- maines, das schon seit 1985 existiert, haben ihr Duo 2004 anlässlich einer Aufführung von John Dowlands „Lachrimae“ zum Consort erweitert. Als Les Voix humaines Consort of Viols sind die vier Musiker das einzige fest etablierte Gamben- Consort Kanadas, das es sich zur Aufgabe ge- macht hat, das umfangreiche Original-Reper- toire für Gamben des 17. Jahrhunderts in Kon- zerten und CD-Einspielungen einem breiten Pu- blikum näherzubringen. Aber auch stilvolle Be- arbeitungen von Musik des 18. Jahrhunderts, z.B. von Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ oder Johann Sebastian Bachs „Kunst der Fuge“, sind fester Repertoire-Bestandteil des Quartetts aus Montréal. Das Ensemble hat für das kanadi- sche CD-Label Atma fünf vielbeachtete CD-Ein- spielungen veröffentlicht und zahlreiche Kon- zerte in Kanada und in Europa (u. a. 2010 beim Festival von Sablé und 2013 beim Festival in Posen) gegeben. Zum Programm: „Consort? What, dost thou make us min- strels“? William Shakespeare In keinem anderen Land stand Mitte des 16. Jahrhunderts die Ensemble-Musik für Gamben so hoch im Kurs wie in England. Nirgends sonst wurden so schmuckvolle Instrumente dieses Typus gebaut, wurde so viel auf ihnen gespielt und eine solche Vielfalt an Techniken entwickelt wie hier. Für dieses Phänomen gibt es zahlreiche Gründe, Annahmen und Erklärungsversuche: Vielleicht begünstigte sogar das Klima der Insel die dort verbreitete Neigung zur Häuslichkeit und die damit verbundene Lust auf Kammer- musik. Das mag die Komponisten zu neuen For- men und unterschiedlichsten Besetzungen in- spiriert und eine enorme Produktivität in Gang gesetzt haben. Und dadurch etablierte sich eine neue Gattung: Musik für Gamben-Consort. Die Dynastie der Tudors, die England im 16. Jahrhundert regierte, förderte eine Verbreitung der Musikpflege. Eine entscheidende Weiche in der Entwicklung stellte Heinrich VIII. mit der Gründung der reformierten anglikanischen Kir- che 1534: Die Auflösung der Klöster zwang geistliche Musiker, ihre Kenntnisse und Erfah- rungen an das Bürgertum weiterzugeben, für das der Umgang mit der Kunst zum Statussym- bol wurde. Insofern ist das Gamben-Consort – als ein reiches Experimentierfeld für Komponis- ten und für bürgerliche Hausmusiker – auch ge- sellschaftlich gesehen ein Vorläufer des Streich- quartetts oder -quintetts. Die großen politischen Erfolge von Elisabeth I. brachten zudem bedeu- tende wirtschaftliche Vorteile mit sich, infolge derer sich auf der Insel eine feinere Lebensfüh- rung geltend machte, mit der auch ein Streben nach privatem Musikunterricht einherging. Die tonangebenden Institute, nach deren Vorbild sich alle richteten, waren die „Chapel Royal“ für den geistlichen und vokalen sowie die „King’s Musick“ für den weltlichen Bereich. William Byrd, der 1570 zum „Gentleman oft the Royal Chapel“ ernannt wurde, zählte zu den Stars die- ser Institutionen. Als geschulter Kirchenmusi- ker griff er bevorzugt auf polyphone Satztechni- ken zurück. Viele seiner Psalmes, Sonets und Songs veröffentlichte Byrd 1575 für eine Sing- stimme und Gamben-Consort; in einer späteren Ausgabe von 1588 bearbeitete er die Stücke für Vokalensemble – eine Konzession an das italie- nische Madrigal, das zu dieser Zeit den Höhe- punkt seiner Beliebtheit erreichte. Byrds Pro- duktivität beeindruckt auch in ihrem quantitati- ven Ausmaß: Rund 50 Lieder sind überliefert, einige darunter allerdings nur fragmentarisch. Die englische Schule des Gambenspiels wurde vom Europa des 17. Jahrhunderts neidvoll be- trachtet. Consortmusik von William Byrd, John Jenkins, WilliamLawes und endlichHenry Purcell gedieh und wuchs das ganze 17. Jahrhundert hin- durch, bis die Instrumentenfamilie der Violine die Vorherrschaft im öffentlichen Leben übernahm. T AGe A LTer M usik r eGensburG Les Voix humaines Consort of Viols (kanada) J uni 2014 sonntag, 8. Juni 2014, 11.00 uhr (Matinee) reichssaal, Rathausplatz Fantasie, Fuge, Capriccio, ricercar – Musik für Gambenconsort des 17. und 18. Jahrhunderts 26 Les Voix humaines Consort of Viols Susie Napper

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