Tage Alter Musik – Programmheft 2014

b arock und Bier – diese kulinarische Kombi- nation war im 17. Jahrhundert durchaus nichts Außergewöhnliches. Viele Komponisten schrieben Stücke für Londoner Tavernen und Alehouses, die den Engländern seit dem Mittel- alter ein zweites Zuhause waren. Die Besucher erwartet ein abwechslungsreiches Programm mit viel Raum für Improvisationen, u. a. mit Werken Henry Purcells, des schottischen Gei- gers Niel Gow und eines der größten National- komponisten Irlands, Turlough O’ Carolan. Von ausgelassenem Irish Folk bis hin zu leisen Tönen – wie bei „Lament for the death of his se- cond wife“ von Gow ist für jeden etwas dabei. Gewürzt mit guter Laune, Humor, Gesang, Essen und Bier lädt das norwegische Ensemble Barokksolistene unter der Leitung des Violinisten Bjarte Eike zu später Stunde zur Alehouse Sessi- on in den Leeren Beutel. Prost! Cheers! Skol! Skål! In Zusammenarbeit mit dem Restaurant Leerer Beutel. Zum Programm: Die letzten paar Jahre hindurch habe ich mich sehr für eine gewisse Zeitspanne in der Geschich- te Londons interessiert, eine Zeit, in der Berufs- musiker durch die Straßen zogen, ohne einen Veranstaltungsort zu haben, wo sie ihre Musik spielen konnten – weil alle Theater geschlossen waren und es verboten war, durch Musikdarbie- tungen Geld zu verdienen. Ich stelle mir diese Fi- guren im grauen Umhang vor, wie sie ihre Instru- mente verbergen, um sie vor Regen und Wind zu schützen – aber auch, um Konfrontationen mit der öffentlichen Gewalt zu vermeiden – und sich dann in die Tavernen und Bierhäuser der Stadt begeben, um Freunde zu treffen, zu trinken und vor allem Musik zu spielen und zu singen. Diese Zusammenkünfte von Berufsmusikern wie H. Purcell, Blow und vielen anderen wurden so po- pulär, dass sich einige dieser Orte in sogenannte Musikhäuser («musick-houses») verwandelten und so zu den ersten öffentlichen Konzertsälen in der Geschichte der Musik des Westens wurden. An diesen Orten muss eine unglaubliche Atmo- sphäre geherrscht haben – überquellend von Musik, Alkohol, Sex, Gerede, Kämpfen, Rauch, Geschrei, Gesang, Gelächter, Tanz... wie können wir etwas davon in unserer seifenreinen, termin- planerischen, computerisierten, gesundheitsfi- xierten, gewerkschaftsbegeisterten Gesellschaft wiedererschaffen? Na ja, zuerst muss man eine Gruppe reiseerfahrener Musiker und Sänger haben und sie ein ganz seriöses Konzert auf einem Festival von hohemNiveau spielen lassen. Dann muss man ihnen gleich anschließend Bier servieren und ihnen ein paar unanständige Lie- der beibringen und sie dann auffordern, an einem zweiten Konzert teilzunehmen, das aus höchst unterhaltsamer, rührender, rüder, wun- derschöner, rauer und virtuoser folk-ähnlicher Musik besteht. Am Veranstaltungsort muss dem Publikum Bier und Wein verkauft werden, und T AGe A LTer M usik r eGensburG J uni 2014 40 barokksolistene (norwegen) sonntag, 9. Juni 2014, 0.15 uhr (!) restaurant Leerer beutel, Bertoldstraße An Alehouse session – Musik aus Tavernen und Wirtshäusern im england des 17. Jahrhunderts Leitung und Violine: bjarte eike Barokksolistene Foto: Knut Utler

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