Tage Alter Musik – Programmheft 2015

fernuns die Bücher einenwundervollen Schnappschuss desmusikalischenGe- schmacks zumindest eines Elisabethaners, und offensichtlich sollten sie Dow und seinen Freunden dazu dienen, daraus Konzerte aufzuführen: Warum sonst hätte er es für notwendig erachtet, eineWarnung auf Lateinisch hineinzu- schreiben, dass sie nur mit sauberen Händen angefasst werden sollen? Die musikalischen Inhalte von Dows Stimmbüchern sind vielfältig und umfas- sen die meisten Formen und Stile, mit denen der gebildete Musikliebhaber der Tudorzeit vertraut war: Motetten mit lateinischen Texten, englische geistliche Stücke, Sololieder für Gesang und Instrumentalbegleitung und textlose Stücke, darunter Fantasien und In Nomine-Vertonungen. Bald nachdem Dows Samm- lung zusammengetragen war, begannen Komponisten ihre Musik als ‘geeignet für StimmenundViolen’ zuvermarkten, undesbesteht keinZweifel, dass Instru- mentalensembles ebenso oft Gesangsstücke mit vollständigem Text rein instru- mental spielten wie Sänger zu reinen Instrumentalstücken Solmisationssilben sangen, so dass Flexibilität bei den aufführenden Interpreten alltäglichwar. Das Repertoire stammt nicht ausschließlich von einheimischenKomponisten, sondern enthält auch Stücke der italienischen Komponisten Alfonso Ferra- bosco und Vincenzo Ruffo oder der flämischen Komponisten Philip van Wil- der und Orlando di Lasso. Ein Teil der Musikstücke war schon ziemlich alt- modisch, als Dow sie kopierte (Van Wilder starb im selben Jahr, in dem Dow geboren wurde), während andere Stücke brandneu waren. Dow scheint eine besondere Vorliebe für die Musik William Byrds gehabt zu haben, des Komponisten, dessen Name am häufigsten im Verzeichnis der Stimmbücher auftaucht, und er beschreibt ihn im Bass-Stimmbuch als ‚einen Ruhm für unsere Rasse und eine Nachtigall für unser Volk’ (‘a glory to our race, and a nightingale to our people’). Man hat vermutet, dass Dow Byrds abweich- lerische Sympathien für denKatholizismus geteilt habenkönnte: sowohl für Lie- derwiedas ergreifende ‘Lullaby’ unddieRarität ‘Laverginella’mit italienischem Text als auch für Instrumentalstückewie denwildenVariationensatz auf die po- puläre Melodie ‘Browning’; Dow nimmt auch Motetten mit offen abweichleri- schen Ansichten auf, darunter ‘Miserere mei, Deus’ und ‘In resurrectione tua’. Neben einer breiten Auswahl an Stücken von Byrd, Thomas Tallis, Robert Par- sons (‘wie großartigwärest du indeinemHerbst gewesen, wärst dunicht gestor- ben!‘), Robert White und WilliamMundy (‚übertroffen nur von Byrd’) kopierte Dow auchMusik von relativwenig bekannten Komponistenwie Nicholas Stro- gers, dessen ‘Nonme vincat’ in den Dow-Stimmbüchern einzigartig ist. Das Programmdes heutigenNachtkonzerts zielt darauf ab, etwas von der Viel- falt der weitgespannten Musik-Anthologie Dows zu erfassen wie von dessen geselligen Intentionen. Wir müssen uns Dow und seine Freunde beim Genuss eines guten Glases Wein (‘Wein und Musik erfreuen das Herz’ schreibt er in allen fünf Stimmbüchern) und bei derAuswahl der zu singenden und zu spie- lenden Stücke vorstellen, vielleicht abwechselnd zwischen dem andächtigen Studium eines lateinischen religiösen Textes, einem moralisierenden oder melodramatischen Lied und dem Schonen ihrer Stimmen beim Er- forschen der kontrapunktischen Genialität eines „In Nomine“. Nur dank Robert Dows sorgfälti- ger Sammlung dieser Stücke, seiner wundervoll klaren Handschrift und des glücklichen Um- stands, dass alle fünf Stimmbücher zusammen überlebt haben, könnenwir heute andiesemVer- gnügen teilhaben. © John Bryan/ Rory McCleery T AGE A LTER M usik R EGEnsbuRG M Ai 2015 23 A usfüHREnDE T HE M ARiAn C OnsORT EmmaWalshe, GwendolenMartin Sopran Daniel Collins Countertenor Rory McCleery Countertenor & Leitung Guy Cutting Tenor Rupert Reid Bariton Christopher borrett Bass R OsE C OnsORT Of V iOLs ibi Aziz Diskant-, Bass-Viola da gamba John bryan Tenor-Viola da gamba Alison Crum Diskant-Viola da gamba Andrew kerr Bass-Viola da gamba Roy Marks Bass-Viola da gamba P ROGRAMM R ObERT W HiTE Christe, qui lux es et dies (I) (ca. 1538 – 1574) R ObERT P ARsOns De la court (instrumental) (ca. 1535 – 1571/2) W iLLiAM M unDY Sive vigilem (ca. 1528-1591) n iCHOLAs s TROGERs A doleful deadly pang (um 1560/1575) R ObERT M ALLORY (?) Miserere (instrumental) (16. Jh.) n iCHOLAs s TROGERs Non me vincat, Deus meus P HiLiP VAn W iLDER Je file quand Dieu me donne de (ca. 1500 – 1554) quoy (instrumental) V inCEnzO R uffO La Gamba (instrumental) (1510-1587) T HOMAs T ALLis O salutaris hostia (1505-1585) W iLLiAM b YRD In resurrectione tua (1540-1623) Lulla, Lullaby R ObERT W HiTE In nomine (instrumental) W iLLiAM b YRD Miserere mei, Deus Browning (instrumental) La verginella R ObERT P ARsOns Ave Maria Dominika- nerkirche Die Dominikaner- kirche gehört zu den frühesten Schöpfun- gen der deutschen Gotik und ist eine der größten Bettel- ordenskirchen in Deutschland. Mit ihrem Bau wurde 1246 begon- nen. Anfang des 14. Jahrhunderts war die Kirche bereits fertiggestellt. Alber- tus Magnus, der berühmte Gelehrte und Bischof von Re- gensburg, wirkte von 1236 bis 1240 im Regensburger Dominikaner- kloster. Die Kirche wurde gemäß der Regel des Bettelordens der Dominikaner in strenger Schlichtheit erbaut. Sie besitzt deshalb auch keinen ihren Aus- maßen entsprechenden Turm. Unter den Wandfresken im Inne- ren ist v. a. eine Darstellung der 14 Nothelfer von 1331 hervorzu- heben, eine der frühesten, die wir kennen. Die Fresken wurden bei Renovierungsarbeiten zwi- schen 1967 und 1973 freigelegt. Die CD“An emerald in awork of gold” der beiden Ensembles

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