Tage Alter Musik – Programmheft 2015

T AGE A LTER M usik R EGEnsbuRG M Ai 2015 36 bereich, sondern er setzt sie auch für ausgespro- chen virtuose und hochexpressive Soli ein. Es liegt nahe, dass zu dieser Zeit in der Gänsemarkt- oper in Hamburg hervorragende Oboisten ge- wirkt haben; so sind auch in den Opern des da- maligen Musikdirektors Reinhard Keiser (1674- 1739) nennenswerte Oboen-Soli zu finden. Neben der Operngattung gibt es in Händels Œuvre aus der Hamburger Zeit viele Instrumen- talwerke, zu denen auch das Oboenkonzert in g- Moll (HWV 287) zählt. Dieses Solokonzert für Oboe, Streicher und Basso continuo lässt sich auf die Zeit zwischen 1703 und 1705 datieren (das Autograph gilt allerdings als verschollen). Zu den Merkmalen der Komposition gehören der schlichte Ausdruck, die formale Klarheit und die Fasslichkeit der Melodie. Der langsame Einlei- tungssatz glänzt durch den klangschönen Obo- enpart mit Ornamentierungen über dem punk- tierten Streichersatz. Das Allegro wirkt durch seine imitierenden Sechszehntelläufe als Dialog zwischen den Instrumenten und führt in die aus- drucksstarke Sarabande über. Abgeschlossen wird das Oboenkonzert mit einem Allegro, das in seiner Melodieführung Ähnlichkeiten mit Händels Orgelkonzert op. 4 Nr. 3 aufweist. Nach seiner Hamburger Zeit reiste Händel 1706 nach Italien. Auf seiner Reiseroute machte er Halt in Venedig und Rom, wobei ihn Mäzene wie Kardinal Benedetto Pamphilj oder Frances- co Maria Ruspoli an ihren Höfen aufnahmen. Der Entstehungszeitraum der dreisätzigen Sin- fonie in B-Dur (HWV 339) für Streicher und Basso continuo lässt sich in das Jahr 1709 ein- ordnen. Der erste Satz ist als Ritornellform kon- zipiert und wird durch sprunghafte Sechszehn- telläufe und Sequenzierungen in allen drei Stim- men eingeleitet. Im Adagio-Satz erklingen zwei imitierende Stimmen in den Violinen über einem Ostinatobass. Das Finale ertönt als tänze- rische Giga und wird in der Oberstimme – für Händel ungewöhnlich hoch – bis zum f 3 ge- führt. Stellt man das Oboenkonzert in g-Moll (HWV 287) der Sinfonie in B-Dur (HWV 339) ge- genüber, spürt man die kraftvolle und feurige Melodik und Harmonik der Sinfonie, die sich durch Händels neues musikalisches Umfeld in Italien hörbar verändert hat. ImMai 1710 traf Händel amHof Georg Ludwigs, des Kurfürsten von Hannover, ein und wurde nur wenige Monate später zumHofkapellmeister ernannt. In seiner Zeit in Hannover war der kom- positorische Ertrag eher gering; Händel widmete sich ausschließlich der vokalen und instrumenta- len Kammermusik. Die Kantate für Sopran, Oboe und Basso continuo Mi palpita il cor (HWV 132) ist in vier verschiedenen Versionen (HVW 132 a-d) mit abweichenden Instrumentierungen überlie- fert. Das Werk beginnt mit einemAdagio, in dem die aufsteigende Sopranstimme rezitativisch über einem ruhigen Basso continuo erklingt. Das darauffolgende Allegro ist geprägt durch die schnellen Läufe imBasso continuo. Anschließend Seit der ersten Ausgabe der TAGE ALTER MUSIK 1984 ist der Bayerische Rundfunk ein von uns sehr ge- schätzter Begleiter des Festivals. Zahlreiche Mitschnitte von Konzer- ten und Live-Übertra- gungen durch den BR machten das Festival weit über Bayern und Deutschland hinaus be- kannt und erfreuen all- jährlich viele Freunde der Alten Musik. Mit Michael kempff, einem der Tonmeister des Bayerischen Rundfunks, der zusammen mit sei- nen Kollegen über 27 Jahre hinweg die TAGE ALTER MUSIK aufnah- metechnisch betreute und verantwortete, geht nun ein von uns hochge- schätzter Musikkenner und Freund des Festi- vals in den verdienten Ruhestand. Ü-Wagen des Bayerischen Rundfunks vor der Dominikanerkirche Michael Kempff Impression vom letztjährigen Festival: Barokksolistene im Restaurant Leerer Beutel Foto: Hanno Meier

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