Tage Alter Musik – Programmheft 2015

D ie Regensburger Domspatzen gibt es seit über tausend Jahren. Bi- schof Wolfgang gründete im Jahr 975 eine eigene Domschule, die neben dem allgemein bildenden Unterricht besonderen Wert auf die mu- sikalische Ausbildung legte. Den Schülern war der liturgische Gesang in der Bischofskirche übertragen. Domkapellmeister Dr. Theobald Schrems (17.2.1893-15.11.1963) machte die Regensburger Domspatzen seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts weltberühmt. In seiner knapp 40-jährigen Tä- tigkeit als Domkapellmeister von 1924 bis 1963 baute Schrems die Kon- zerttätigkeit des Chores, der ausschließlich aus Knaben und jungen Män- nern besteht, zielstrebig aus, ohne den liturgischen Dienst im Dom St. Peter zu vernachlässigen. Das Musikgymnasium und Internat der Re- gensburger Domspatzen und eine Tages- und Internatsgrundschule für Grundschulklassen vor den Toren der Stadt sind sein Lebenswerk. Sein Nachfolger war Georg Ratzinger , der diesen „ältesten Knabenchor der Welt“ von 1964 bis 1994 leitete. Seit 1. September 1994 steht Roland Büchner an der Spitze der Institution. Er studierte an der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musik- pädagogik sowie an der Hoch- schule für Musik und Theater München die Hauptfächer Kir- chenmusik und Orgel. Unter Domkapellmeister Roland Büch- ner konzertierte der Chor bereits dreimal in Japan (1998, 2000 und 2004) und unternahm Auslands- tourneen nach Frankreich, Ita- lien, Österreich, Ungarn, Schott- land, auf die Philippinen, nach Südafrika (2008), Taiwan (2011) und zuletzt 2012 nach China sowie im Frühsommer 2014 in die USA. Jedes Jahr findet eine Tournee durch die Bundesrepu- blik Deutschland statt. Die Hauptaufgabe der Regensburger Domspatzen liegt jedoch nach wie vor in der liturgischen Gestaltung der Gottesdienste im Regensburger Dom. Während der Schulzeit singen sie jeden Sonntag beim Hochamt Gregorianischen Choral sowie mehrstimmige Messen und Motetten. Be- sonders eindrucksvoll werden die kirchlichen Hochfeste von den Regens- burger Domspatzen gestaltet. Im Rahmen der Tage Alter Musik Regens- burg konzertierten die Regensburger Domspatzen in den vergangenen dreißig Jahren mit La Grand Ecurie et la Chambre du Roy (1986), Musica Florea (2000), Akademie für Alte Musik Berlin (2004, 2008, 2010, 2012), Concerto Köln (2007, 2011, 2013) und L’Orfeo Barockorchester (2009). Seit seiner Gründung an der Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz im Jahr 1996 hat sich das international besetzte L’Orfeo Barockorchester einen Platz unter den führenden Ensembles der historischen Auffüh- rungspraxis erspielt. Seine Diskographie umfasst ein Repertoire von der Suite des französischen Barock über die Sinfonia des musikalischen Sturm und Drang bis zur Literatur der Klassik und frühen Romantik. Viele der CD-Veröffentlichungen wurden ausgezeichnet, u. a. von Diapa- son, Pizzicato („Supersonic Award“), Le Monde de la Musique, BBC Music Magazine, Gramophone („Editor’s Choice“), Fono Forum, Radio Österreich 1 („Pasticcio-Preis“) sowie dem Deutschen Musikpreis „Echo Klassik“. Das Orchester gastierte bei vielen renommierten Festivals und in den wichtigsten europäischen Musikmetropolen. Stationen in letzter Zeit waren: Lucerne Festival, Beethovenfest Bonn, Salzburger Festspiele, Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, Telemann-Festtage Magde- burg, Schwetzinger SWR-Festspiele, Europäische Wochen Passau, Haydn-Festspiele Eisenstadt, Theater an der Wien, Brucknerhaus Linz, Festspielhaus Baden-Baden, Kölner Philharmonie, Théâtre de Poissy. Bei den Tagen Alter Musik Regensburg gastiert das Orchester zum dritten Mal nach 2005 und 2009. Gemeinsam mit der Oboistin und Blockflötistin Carin van Heerden grün- dete die Barockgeigerin Michi Gaigg 1996 das L’Orfeo Barockorchester. Unter ihrer Leitung feierte das Ensemble international große Erfolge. Ent- scheidende Impulse für ihren musikalischen Werdegang erhielt die Musi- kerin während ihres Violinstudiums am Salzburger Mozarteum durch die Begegnung mit Nikolaus Harnoncourt. Anschließend studierte Michi Gaigg Barockvioline bei Ingrid Seifert und Sigiswald Kuijken. Neben ihrer umfangreichen Konzerttätigkeit als Instrumentalistin und Dirigen- tin begann Michi Gaigg ihre pädagogische Laufbahn 1987 am Conser- vatoire National de Strasbourg. Seit 1994 unterrichtet sie am Institut für Alte Musik und Historische Aufführungspraxis an der Anton-Bruckner- Privatuniversität in Linz. Seit 2003 ist sie künstlerische Leite- rin der donauFEST- WOCHEN im Stru- dengau und wurde durch das Land Oberösterreich mit dem Großen Büh- nenkunstpreis und der Kulturmedaille ausgezeichnet. T AGE A LTER M usik R EGEnsbuRG M Ai 2015 5 Roland Büchner Liebe freunde der Tage Alter Musik, in diesem Jahr gibt es erstmals eine Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg und den Tagen Alter Musik, und die Kooperation mit diesem weltweit re- nommierten Festival war für mich als Mitglied des Instituts eine be- sondere Freude. Es war uns nicht nur ein Anliegen, dem Publikum die Musik durch Konzerteinführungen näherzubringen – einAnge- bot, das in den nächsten Jahren vielleicht ausgebaut werden könnte –, sondern insbesondere auch die Studierenden aktiv in diese Zusam- menarbeit einzubeziehen. Zahlreiche Studentinnen und Studenten haben sich bereit erklärt, während des Festivals ehrenamtlich mit- zuhelfen, und ich bin davon überzeugt, dass sie hier wertvolle Ein- blicke in die Planung und Veranstaltung von Konzerten erhalten und so wertvolle Erfahrungen für ihr späteres Berufsleben sam- meln werden. Darüber hinaus habe ich im vergangenen Winterse- mester an unserem Institut eine Übung mit demTitel „Schreibwerk- statt: Tage Alter Musik“ abgehalten. Ziel der Veranstaltung war es, gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Texte für das Programmheft zu erstellen. Das war für beide Seiten eine sehr intensive Arbeit, die eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Kompositionen und deren Rezeption erforderte: Was erwartet das Publikum? Wie schafft man es, auf zwei Textseiten wesentliche An- regungen zum Konzertprogramm zu geben? In welchem Maße sind historische und biographische Hintergrundinformationen not- wendig bzw. erwünscht? Wie stellt man musikalische Sachverhalte verständlich dar? Wie kann man das Publikum auf musikalische Besonderheiten hinweisen? Mit all diesen Fragen haben wir uns eingehend beschäftigt; manche Beiträge haben wir Satz für Satz analysiert, sie mit- unter auseinander- genommen und wieder zusammen- gesetzt. Ich glaube und hoffe, dass die Ergebnisse unserer Arbeit, die Sie auf den nächsten Sei- ten nachlesen kön- nen, Ihnen einen guten Einstieg in die dargebotenen Stücke bieten. Prof. Dr. Katelijne Schiltz, Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg Foto: Juan Martin Koch Michi Gaigg Foto: Reinhard Winkler

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