Tage Alter Musik – Programmheft 2015

Üblicherweise waren bestimmte Höfe Zentren florierender Kultur. Im Barock war sicherlich der Hof von Kronprinz Friedrich, dem späteren preußischen König, ein solches Zentrum, wo viele bedeutende Künstler der Barockzeit eine Anstellung fanden. Franz Benda (*1709 in Bena- tek an der Iser) kam 1733 an jenen Hof und blieb dort bis zu seinem Tod im Jahr 1786; zuletzt war er als Konzertmeister und Berater des Königs tätig. Einer seiner Kollegen war Johann Gottlieb Graun; dieser kam 1732 an den Hof von Kron- prinz Friedrich in Ruppin, wo er neben seinem Bruder Carl Heinrich Graun und dem bereits er- wähnten Franz Benda als Musiker der Hofka- pelle tätig war. Auch er blieb bis zu seinem Tode im Jahr 1771 als Konzertmeister und Kammer- musiker im Dienst des späteren Königs. Johann Adolph Hasse (*1699 in Bergedorf) reiste schon in frühen Jahren nach Italien, wo er sich vorwiegend mit der Oper beschäftigte. 1733 trat Hasse offi- ziell sein Amt als „Kö- niglich Pol- nischer und Kurfürstlich Sächsischer Kapellmeis- ter“ am Hofe Augusts III. in Dresden an. Der wahrscheinlich bekannteste Komponist im Programm ist Georg Philipp Telemann (*1681 in Magdeburg), der 1705 Kapellmeister in Sorau, im heutigen Polen, wurde. Telemanns Tätigkeit am Hofe des Grafen Erdmann von Promnitz und die damit verbundenen Reisen in die Regi- on bis nach Krakau brachten intensive Berüh- rungen mit polnischer bzw. hanakischer Volks- musik mit sich. Seine Erfahrungen in Polen schildert Telemann in seiner Autobiografie: „Als der Hof sich ein halbes Jahr lang nach Ples- se einer oberschlesischen, promnitzischen Stan- desherrschaft, begab, lernete ich so wohl da- selbst als in Krakau, die polnische und hanaki- sche Musik, in ihrer wahren barbarischen Schön- heit kennen.[…] Man sollte kaum glauben, was dergleichen Bockpfeiffer oder Geiger für wun- derbare Einfälle haben, wenn sie, so offt die Tant- zenden ruhen, fantasiren. Ein Aufmerckender könnte von ihnen, in 8. Tagen, Gedancken für ein ganzes Leben erschnappen. Gnug, in dieser Musik steckt überaus viel gutes; wenn behörig damit umgegangen wird. Ich habe, nach der Zeit, verschiedene grosse Concerte und Trii in dieser Art geschrieben, die ich in einen italiäni- schen Rock, mit abgewechseltenAdagi undAlle- gri, eingekleidet“. Ein Beispiel für diese Auseinandersetzung mit polnischer Musik ist das Concerto polonoise in G- Dur; allein die Betitelung als „polnisches Kon- zert“ gibt bereits Hinweise auf entsprechende Einflüsse. Eingeleitet wird das Konzert mit einer gravitätischen Schreitpolonaise im Vierertakt. Auch der schnelle zweite Satz, ebenfalls im Vie- rertakt gesetzt, ist aus der Polonaisentradition abzuleiten. Zum direkten Vergleich wird auch „echte Volksmusik“ zu hören sein, z. B. ein Sal- tus Pollonicus aus einer Sammlung in Uhrovec. Prägnant bei diesem Stück ist vor allem die Rhythmik, die sehr viele synkopische Elemente enthält, welche sich mit schnellen Sechzehntel- T AGE A LTER M usik R EGEnsbuRG M Ai 2015 50 Johann Adolph Hasse Georg Philipp Telemann Sorau - Georg Philipp Telemann kam 1704 aus Leipzig nach Sorau auf Einladung des Grafen Erdmann II. von Promnitz und blieb dort vier Jahre lang Schloss Pleß - Unter Erdmann II. von Promnitz wirkte Georg Philipp Telemann ab 1705 auch in Pleß

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