Tage Alter Musik – Programmheft 2016

27 T Age A LTeR M USIK R egeNSBURg Mai 2016 Der Dresdner Kammerchor gehört zu den Spitzenchören Deutschlands und ist bekannt für seinen unver- wechselbaren Klang von großer Intensität und Klarheit. Lebendige Ausstrahlung sowie die oft gerühmte klangliche Homogenität und Transparenz sind die Stärken des international gefragten ensem- bles, das eine Vielzahl von Rund- funk- und CD-Aufnahmen sowie die Zusammenarbeit mit international bedeutenden Orchestern und Diri- genten auszeichnet. Seit seiner gründung 1985 durch Hans-Chris- toph Rademann hat sich der Chor zu einer festen größe imdeutschen und europäischen Musikleben entwickelt. Bis 2017 realisieren Hans-Christoph Rademann und der Dresdner Kammer- chor gemeinsam mit dem Carus-Verlag Stuttgart und MDR Figaro die erste Heinrich-Schütz-gesamteinspielung. Die eigene Konzertreihe „Dresdner Kammchor. a cappella“ lotet die Mög- lichkeiten der Chormusik vom 16. bis zum 21. Jahrhundert aus. Und in der eigens initiierten Dresdner Chorwerkstatt für Neue Musik findet eine inten- sive Auseinandersetzung mit der gegenwart und Zukunft vokalen Musizie- rens statt. In der Zusammenarbeit mit dem Dresdner Barockorchester und weiteren musikalischen Partnern konnten zahlreiche Werke wiederentdeckt, aufgeführt und dokumentiert werden. einspielungen mit Werken u. a. von Heinrich Schütz, Johann Adolf Hasse, Johann David Heinichen und Jan Dis- mas Zelenka wurden mit Preisen wie dem Preis der Deutschen Schallplat- tenkritik gewürdigt. Dresden und die Barockmusik haben eine gemeinsame geschichte, da die Stadt im 17. und 18. Jahrhundert eine Musikstadt von europäischem Rang war. Hier lebten und wirkten bedeutende Komponisten undMusiker der Zeit wie zum Beispiel Jan Dismas Zelenka, Johann David Heinichen und Johann Adolph Hasse. 1991 entdecktenAbsolventen der Dresdner Musikhochschule ein gemeinsames Interesse an dieser Musikepoche und gründeten das Dresd- ner Barockorchester . Lebendiges Musizieren auf barocken Instrumenten im Sinne der historischen Aufführungspraxis und besonders die Wiederentde- ckung vergessener Werke aus der Sammlung der Dresdner Hofkapelle sind den Musikern des Orchesters wichtige Anliegen und wurden zu ihren Mar- kenzeichen. Im Laufe der Jahre eroberte sich das Orchester seinen festen Platz imDresdner Musikleben. Bei seinen Konzertreisen im In- undAusland wirkt das Dresdner Barockorchester als kultureller Botschafter der Stadt. eine fruchtbare Zusammenarbeit verbindet das Orchester mit demDresdner Kammerchor und seinem Leiter Hans-Christoph Rademann unter anderem bei Aufführungen der großen Oratorien Bachs und Händels und bei der jüng- sten gesamteinspielung der Werke von Heinrich Schütz. Publikumund Presse bestätigten immer wieder die ergrei- fende Wirkung der Verschmelzung von Chorklang und historischem Instrumentarium. Zum Programm: Reisen in fremde Länder und die dortigen Begegnungen mit Men- schen und Künstlern, die dasselbe Interesse verbindet, bilden eine wich- tige grundlage für den kulturellen Austausch und können in verschie- denster Weise künstlerisch zumAus- druck gebracht werden. So war solch eine Reise auch für Heinrich Schütz ein Schlüsselmoment in seinem Leben. Mit Hilfe der finanziellen Unterstützung durch seinen damaligen Brotherrn, den LandgrafenMoritz von Hessen (1572– 1632), der fest an das musikalische Talent des jungen Komponisten glaubte, machte sich Schütz 1609 auf den Weg nach Italien, um sich dort bei giovanni gabrieli (1554/57–1612), den er später als seinen einzig wahren Lehrmeister bezeichnen sollte, in die Musiktheorie undMusizierpraxis einweisen zu lassen. Da sich gabrielis gesundheitlicher Zustand zunehmend verschlechtert hatte, war es dem Landgrafen ein Anliegen, Schütz so schnell wie möglich nach Venedig zu schicken. Unter der Obhut des Komponisten und Organisten gabrieli lernte er die italienische Mehrchörigkeit kennen und schätzen. 1611 krönte Schütz sein dortiges Studium mit der Veröffentlichung seines ersten Opus Il Primo libro di madrigali . gabrieli hatte schon lange vor seiner Bekannt- schaft mit Schütz enge Kontakte ins Ausland, insbesondere nach München, wo er mehrere Jahre amHofe Wilhelms V. (1548–1626) tätig war. Die dadurch entstandenen kulturellen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der venezi- anischen Schule und der deutschen Musikwelt wurden über Jahrzehnte hin- weg gepflegt und waren auch dafür verantwortlich, dass gabrieli als Lehrer bei ausländischen Musikern sehr begehrt war. Schütz verweilte bis zu gabrielis Tod weiterhin in Venedig und kehrte erst 1613 nach Deutschland zurück, wo er die Stelle des zweiten Organisten am Hofe des Landgrafen Moritz von Hessen antrat. Nach seiner Rückkehr aus Italien begann Schütz mit der Komposition seines zweiten Opus, der Psalmen Davids , die jedoch erst 1619 erschienen. Widmungsträger dieses Werkes ist Kurfürst Johann georg I. von Sachsen (1585–1656), der seit seiner ersten Begeg- nung mit Schütz 1613 von ihm so angetan war, dass er ihn unbedingt bei sich am Hofe einstellen lassen wollte. Nach dem daraus entstandenen Interessen- konflikt mit dem Landgrafen Moritz von Hessen, der Schütz partout nicht gehen lassen wollte, gelang es Johann georg I. letztendlich doch, Schütz am Dresdner Hof einzustellen. Hans-Christoph Rademann Heinrich Schütz

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