Tage Alter Musik – Programmheft 2016

40 T Age A LTeR M USIK R egeNSBURg Mai 2016 wenig Wert gelegt. In manchen dieser Konzerte löst sich die eigentliche Solo-Violine nur gele- gentlich von der ersten Tutti-Violine, in den meisten überhaupt nicht. Auch beim Konzert in C-Dur an dritter Stelle der Sammlung kann nicht von einem Violinkonzert im eigentlichen Sinn die Rede sein. Albinonis Concerto-Prinzip läuft hier weniger auf ein kontrastierendes Wetteifern als auf ein einmütiges Zusammenwirken hinaus: Die einzelnen Sätze werden vollständig von den einleitenden thematischen gedanken getragen, und Solo-Passagen treten in den ecksätzen nur ansatzweise hervor, überraschenderweise durch das Cello, nicht die Solo-Violine. Beinahe gleichzeitig (1734) wurden in London georg Friedrich Händels 6 Concerti grossi op. 3 (HWV 312–317) gedruckt. Was auf den ersten Blick wie Händels groß angelegter Start in die Welt des Konzerts aussieht, war tatsächlich durch die Bearbeitung und Zusammenstellung früherer einzelsätze zustande gekommen. Vom Konzert Nr. 1 in B-Dur ist immerhin vermutet worden, es sei in der gedruckten Form auch tat- sächlich zusammenhängend komponiert wor- den. Wegen der solistischen Verwendung der Oboen in mehreren der Werke war die Samm- lung bald als „Oboe Concertos“ bekannt, auch wenn keines davon im heutigen Sinne als Oboenkonzert bezeichnet werden würde. Kon- zert Nr. 1 beispielsweise entpuppt sich letztlich als „Konzert für mehrere Instrumente“ (eine Bezeichnung, die auf Vivaldi und Bach zurück- geht). Händel scheint nach der Veröffentlichung „sei- nes“ Opus 3 auf den geschmack an der Konzert- komposition gekommen zu sein. 1739 erschie- nen seine Twelve grand Concertos op. 6 als zusammengehöriges Korpus aus zwölf Werken. Händel nutzte derartige Konzerte mit weidli- chem erfolg als Zwischenaktsmusiken für seine Oratorien und Anthems. Schon das Concerto grosso HWV 318 in C-Dur hatte ursprünglich diesen Zweck erfüllt und war erstmals 1736 zur Aufführung der Cäcilienode Alexander’s Feast, or: The Power of Music, gespielt worden. Als Georg Friedrich Händel, Bild von Balthasar Denner 1985 Die gründung des european Baroque Orchestra (damals fehlte im ensemblenamen noch das „Union“) war 1985 eines der Hauptprojekte der europäischen gemeinschaft und des europarats im europäischen Jahr der Musik (300. geburtstag von J. S. Bach, g. F. Händel und D. Scarlatti, 400. geburtstag von H. Schütz). geradezu revolutio- när wirkte es vor über 30 Jahren, dass die eg ein auf historischen Instrumenten musizierendes Spezialensemble gründete und finanzierte. Das Orchester wurde von Januar bis Juni 1985 in Oxford von renommierten Vertretern der histo- rischen Aufführungspraxis gecoacht, u. a. von Ton Koopman, Jean-Claude Malgoire, Jaap ter Linden, Monica Huggett, Joshua Rifkin, Jordi Savall, Frans Brüggen, Roger Norrington, Andrew Parrott und Sigiswald Kuijken. Im Juli ging das Orchester dann auf eine dreimonatige europatournee und gastierte auch in Regensburg in der Minoritenkirche unter der Leitung von Roger Norrington. Schon damals waren zwei heute wohlbekannte Musiker mit dabei: Alfredo Bernardini (Oboe) und Alberto grazzi (Fagott), die auch heuer wieder bei den Tagen Alter Musik in Regensburg gastieren; Alfredo Bernardini als Solist und gastdirigent des norwegischen Barock- orchesters Barokkanerne sowie als Leiter und Oboist „seines“ ensembles Zefiro, Alberto grazzi als erster Fagottist im ensemble Zefiro. Wir freuen uns sehr, das Orchester nach über 30 Jahren wieder in Regensburg begrüßen zu dür- fen. European Baroque Orchestra 1985, A. Parrott European Baroque Orchestra, Leitung: Roger Norrington 1985 in der Minoritenkirche

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