Tage Alter Musik – Programmheft 2016

43 T Age A LTeR M USIK R egeNSBURg Mai 2016 flöten und Basso Continuo (BWV 1039). Der erste Satz (Adagio) eröffnet mit einem beschwingten Thema, welches geprägt ist von Trillern und Vorhalten, die eine gewisse Spannung erzeugen. Der zweite und vierte Satz (Allegro ma non tanto bzw. Allegro moderato) sind als Fuge konzipiert. Das kurzeAndante (3. Satz) fällt aufgrund durchgehender Achtelbewegungen in der Unterstimme und der gebrochenen Akkorde in den Oberstimmen auf. Der Choral „Ich, dein betrübtes Kind“ aus der Kantate Mein Herze schwimmt im Blut (BWV 199) entstand in Bachs Weimarer Zeit, vermutlich im Jahr 1713. Die erstaufführung war 1714 am elften Sonntag nach Trinitatis. In den Jahren zwi- schen 1718 und 1723 wurde das Stück einige Male mit teilweise veränderter Besetzung aufgeführt. Die meisten Texte der Kantate stammen von georg Chris- tian Lehms, doch der Choral „Ich, dein betrübtes Kind“ basiert auf der dritten Strophe aus „Wo soll ich fliehen hin?“ von Johann Heermann. Das Thema der Kantate fußt auf dem gleichnis vom Pharisäer und dem Zöllner (Lukas 18, 9- 14), in demder Zöllner sich seiner Sündhaftigkeit bewusst wird und dabei Trost bei gott sucht. In dem Choral erkennt der Zöllner seine Lasterhaftigkeit und wirkt erlöst, da seine „tiefen Wunden“ nun endlich bei gott „Heil gefunden“ haben. Mit langsamen, fast schwerfällig voranschreitenden absteigenden Noten- werten und einigen Tonrepetitionen an prägnanten Stellen („Wunden“, „stets Heil“) wird diese erkenntnis untermalt. Der Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ bildet die grundlage für eines der wohl bekanntesten Orgelwerke Bachs, das als Teil der sogenannten Schüb- ler-Choräle (BWV 645-650) veröffentlicht wurde. Der Namensgeber der Samm- lung von sechs Choralbearbeitungen für Orgel ist Johann georg Schübler, dem der Originaldruck aus den Jahren 1748/49 zu verdanken ist. Die Choralmelodie wird von Bach reich verziert: Abgesehen von einer vielfältigen Artikulation, Vorschlagsnoten und Dynamik kommen auch mehrere Triller zum einsatz. Mit der Aufführung von Vivaldis Concerto in g-Moll aus La Stravaganza schließt sich der Kreis. es erklingt der zweite Satz (Largo) dieses Konzerts in der verzierten Bearbeitung von Bach (BWV 975). Bach hat allerdings nur die Oberstimme und Teile des Basses übernommen. Die anderen Stimmen verschmelzen teilweise in Akkorden oder wurden ganz weggelassen. einige der Solo- und Tutti-Teile wur- den beibehalten und sind durchaus leicht wiederzuerkennen. Hier wird eine Verbindung der beiden Künstler für den Zuhörer greifbar. © Julia Rudlof, UR B ACH & V IVALDI – S EELEnVERWAnDTE C HARAKTERE ? S OnATEn , C HORäLE , T RIOS , C OnCERTI J OHAnn S EBASTIAn B ACH Sonate g-Dur für Violine, Tenorvioline (1685 – 1750) und Basso continuo, BWV 1027 (nach der gambensonate) Adagio – Allegro ma non tanto – Andante – Allegro moderato Choral „Ich, dein betrübtes Kind“ BWV 199 für Violoncello piccolo, Violine und Basso continuo (aus der Kantate „Mein Herze schwimmt im Blut“) Sonate c-Moll BWV 1017 für Violine und Cembalo Siciliano Largo – Allegro – Adagio – Allegro Trio BWV 528a für Tenorvioline und Basso continuo (nach der Triosonate für Orgel) Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 645 für Tenorvioline, Streicher und Basso continuo (aus den Schübler-Chorälen) PAUSe A nTOnIO V IVALDI Konzert h-Moll RV 424 für Violoncello, (1678-1741) Streicher und Basso continuo (gespielt auf einer fünfsaitigen Tenorvioline) Allegro non molto – Largo – Allegro Konzert d-Moll RV 541 für Violine, Orgel, Streicher und Basso continuo (transponierte Fassung für „Alto a la bastarda“) Allegro – Grave – Allegro Konzert g-Moll op. 4 Nr. 6 RV 316a (Auszug aus „La Stravaganza“ in der verzierten Ver- sion von J. S. Bach für Cembalo und Strei- cher BWV 975) 2. Satz Largo Konzert g-Moll RV 531 für zwei Violoncelli, Streicher und Basso continuo Allegro – Largo – Allegro Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente Christian Fuchs, 65929 Frankfurt/Hoechst für die freundliche Bereitstellung des Cembalos. Wir danken der Meisterwerkstätte für Orgel- und Cembalobau Walter Chinaglia, I-22072 Cermenate (CO) für die freundliche Bereitstellung der Truhenorgel. P ROGRAMM L ES B ASSES R éUnIES Ryo Terakado Violine I Tuomo Suni Violine II Simon Heyerick Viola Bruno Cocset Violoncello, Tenorvioline Emmanuel Jacques Violoncello Richard Myron Kontrabass Bertrand Cuiller Cembalo Maude Gratton Orgel Alte Kapelle DieAnfänge der Stiftskirche Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle ver- lieren sich im Dunkel der geschichte. Urkundlich fassbar wird die Alte Kapelle im Jahre 875 durch eine Schenkungsurkunde König Ludwigs des Deutschen, der an die- ser Stelle eine Pfalzkapelle errichten ließ. Der heiliggesprochene Kaiser Heinrich II. ersetzte die Anlage im frühen 11. Jahrhundert durch einen Neubau, der sich bis heute erhalten hat. Nur die Ostteile wurden 1441/52 durch einen sehr viel größeren spät- gotischen Chor ersetzt. Der Innenraum überrascht durch eine unerwartet prächtige Ausstat- tung im Stil des Rokoko. Ab 1747 arbeiteten hier der Wessobrunner Stukkateur Anton Landes, die Augs- burger Maler Christoph Thomas Scheffler und gottfried Bernhard götz sowie der Regensburger Altar- bauer und Bildschnitzer Simon Sorg. Aus ihrem Zusammenwirken ent- stand eine Dekoration, deren rau- schender glanz seinesgleichen sucht und dem Bau einen würdigen Platz in der Reihe der süddeutschen Roko- kokirchen sichert. Cover der CD von Les Basses Réunies „A. Vivaldi, Concerti“ A USFüHREnDE

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=