Tage Alter Musik – Programmheft 2016

58 T Age A LTeR M USIK R egeNSBURg Mai 2016 ClubMediéval (Belgien) Fiedel & Leitung: Thomas Baeté Montag, 16. Mai 2016, 14.00 Uhr Minoritenkirche, Dachauplatz „Amor, tu solo’l sai“ – Paolo da Firenze (1355-1436) - Ballate & Madrigale D as in Brüssel ansässige junge, international besetzte Mittelalteren- semble ClubMediéval unter der Leitung von Thomas Baeté gastiert erstmals in Deutschland. 2010 gaben die jungen Musiker ihr Debut-Konzert in Antwerpen. erste Konzerterfahrungen machten sie u.a. als ensemble- mitglieder von La Capilla, Micrologus, graindelavoix, Concerto Italiano und L’Arpeggiata. Leiter von ClubMediéval ist Thomas Baeté, geboren 1978. er war Chorknabe und geiger in seiner Heimatstadt Ostende. Später griff er als Autodidakt zur Viola da gamba, bevor er das Instrument in Brüs- sel und Barcelona bei Wieland Kuijken, Jordi Savall und Sophie Watillon studierte. Außerdem besuchte er Meisterklassen bei Paolo Pandolfo. gegen- wärtig tritt er auch regelmäßig mit der mittelalterlichen Fiedel auf, und man kann ihn in Konzerten mit Mala Punica (Pedro Memelsdorff), La Capilla und grainde- lavoix erleben. Tho- mas Baeté unterrich- tet gambe und Musik des Mittelalters in Brüssel und Leuven. Die erste CD des ensembles, die 2013 beim Label Musica ficta erschien, widmet sich ausschließlich der Musik von Paolo da Firenze, einem der einflussreichsten Komponisten der ita- lienischen Trecento- Musik. Zum Programm: eine vergoldete Majuskel g umrahmt das Porträt eines Komponisten, den wir als Paolo da Firenze (etwa 1355-1436) oder unter seinem Beinamen Paolo Tenorista kennen. Demnach war er ein Sänger, worauf auch die Haltung seiner linken Hand hindeutet. Außerdem war er Polyphoniker, denn der junge Kollege, der neben ihm kniet, singt die Oberstimme. Oberhalb der Miniatur fliegen zwei engel, die ein Banner mit der Aufschrift „Magister Dominus Paulus Abbas de Florentia“ tragen. er war also Abt, was die Benediktiner-Roben und die hierarchische Darstellung der beiden Männer belegen. Die Tonsuren lassen bei beiden ein Ohr in der Form eines kleinen g erkennen. Vielleicht hören sie etwas, aber sehen können sie defi- nitiv nicht viel: Die vor ihnen liegenden, von Bändern offengehaltenen Buchseiten sind leer, wie uns der kleine Mönch deutlich zeigt. Oder will er unseren Blick über die Miniatur hinaus auf die Seite lenken, die ebenfalls leer ist ... ? Vor uns liegt das Blatt 55 verso des Codex Squarcialupi (ca. 1415), das zusammen mit den folgenden 16 Seiten eines der faszinierendsten Rätsel der italienischen Musik des Trecento aufgibt. Dieses Manuskript ist minu- tiös strukturiert: Fünfzehn Komponisten dieses Jahrhunderts wurde in chronologischer Reihenfolge je ein Kapitel zugeordnet, an dessen Anfang jeweils eine kolorierte Vignette des Komponisten steht. Auch das Kapitel, das Paolo da Firenze gewidmet ist, beginnt völlig normal: ein Porträt mit seinemNamen, umrahmt von herrlichen Illustrationen, alles mit Blattgold geschmückt. Und dann das Rätsel: Die Notenlinien auf dieser Seite wie auch auf den folgenden 16 Seiten sind leer! Das ist besonders im Lichte dessen, was wir über Paolos Leben wissen, befremdlich. Zum einen war er in den Jahren, als der Codex Squarcialupi hergestellt wurde, nicht nur Abt des Klosters in Arezzo, sondern ab 1417 ClubMediéval Foto Koen Broos Paolo da Firenze

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