Tage Alter Musik – Programmheft 2017

Stücks. Die uns gestellte aufgabe war, mittels Improvisation eine neue Folia zu schaffen. ein ‚Kontrafakt‘ über die Changes der alten Folia, dem für mich bedeutsamsten Harmoniemodell der Jahrhunderte vor den Blues- Changes. Ich erinnere mich gerne an unsere Konzentration vor dem Start und meine Freude am ergebnis nach der Landung. Danke Jeff, für das relaxte, lockere und witzige Bassfundament.“ 9. Quene note Frankes (Mitte 15. Jh.) oxford, Bodleian Library, Ms. Digby 167, arr. Bänfer/Bergmann/Harrison Der Tenor dieses ursprünglich zweistimmigen Stückes wurde in einfacher Strichnotation aufgeschrieben; ein Strich für eine kurze und zwei Striche für eine lange note. es finden sich eine Handvoll aufzeichnungen dieser sich selbst erklärenden notation aus dem 15. Jahrhundert. Die reich verzierte oberstimme wurde von einem anderen Schreiber - vermutlich später - in Mensuralnotation auf demselben Blatt notiert. Mensuralnotation ermöglichte rhythmisch differenziertere Darstellungen von notenlängen und Pausen. Das Saxofon hat die Funktion und einsatzbereiche, die die Schalmei vom 13. bis zum ende des 16. Jahrhunderts hatte, in unserer heutigen Zeit über- nommen. Deswegen lag es nahe, beide Instrumente zu Improvisationen über den Tenor einzuladen. Den Contratenor hat Ian Harrison nach den alten Regeln für die Zugtrompete komponiert, eine gängige Praxis imMittelalter, die arrangements je nach größe des ensembles anzupassen. 10. Chançoneta tedescha anonym, Italien ca. 1400, London, British Libraryadd. Ms. 29987, arr. Berg- mann/Harrison Dieses „deutsche Liedlein“ stammt wie nr. 1,13 und 14 aus einem bemer- kenswerten italienischen Manuskript des 14. Jahrhunderts, das 20 einstim- mige, untextierte Stücke enthält. Keines ist aus einer anderen Quelle bekannt, alle sind ausnehmend schön und sie gehören aus diesem grund zur meistgespielten und meistarrangierten mittelalterlichen Musik der neuzeit. Ian Harrison hat Phrasen der ursprünglichen Melodie verwendet und sie nach alten Kompositionsregeln erweitert. Die Begleitung im Reg- gaestil hat Thomas Bergmann erfunden. 11. Prologo / Muito devemos anonym, Spanien, 13. Jh., Cantigas de Santa Maria, Biblioteca del escorial, Ms. T.I.1 12. Muiñeiras Ian Harrison Die heilige Jungfrau Maria war im Mittelalter die Schutzpatronin aller Pfeifer, deren Dienste in Dörfern, Städten, an Fürsten- und Königshöfen zwar permanent in anspruch genommen wurden, die aber keine zivil- rechtlichen Forderungen stellen durften, wenn ihnen Unrecht geschah. Blieben Honorare unbezahlt, konnten sie sich nur Hilfe suchend an die heilige Jungfrau wenden und hoffen, dass diese sich für sie einsetzte. Wir bedanken uns bei ihr für die vielen Jahre, die sie ihre schützende Hand über uns gehalten hat, und hoffen weiterhin unter ihrem Schutz zu stehen. Um dieses Set von galizischer Musik abzurunden, spielen wir zwei von Ian Harrisons Muiñeiras, die auf traditionellen galizischen Rhythmen basieren. Die zweite Muiñeira ist die erste Dudelsackmelodie, die er je komponierte, während er in oxford Street in London Straßenmusik machte. Dem arrangement liegt die Phantasie über eine galizische Blas- kapelle zu grunde, die auf gaiteros trifft (gaita ist der name für den Dudelsack galiziens). 13. Lamento di tristan o anonym, Italien ca.1400, London, British Libraryadd. Ms. 29987, arr. Berg- mann/Harrison 14. La rotta anonym, Italien ca.1400, London, British Library add. Ms. 29987, arr. Bän- fer/Bergmann/Harrison Die alta capella stammte von den schon seit Jahrhunderten existierenden Schalmeien-, Trompeten- und Trommel-ensembles aus demnahen osten ab. Diese orientalischen Formationen blieben weitgehend unverändert, 20 T age a LTeR M USIK R egenSBURg Juni 2017 Andrea Piccioni, Perkussion Florian Döling, Kontrabass Rolf Kilchling, Schlagzeug

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