Tage Alter Musik – Programmheft 2017

31 T age a LTeR M USIK R egenSBURg Juni 2017 neuem Leben. nicht umsonst nennt man ihn den „belgischen orpheus“. Seit 2004 musizierte nicolas achten mit einigen der renommiertestenalte- Musik-ensembles, darunter l’arpeggiata, La Fenice, La Petite Bande, au- sonia, Les agrémens, akadêmia, Les Talens Lyriques, Il Fondamento, Les Musiciens du Louvre, Il Seminario Musicale, Le Poeme Harmonique und die akademie für alte Musik Berlin. er spielte unter der Leitung von Diri- genten wie Jean Tubéry, Sigiswald Kuijken, Marc Minkowski, Christophe Rousset und René Jacobs. nicolas achten ist Professor für Laute am Königlichen Konservatorium in Brüssel sowie Professor für Barockharfe und Barockgesang an der aka- demie von Woluwé-Saint-Lambert. Ferner unterrichtet er regelmäßig als gastprofessor an der University of east anglia, am opernstudio Vlaan- deren sowie am Yorke Trust (norfolk). Zum Programm: Einige Erläuterungen zur Aufführung Liest man eine unbekannte Partitur zum ersten Mal, so empfindet man stets eine gewisse erregung; man weiß nie genau, was man entdecken wird, und das Risiko, enttäuscht zu werden, besteht dabei immer. Bei Ber- talis La Maddalena jedoch kam mit jeder Seite eine neue arie zum Vor- schein, die mich über die Kürze der vorigen hinwegtröstete. Von so viel Schönheit beeindruckt, verstand ich rasch, dass es sich hier um ein Meis- terwerk handelt. es ist recht kurz, so dass es außerdem möglich ist, das Programm durch zusätzliche Werke zu vervollständigen: unsere aufmerksamkeit wurde diesbezüglich auf die Musikeinlagen gelenkt, die Claudio Monteverdi, alessandro guivizzani, Muzio effrem und Salomone Rossi 1617 für La Maddalena geschrieben hatten, eine geistliche Theateraufführung von giovanni Battista andreini. Rom, 1642 Zu Beginn des Konzerts konnte ich dem symbolträchtigen Klagelied der Maria Magdalena am Fuß des Kreuzes nicht widerstehen, das auf ein Sonett des Kardinals Ubaldino komponiert wurde. als einleitung dazu erlauben wir uns eine Instru- mentalfassung (mit stillem Zink) der ersten Strophe. Mazzocchi wechselt zwischen melodischen Passagen – mit sehr gestreckten Linien für die Klagen und flinken Melodien zur Veranschaulichung des Tränenflusses – und rezitativartigen Stellen. Dieses Stück ist einzigartig, und zwar durch die vom Komponisten eingesetzten expressiven Mittel wie die in dieser Zeit sehr seltene Tonart f-Moll oder die Verzierung, die fordert, auf die Worte amare und lagrime „unmerklich von einer note zur anderen zu gleiten“. Vor allem aber reißt das schon sehr chromatische Stück, um die emotionelle Qual der Maria Magdalena drastisch auszudrücken, den harmonischen Diskurs von einem extrem des Quintenzirkels zum anderen und fordert dabei selten verwen- dete es-Moll-akkorde. Doch damit nicht genug: als es im vierten Teil um die Kreuzigung Christi geht, führt uns Mazzocchi bis nach Cis-Dur – erin- nern wir uns daran, dass das Stück in f-Moll geschrieben ist. Da brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen, dass dieses harmonische „Herumreisen“ in diesem Stück in mitteltöniger Stimmung für die ausführenden eine wahre Herausforderung ist ... Mantua, 1617 „Der Prolog erscheint in den Lüften auf einem Wagen, der von Sternen strahlt und mit Palmen, oliven und Lorbeer geschmückt ist [...]. Der Wagen wird von einer großen anzahl Wolken getragen, die alle voll von den gesichtern kleiner geflügelter engel sind. auf den Wolken stehen auch zwei echte engel, von denen jeder in der rechten Hand zwei bestirnte, zit- ternde Palmzweige hält...“ Die aufführung beginnt mit einem von Monteverdi geschriebenen Prolog, der an die Musica von L' Orfeo erinnert. Mit den Zügen „Cupidos, abge- sehen davon, dass die augen nicht verbunden sind“ fordert die Figur des „göttlichen Wohlwollens“ den Zuschauer auf, dem Vorbild Maria Mag- dalenas zu folgen: Die Tränen der Reue können den Zorn gottes besiegen. Um die rhetorischen Besonderheiten der verschiedenen Strophen mög- lichst deutlich hervorzuheben, nahm ich mir die Freiheit, den Vokalpart Nicolas Achten, Bariton, Theorbe & Leitung Foto: Jesse Willems Deborah Cachet, Sopran Foto: Wove Photography Pauline Claes, Mezzosopran Foto: Joseph Claes 3 Jean-François Novelli, Tenor Foto: Bernard Martinez Sönke Tams Freier, Bass Reinoud Van Mechelen, Tenor © Senne Van der-Ven

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=